WIDERSPRUCH Nr. B 2 436 684
Sanitärtechnik Eisenberg GmbH, In der Wiesen 8, 07607 Eisenberg, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Jan-David Hecht, Ranstädter Steinweg 28, 04109 Leipzig, Deutschland (zugelassener Vertreter)
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DCB Decor Deluxe International GmbH, Pieper-Keller-Straße 1, 51702 Bergneustadt, Deutschland (Anmelderin), vertreten durch Breuer Lehmann Rechtsanwälte, Steinsdorfstr. 20, 80538 München, Deutschland (zugelassener Vertreter).
Am 25.01.2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Der Widerspruch Nr. B 2 436 684 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.
2. Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren und Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 13 053 244 ein, und zwar gegen alle (verbliebenen) Waren. Der Widerspruch beruht u.a. auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 52 001 (Wortmarke: „SANIT“). Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die Unionsmarkeneintragung Nr. 52 001 der Widersprechenden.
- Die Waren
Der Widerspruch basiert u.a. auf den folgenden Waren der Klasse 11:
Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wärmeleitungsgeräte.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden – verbliebenen – Waren der Klasse 11 (nach teilweiser Zurückweisung der angefochtenen Marke in der Widerspruchsentscheidung B 2 424 011 vom 14/08/2015):
Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte.
Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungsgeräte sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten.
Die angefochtenen Wasserleitungsgeräte überschneiden sich mit den Wärmeleitungsgeräten der Widersprechenden. Deshalb sind sie identisch.
- Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren sowohl an das breite Publikum als auch an Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen. Der Aufmerksamkeitsgrad kann durchschnittlich bis hoch sein, weil die nicht täglich erworbenen Waren sorgfältig ausgesucht werden.
- Die Zeichen
SANIT
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Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, […] wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C 251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Die ältere Marke ist eine in allen Schreibweisen geschützte Wortmarke.
Die angefochtene Marke hat Wort- und Bildbestandteile. Diese bestehen aus einer Art Logo in Form eines Vierecks, in dem ein Kreis enthalten ist, der ebenfalls über zwei Bestandteile verfügt, die sich in Form zweier Halbkreise in den Farben blau und grün aufeinander zu bewegen. Darin ist das Wort „SANITREND“ in Großschreibweise und Blockschrift enthalten.
Der Bestandteil „SANI“ des angefochtenen Zeichens wird von einem Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit „Sanitär“ assoziiert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die entsprechenden Waren aus dem Sanitärbereich stammen, ist dieses Element schwach für einen Teil dieser Waren, nämlich für Heizungs-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte. Für die übrigen Verbraucher ist der Bestandteil bedeutungslos.
Der Bestandteil „TREND“ des angefochtenen Zeichens wird von einem Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit „Bewegung, Entwicklung, [Entwicklungs]tendenz, Mode, Richtung, Strömung, Welle“ assoziiert. Damit ist der Bestandteil für alle Waren als Hinweis auf einen bestimmten (modischen) Trend, eine bestimmte Richtung kennzeichnungsschwach. Für die übrigen Verbraucher ist der Bestandteil bedeutungslos.
Die zu vergleichenden Marken weisen keine Elemente auf, die als eindeutig dominanter (stärker visuell ins Auge springend) als andere Elemente gelten könnten.
In schriftbildlicher Hinsicht weichen bereits Grafik und Farben der angefochtenen Marke sichtbar von der älteren Marke ab. Darüber hinaus verfügen die Wörter „SANIT“ und „SANITREND“ über eine deutlich unterschiedliche Wortlänge: Während die ältere Marke fünf Buchstaben hat, verfügt die angefochtene Marke über neun Buchstaben. Sie ist damit fast doppelt so lang. Auch wenn der Bestandteil „TREND“ für einen Teil der angesprochenen Verkehrskreise kennzeichnungsschwach und damit beschreibend ist, kann er nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Im Gegensatz zu der Auffassung der Widersprechenden wird die angefochtene Marke auch nicht „SANIT“ und „REND“, sondern „SANI“ und „TREND“ gelesen, was zu weiteren optischen Abweichungen zwischen den Marken führt, weil das „T“ der angefochtenen Marke dem zweiten Bestandteil zugeordnet wird. Insgesamt besteht daher lediglich eine unterdurchschnittliche schriftbildliche Zeichenähnlichkeit.
In klanglicher Hinsicht sind grafische Ausgestaltungselemente bedeutungslos. Es stehen sich folgende Silben gegenüber:
Ältere Marke = „SA-NIT“;
Angefochtene Marke = „SA-NI-TREND”.
Die Zeichen weisen eine leicht unterschiedliche Anzahl von Silben auf: Während die ältere Marke zweisilbig ist, verfügt die angefochtene Marke über drei Silben. Lediglich die ersten Silben „SA“ werden übereinstimmend benannt, die übrigen unterscheiden sich voneinander. Während die zweite Silbe der älteren Marke „NITt“ eher kurz ausgesprochen wird, klingt das Pendant der angefochtenen Marke „NI“ als mittlere Silbe länger, die zudem als akustische Verbindung der Bestandteile „SA“ und „TREND“ dient. Eine phonetische Entsprechung zu der älteren Marke besteht nicht. Ungeachtet der teilweise schwachen Bestandteile der angefochtenen Marke hört sich diese deutlich länger an. Die bestehenden Unterschiede im Klang, in der Betonung und im Sprechrhythmus überwiegen daher gegenüber den Gemeinsamkeiten, so dass lediglich eine unterdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit gegeben ist.
In begrifflicher Hinsicht ist der Bestandteil „SANI“ für einen Teil des Verkehrs im Sinne von „Sanitär“ verständlich. Für diese Verbraucher bestehen daher inhaltliche Abweichungen, so dass die Marken insoweit nicht ähnlich sind. Andere Verbraucher der Europäischen Union werden in dem Bestandteil keine Bedeutung erkennen, so dass sich daraus keine Auswirkungen auf den begrifflichen Zeichenvergleich ergeben. Entsprechendes gilt auch für den Bestandteil „Trend“ der angefochtenen Marke, der mit der Bedeutung „Bewegung, Entwicklung, [Entwicklungs]tendenz, Mode, Richtung, Strömung, Welle“ allerdings nur für einen Teil der Verkehrskreise verständlich ist. Für dieses Publikum sind die Marken begrifflich nicht ähnlich, für andere Verbraucher ist dieser Bestandteil bedeutungslos.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.
- Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).
Die angefochtenen Waren sind identisch. Die Marken sind schriftbildlich und klanglich lediglich unterdurchschnittlich ähnlich. Begriffliche Gemeinsamkeiten sind nicht gegeben.
Insgesamt besteht daher aufgrund der lediglich schriftbildlich und klanglich unterdurchschnittlichen Zeichenähnlichkeit, fehlender begrifflicher Übereinstimmungen, der nicht mehr als durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke, der mindestens durchschnittlichen Aufmerksamkeit der Verbraucher trotz identischer Waren keine Verwechslungsgefahr. Diese Beurteilung gilt erst recht bei teilweiser erhöhter Aufmerksamkeit der Verbraucher.
Im Gegensatz zu der Auffassung der Widersprechenden reichen daher die bestehenden Unterschiede zwischen den Marken aus, damit der Verkehr sie sicher voneinander unterscheiden kann und nicht einem gemeinsamen betrieblichen Ursprung zuordnet.
Die Widersprechende hat ihren Widerspruch auch auf die folgenden älteren Marken gestützt:
- Unionsmarkeneintragung Nr. 353 599 (Bildmarke: „“);
- Deutsche Markeneintragung Nr. 999 604 (Wortmarke: „SANIT“).
Da die deutsche Marke mit der verglichenen identisch ist und denselben oder einen engeren Umfang von Waren erfasst, ergibt sich kein günstigeres Ergebnis für die Widersprechende.
Die andere Unionsmarkeneintragung, die von der Widersprechenden geltend gemacht wurde, ist der angefochtenen Marke aufgrund der abweichenden Grafik und des zusätzlichen Wortes „EISENBERG“ sogar noch unähnlicher. Auch insoweit fällt das Ergebnis daher nicht günstiger für die Widersprechende aus.
Der Widerspruch ist daher gem. Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV nicht begründet.
KOSTEN
Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die Kosten, die der Anmelderin gezahlt werden müssen, aus den Vertretungskosten, die auf Grundlage der in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festgesetzt werden müssen.
Die Widerspruchsabteilung
Konstantinos MITROU |
Peter QUAY
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Volker MENSING |
Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.