WIDERSPRUCH Nr. B 2 463 100
Chini & Company GmbH, Mattinastr. 2, 83059 Kolbermoor, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Dr. Pöhner & Partner Patent- und Rechtsanwälte, Kaiserstrasse 33, 97070 Würzburg, Deutschland (zugelassener Vertreter)
g e g e n
Dennis Schröder, 875 Michigan Avenue, Suite 2700, Chicago, Illinois 60611, Vereinigte Staaten von Amerika (Anmelder), vertreten durch Weickmann & Weickmann Patentanwälte – Rechtsanwalt Part. mbB, Richard-Strauss Str. 80, 81679 München, Deutschland (zugelassener Vertreter).
Am 20/04/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem Widerspruch Nr. B 2 463 100 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.
2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 13 586 094 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.
3. Der Anmelder trägt die Kosten, die auf 650 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 13 586 094 ein. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 12 420 691 und der deutschen Markenregistrierung Nr. 30 136 562. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.
VORBEMERKUNG:
Der Anmelder geht fehl in seiner Annahme, die Wiedersprechende sei nicht berechtigt gewesen mittels der Unionsmarkeneintragung Nr. 12 420 691 Widerspruch zu erheben. Die „Chini & Company Modeagentur + Produkt GmbH“, die „Chini + Company GmbH“ und die „Chini & Company GmbH“ sind dieselbe juristische Person. Dies hat die Widersprechende durch den entsprechenden Handelsregisterauszug belegt. Folglich hat das Amt diesen Fehler im Register und in allen anhängigen Verfahren (wie auch im vorliegenden) gemäß Regel 26 oder 13 UMDV korrigiert und im Blatt für Unionsmarken veröffentlicht.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die Unionsmarkeneintragung Nr. 12 420 691 der Widersprechenden.
- Die Waren und Dienstleistungen
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen:
Klasse 18: Leder- und Lederimitationen sowie Waren daraus, nämlich Taschen, Brieftaschen und andere Tragebehältnisse; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme; Sattlerwaren; Haute und Felle.
Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Accessoires zu vorgenannten Waren, nämlich Gürtel, Kopfbedeckungen, Manschetten, Schals, Krawatten, Handschuhe und Strumpfwaren.
Klasse 35: Wirtschaftliche Beratung beim Ein- und Verkauf von Waren; Einzelhandel- und Großhandelsdienstleistungen betreffend Bekleidungsartikel und Lederwaren, nämlich Gepäck, Taschen und andere Tragebehältnisse.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:
Klasse 18: Matchsäcke, Ranzen, Mehrzwecksporttaschen und Rucksäcke.
Klasse 25: Hemden, T-Shirts, Sweatshirts, Kapuzensweatshirts, Jacken, Kapuzenjacken, Mäntel, Stirnbänder, Trikots, Shorts, Socken, Aufwärmanzüge, Gelenkbänder (Bekleidung), Schweißbänder, Sportschuhe, Sneakers, Kappen, Hüte und Augenschirme.
Eine Auslegung des Wortlautes des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren und Dienstleistungen zu bestimmen.
Das Wort „nämlich“, welches im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Widersprechenden benutzt wird, um die Beziehung der konkreten Waren und Dienstleistungen zur weiter gefassten Kategorie aufzuzeigen, wirkt ausschließend und beschränkt den Umfang der Eintragung auf die konkret angegebenen Waren und Dienstleistungen.
Einleitend ist festzustellen, dass nach Artikel 28 Absatz 7 UMV Waren und Dienstleistungen werden nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.
Angefochtene Waren in Klasse 18
Die angefochtenen Matchsäcke, Ranzen, Mehrzwecksporttaschen und Rucksäcke überschneiden sich mit den Waren Leder- und Lederimitationen sowie Waren daraus, nämlich andere Tragebehältnisse der Widersprechenden. Folglich sind die Waren identisch.
Angefochtene Waren in Klasse 25
Die angefochtenen Waren Hemden, T-Shirts, Sweatshirts, Kapuzensweatshirts, Jacken, Kapuzenjacken, Mäntel, Trikots, Shorts, Socken, Aufwärmanzüge, Gelenkbänder (Bekleidung), Schweißbänder sind in der weiter gefassten Kategorie der Bekleidungsstücke der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.
Die angefochtenen Sportschuhe, Sneakers sind in der weiter gefassten Kategorie der Schuhwaren der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.
Die angefochtenen Stirnbänder, Kappen, Hüte und Augenschirme sind in der weiter gefassten Kategorie der Kopfbedeckungen der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.
- Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren an das breite Publikum.
Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich.
- Die Zeichen
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Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C–251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C–514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.
Das gemeinsame Element „GANG“ aber auch die Elemente „FLEX“ und „since“ haben allesamt eine Bedeutung in bestimmten Gebieten, zum Beispiel in Ländern, in denen Englisch verstanden wird. Somit hält es die Widerspruchsabteilung für angemessen, den Vergleich der Zeichen auf den Teil des relevanten Publikums zu richten, der Englisch spricht.
Die ältere Marke ist eine Bildmarke in Schwarz-Weiß bestehend aus einem unterscheidungskräftigen figurativen Element, welches sich über die zwei Anfangsbuchstaben des leicht stilisierten und kennzeichnungskräftigen Wortelements „GANG“ (bedeutet auf Englisch „eine organisierte Gruppe von Kriminellen“) erstreckt. Dieses Element spielt die wichtigste Rolle in der älteren Marke bzw. ist das kennzeichnungskräftigste Element, da es ein Wortelement ist und visuell grösser als die im Folgenden beschriebenen Wortelemente.
Das Wortelement „GANG“ ist gefolgt von dem hochgestellten und nicht kennzeichnungskräftigen Markensymbol „TM“. Dies ist ein informativer Hinweis darauf, dass das Zeichen vorgeblich eingetragen worden ist. Somit wird dies nicht für Vergleichszwecke berücksichtigt. Darüber hinaus enthält das Zeichen unter dem Wortelement „GANG“ in wesentlicher kleinerer Schrift den ebenfalls nicht kennzeichnungskräftigen Hinweis „since 1994“ (bedeutet „seit 1994“), da er lediglich darauf hinweist, seit wann dieses Zeichen existiert oder das Unternehmen Waren unter dem hier in Rede stehenden Zeichen produziert.
Das angefochtene Zeichen ist ebenfalls eine nicht farbige Bildmarke, bestehend aus einem Rautezeichen, den stilisierten Wortelementen „FLEX“ und „GANG“ sowie einer kennzeichnungskräftigen Handabbildung mit eingeknicktem Daumen und Ringfinger. Das Rautezeichen wird meist von Zahlen gefolgt und, gefolgt von Wörtern, dient es im Marketingbereich, in sozialen Medien oder elektronischen Texten als „Hashtags“ („#“) dem Hervorheben von Begriffen (bzw. der „Verschlagwortung“ des darauf folgenden Begriffs). Jedoch hat es im Gesamteindruck des angefochtenen Zeichens eine den Wortelementen untergeordnete Rolle inne. Das Wortelement „GANG“ ist auch hier kennzeichnungskräftig und wird vom relevanten Publikum mit der oben stehenden Bedeutung assoziiert. Das Wortelement „FLEX“ wird vom relevanten Publikum mit „flexibel“ (bzw. im Englischen „flexible“) assoziiert werden und kann auf die gewünschten Eigenschaften der hier relevanten Waren anspielen, nämlich, dass sie aus (besonders) flexiblen Materialien hergestellt sind. Folglich ist dieses Wortelement schwach.
Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T–312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37).
Begrifflich wird auf die zuvor getroffenen Erwägungen bezüglich des semantischen, von den Marken vermittelten Inhalts verwiesen. Das angefochtene Zeichen hat als Ganzes keine Bedeutung, da die Wortelemente „FLEX“ und „GANG“ keine sinnvolle semantische Einheit bilden. Da beide Zeichen jedoch das kennzeichnungskräftige Element „GANG“ enthalten, sind die Zeichen begrifflich ähnlich. Sie unterscheiden sich im zusätzlichen schwachen Element „FLEX“, der kennzeichnungskräftigen Handdarstellung und dem Rautesymbol, die als solche erkannt werden, des angefochtenen Zeichens.
Die Zeichen sind daher begrifflich durchschnittlich ähnlich.
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die kennzeichnungskräftige Buchstabenfolge „GANG“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf die grafische Ausgestaltung bzw. Stilisierung derselben sowie in den zusätzlichen zuvor beschriebenen Elementen.
Die Zeichen sind daher bildlich unterdurchschnittlich ähnlich.
In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben „GANG“ in den beiden Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich im Klang der Buchstaben „FLEX“ und dem Rautezeichen der angefochtenen Marke, sofern letzteres zumindest von einem Teil des relevanten Publikums benannt wird, für die es in der älteren Marke keine Entsprechungen gibt. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die Verbraucher auf den sehr viel kleiner gehaltenen und informativen bzw. nicht kennzeichnungskräftigen Zusatz „since 1994“ mündlich Bezug nehmen werden, so dass diese Elemente nicht ins Gewicht fallen.
Die Zeichen sind daher klanglich durchschnittlich ähnlich.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Laut der Widersprechenden wird die ältere Marke intensiv genutzt und genießt einen erweiterten Schutzumfang für Bekleidung und mindestens in der BRD. Aus Gründen der Verfahrensökonomie müssen jedoch die von der Widersprechenden zum Beweis dieses Vorbringens eingereichten Belege im Rahmen des vorliegenden Falls nicht beurteilt werden (siehe unten in „Umfassende Beurteilung“).
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich trotz der Präsenz nicht kennzeichnungskräftiger Elemente in der Marke, wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.
- Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die Übereinstimmungen bei den Zeichen sind zwar weniger auffällig als die Unterschiede, aber es besteht trotzdem Verwechslungsgefahr, weil das übereinstimmende Element in beiden Zeichen eine unabhängige kennzeichnungskräftige Rolle spielt.
„Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17). Dementsprechend gleicht vorliegend die große Nähe bzw. Identität der Waren die Ähnlichkeit der Zeichen aus und eine Verwechslungsgefahr kann nicht ausgeschlossen werden.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).
Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Dies trifft insbesondere auf den vorliegenden Fall zu, da die Verbraucher annehmen können, dass es sich bei der angefochtenen Marke um eine neue Produktlinie (noch flexiblere Materialien, daher „FLEX GANG“) der älteren Dachmarke („GANG“) handelt. Auch im Bekleidungssektor werden Marken von Zeit zu Zeit modernisiert oder/und mit weiteren Wort- oder Bildelementen verbunden, so dass nicht auszuschließen ist, dass es sich bei der angefochtenen Marke um eine Weiterentwicklung der älteren Marke handelt, um sie an ein „modernes“ Auge anzupassen.
Es ist zwar richtig, dass der visuelle Aspekt in Bezug auf die vorliegenden Waren, nämlich Bekleidungsstücke, bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine größere Rolle spielen kann, jedoch vermag auch dieser Umstand im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht ausschließen, insbesondere da die Waren identisch sind. Hinzu kommt, dass die Zeichen im kennzeichnungskräftigsten (Wort-)Element der älteren Marke übereinstimmen. In der angefochtenen Marke ist das den einander gegenüberstehenden Marken gemeine Element kennzeichnungskräftiger als das andere Wortelement und hat eine selbstständige Stellung. Ferner kann eine mündliche Bezugnahme auch bei Bekleidungsstücken nicht ausgeschlossen werden.
Der Anmelder geht fehl in der Annahme die Zeichen seien begrifflich unähnlich. Es kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass beide Zeichen den semantisch identischen Begriff „GANG“ enthalten und das zusätzliche und schwache Wortelement „FLEX“ kann auch in Zusammenhang mit dem Rautezeichen nicht zu einer begrifflichen Unähnlichkeit führen. Ob die Verbraucher dass Rautezeichen als Hashtag auffassen oder nicht, kann ebenfalls nicht zur sicheren Unterscheidung beitragen, da es lediglich auf die „Verschlagwortung“ der hier relevanten Marke bzw. deren Gebrauch/Diskussion/etc. in sozialen Medien hinweist.
Der Anmelder beruft sich zur Unterstützung seiner Bemerkungen auf frühere Entscheidungen des Amtes. Das Amt ist jedoch nicht durch seine früheren Entscheidungen gebunden, da jeder einzelne Fall separat und unter Berücksichtigung seiner Besonderheiten behandelt werden muss.
Das Gericht unterstützt diese Vorgehensweise uneingeschränkt. Es hat festgestellt, dass nach ständiger Rechtsprechung die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ausschließlich auf der Grundlage der UMV und nicht nach der vorherigen Entscheidungspraxis des EUIPO zu beurteilen ist (30/06/2004, T-281/02, Mehr für Ihr Geld, EU:T:2004:198).
Das Amt ist zwar verpflichtet, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts auszuüben, z. B. dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, jedoch muss die Art und Weise der Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Außerdem ist zu betonen, dass jeder Fall individuell geprüft werden muss. Das Ergebnis hängt in jedem Einzelfall von besonderen Kriterien ab, die auf die Gegebenheiten dieses Falles anzuwenden sind, beispielsweise den Aussagen, Argumenten und Vorbringen der Beteiligten. Abschließend darf sich eine Partei in Verfahren vor dem Amt nicht auf eine möglicherweise unerlaubte Handlung, die zum Nutzen Dritter begangen wurde, stützen oder diese zu ihrem Vorteil nutzen, um eine identische Entscheidung zu erwirken.
Daraus folgt, dass, selbst wenn der Widerspruchsabteilung vorgelegte frühere Entscheidungen dem vorliegenden Fall in gewissem Umfang sachlich ähnlich sind, das Ergebnis anders ausfallen kann.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim englischsprachigen Teil des Publikums Verwechslungsgefahr. Wie oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.
Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 12 420 691 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.
Da der Widerspruch auf Grundlage der älteren Marke von Haus zukommenden Kennzeichnungskraft erfolgreich ist, besteht keine Veranlassung, die von der Widersprechenden behauptete erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit zu prüfen. Das Ergebnis wäre das gleiche, selbst wenn die ältere Marke eine erhöhte Kennzeichnungskraft besäße.
Da das ältere Recht für sämtliche Waren, gegen die sich der Widerspruch richtet, die Stattgabe des Widerspruchs und die Ablehnung der angefochtenen Marke begründet, erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen älteren Rechte, die die Widersprechende geltend macht und auch des Benutzungsnachweises (vgl. 16/09/2004, T-342/02, Moser Grupo Media, S.L., EU:T:2004:268).
KOSTEN
Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da der Anmelder die unterliegende Partei ist, trägt er die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Lars HELBERT
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Swetlana BRAUN |
Denitza STOYANOVA-VALCHANOVA
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Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.