HEREZ | Decision 2639956 – Peter Herres Wein- und Sektkellerei GmbH, Trier v. Tom BERNARDY

WIDERSPRUCH Nr. B 2 639 956

Peter Herres Wein- und Sektkellerei GmbH, Trier, Rudolf-Diesel-Str. 7-9, 54292 Trier, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Jörg Wagner, Monaiser Str. 21, 54294 Trier, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Tom Bernardy, 25 A Boulevard Royal, 2449 Luxembourg, Luxemburg (Anmelder), vertreten durch Tom Bernardy, 25 A Boulevard Royal, 2449 Luxembourg, Luxemburg (angestellter Vertreter).

Am 14/03/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 639 956 wird für alle angefochtenen Dienstleistungen stattgegeben, und zwar 

Klasse 35: Hilfe in Geschäftsangelegenheiten, Geschäftsführung und administrative Dienstleistungen; Betriebswirtschaftliche Analyse-, Recherche- und Informationsdienstleistungen; Kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste; Werbung, Marketing und Verkaufsförderung.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 653 191 wird für alle angefochtenen Dienstleistungen zurückgewiesen. Sie kann für die übrigen Dienstleistungen (Klasse 36) weitergeführt werden.

3.        Der Anmelder trägt die Kosten, die auf 650 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 653 191 ein, und zwar gegen alle Dienstleistungen der Klasse 35. Der Widerspruch beruht der Unionsmarkeneintragung Nr. 13 595 871. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Dienstleistungen

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Dienstleistungen:

Klasse 35:        Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen, sowie Bestellahnahme, Lieferauftragservice und Rechnungsabwicklung sowie verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen, auch über das Internet bezüglich alkoholischer und nichtalkoholischer Getränke.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Dienstleistungen:

Klasse 35:        Hilfe in Geschäftsangelegenheiten, Geschäftsführung und administrative Dienstleistungen; Betriebswirtschaftliche Analyse-, Recherche- und Informationsdienstleistungen; Kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste; Werbung, Marketing und Verkaufsförderung.

Die Dienstleistungen Werbung und Geschäftsführung sind identisch in beiden Dienstleistungsverzeichnissen enthalten.

Die angefochtenen Dienstleistungen Marketing und Verkaufsförderung überschneiden sich mit den Dienstleistungen bzgl. Werbung der älteren Marke und sind somit identisch.

Die angefochtenen Dienstleistungen bzgl. Hilfe in Geschäftsangelegenheiten; Betriebswirtschaftliche Analyse-, Recherche- und Informationsdienstleistungen und Kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste sind in der weiter gefassten Kategorie der Geschäftsführung der Widersprechenden enthalten oder überschneiden sich mit ihnen. Deshalb sind sie identisch.

Die verbleibenden administrativen Dienstleistungen sind in der weiter gefassten Kategorie der Büroarbeiten der Widersprechenden enthalten oder überschneiden sich mit ihnen. Deshalb sind sie identisch.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Dienstleistungen an Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen.

Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich bis erhöht, da diese Dienstleistungen (z.B. eine Werbekampagne) nicht oft nachgefragt werden und mit großen Kosten verbunden sein können.

  1. Die Zeichen

Herres

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Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C 514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Dies gilt analog für internationale Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union. Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.

Weder das Element „Herres“ noch „HEREZ“ hat eine Bedeutung in den Sprachen der Europäischen Union und wird in bestimmten Gebieten bzw. Sprachen, zum Beispiel im Slowakischen, Polnischen, Slowenischen und Tschechischen, identisch ausgesprochen. Somit hält es die Widerspruchsabteilung für angemessen, den Vergleich der Zeichen auf den Teil des relevanten Publikums zu richten, der Slowakisch, Polnisch, Slowenisch und Tschechisch spricht.

Die ältere Marke ist eine Wortmarke. Im Fall von Wortmarken ist das Wort als solches geschützt, nicht aber die Schriftform. Deshalb ist es irrelevant, ob Wortmarken in Groß- oder Kleinbuchstaben dargestellt sind.

Das angefochtene Zeichen ist eine Bildmarke bestehend aus einem kennzeichnungskräftigen Wortelement in einer nur leicht stilisierten Schriftart und einem ebenfalls kennzeichnungskräftigen Bildelement bestehend aus diversen untereinander verbundenen Linien und vier darüber angebrachten Kreisen; in der Marke werden die Farben Braun und Grau verwendet. Das Zeichen weist keine Elemente auf, die dominanter sind als andere.

Grundsätzlich gilt jedoch: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37).

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „HER(*)E*“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf das verdoppelte „R“ in der älteren Marke, sowie im jeweils letzten Buchstaben der einander gegenüberstehenden Zeichen, nämlich „S/Z“. Darüber hinaus enthält die angefochtene Marke ein Bildelement und Farben, die in der älteren Wortmarke keine Entsprechung haben.

Die Zeichen sind daher durchschnittlich ähnlich.

In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen, wie vorstehend ausgeführt, im Slowakischen, Polnischen, Slowenischen und Tschechischen überein: SK /hheres/, PL /xɛrɛs/, SL /xerɛs/, CS /hheres/. Das Bildelement im angefochtenen Zeichen wird nicht benannt werden.

Die Zeichen sind daher klanglich identisch.

In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C 39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).

Im vorliegenden Fall wurden die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen für identisch befunden und die Marken für bildlich durchschnittlich ähnlich und klanglich identisch. Keines der Zeichen hat eine Bedeutung, die unter Umständen zur Differenzierung der beiden hätte helfen können. Hinzu kommt, dass die ältere Marke ist durchschnittlich kennzeichnungskräftig und der Aufmerksamkeitsgrad ist durchschnittlich bis erhöht. In Anbetracht dessen und aufgrund des Fehlens jeglicher dominanter oder nicht kennzeichnungskräftiger Elemente in den Zeichen besteht Verwechslungsgefahr.

Die Wortelemente der beiden Zeichen unterscheiden sich in Bezug auf ihre Länge kaum, die ältere Marke ist visuell nur einen Buchstaben länger, was bei der Aussprache jedoch gar nicht ins Gewicht fällt. Die Unterschiede belaufen sich also lediglich auf das verdoppelte „R“ der älteren Marke, sowie auf den jeweils letzten Buchstaben der einander gegenüberstehenden Zeichen, nämlich „S/Z“. Hier gilt es „zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26). Demzufolge können die wenigen genannten Unterschiede leicht in Vergessenheit geraten oder gar (insbesondere bei mündlicher Bezugnahme) übersehen werden.

Es ist zwar richtig, dass das sich angefochtene Zeichen, zusätzlich zum genannten Wortelement, aus einem kennzeichnungskräftigen Bildelement zusammensetzt. Jedoch, da der Wortbestandteil in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher ausübt als der Bildbestandteil und aufgrund der großen Ähnlichkeit der Wortelemente und der identischen Dienstleistungen kann das Bildelement vorliegend nicht zur sicheren Unterscheidung der beiden Zeichen beitragen.

Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht mindestens beim Slowakisch-, Polnisch-, Slowenisch- und Tschechisch-sprachigen Teil des Publikums Verwechslungsgefahr. Wie oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.

Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 13 595 871 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Dienstleistungen zurückgewiesen werden muss.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da der Anmelder die unterliegende Partei ist, trägt er die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Beatrix STELTER

Swetlana BRAUN

Martin EBERL

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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