Scandi Floor | Decision 2750902 – HORNBACH Baumarkt AG v. Technomar & Adrem

WIDERSPRUCH Nr. B 2 750 902

Hornbach Baumarkt AG, Hornbachstr. 11, 76879 Bornheim, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Beiten Burkhardt, Ganghoferstr. 33, 80339 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Technomar & Adrem, Vana-Narva mnt. 22 Technomar & Adrem Ltd., 74114 Maardu

Estland (Anmelderin).

Am 26/05/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Der Widerspruch Nr. B 2 750 902 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 390 388 ein, und zwar gegen alle Waren der Klasse 19. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 10 263 002. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:

Klasse  8: Handbetätigte Werkzeuge und Geräte für Bodenlegerarbeiten.

Klasse  19: Parkett, Bodenbeläge aus Holz, Leisten für Bauzwecke, Paneele für Wand- und Deckenverkleidungen, Laminat.

Klasse  27: Linoleum und andere Bodenbeläge; Trittschalldämmplatten und -matten zur Verlegung auf Fußböden.

        

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:

Klasse  19: Hartholzfußböden; Holz [geformt]; Parkett aus Holz.

Angefochtene Waren in Klasse 19

Die angefochtenen Waren Hartholzfußböden, Parkett aus Holz sind in der weiter gefassten Kategorie der Waren Bodenbeläge aus Holz der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.

Die verbleibenden angefochtenen Waren Holz [geformt] überschneiden sich mit den Waren Bodenbeläge aus Holz der Widersprechenden und sind daher identisch.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren sowohl an das breite Publikum als auch an Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen. Es wird ein durchschnittlicher Aufmerksamkeitsgrad zugrunde gelegt.

  1. Die Zeichen

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Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Beide Marken sind Bildmarken: Die ältere Marke besteht aus dem Wortelement „SKANDOR“, wiedergegeben in dunkelbraunen fettgedruckten Großbuchstaben, wobei der dritte Buchstabe „A“ in Weiß gehalten und in ein rotes Rechteck eingefügt ist.

Die angefochtene Marke besteht aus den untereinander angeordneten Wortbestandteilen „SCANDI“ und „FLOOR“ in hellgedruckten Großbuchstaben. Zwischen beiden Wortelementen ist ein Bildelement in Form eines in einem schwarzen Rechteck abgebildeten weißen Baumes dargestellt. Alle Elemente erscheinen in einem schwarz umrandeten hellen Viereck.

Die ältere Marke weist kein Element auf, das als dominanter (stärker ins Auge springend) oder kennzeichnungskräftiger als andere Elemente gelten könnte. Das rotfarbige Rechteck, in dem der Buchstabe „A“ erscheint, ist rein dekorativer Natur und daher nicht kennzeichnungskräftig.

Im Hinblick auf die angefochtene Marke ist festzustellen, dass die Wortbestandteile „SCANDI“ und „FLOOR“ zwei der englischen Sprache zuzuordnenden Begriffe sind, die zumindest von dem englischsprachigen Publikum als „skandinavisch“ und „Boden“ semantisch erfasst werden. In seiner Gesamtbezeichnung „Scandi Floor“ wird der englischsprachige Verkehr daher die angefochtene Marke im Sinne von „skandinavischer Boden“ bzw. „Boden im skandinavischen Stil“ verstehen. Da es sich bei den streitgegenständlichen Waren insbesondere um Bodenbeläge handelt, ist dieser Bestandteil für diesen Teil des maßgeblichen Publikums nicht kennzeichnungskräftig, während er für die verbleibenden Verkehrskreise, die die Bedeutung nicht erfassen, normal kennzeichnungskräftig ist.

Ferner wird das maßgebliche Publikum das Bildelement in Form eines Baumes wahrnehmen und als Hinweis auf das Material der derart gekennzeichneten Waren verstehen. Daher ist das Bildelement nicht kennzeichnungskräftig. Die weiteren figurativen Ausgestaltungselemente in Form von Rechtecken sind rein dekorativer Natur und daher gleichermaßen nicht kennzeichnungskräftig.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Buchstaben „S*AND* ***OR“ der angefochtenen Marke überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf die Buchstaben „K“ an zweiter Position in der älteren Marke, dem der Buchstabe „C“ in der älteren Marke gegenüber steht, den zusätzlichen Buchstaben „IFLO“ in der angefochtenen Marke und den deutlich unterschiedlichen figurativen und farblichen Ausgestaltungselementen in den Zeichen, sowie darin, dass die angefochtene Marke aus zwei Wortbestandteilen gebildet ist, während die ältere Marke lediglich ein einziges Wort darstellt.  

Die Zeichen sind visuell daher kaum ähnlich.

In klanglicher Hinsicht wird die ältere Marke zweisilbig als /SKAN-DOR/, die angefochtene Marke dreisilbig entweder als /SKAN-DI-FLOR/ (beispielsweise vom deutsch-, französisch-, italienisch- oder spanischsprachigen Publikum) oder auch als /SZAN-DI-FLOR/ (beispielsweise vom slowakisch- oder ungarisch-sprachigen Publikum) ausgesprochen. Die Aussprache der Zeichen stimmt in der ersten Silbe sowie im Klang des ersten Buchstabens /D/ der zweiten Silbe und den letzten beiden Buchstaben /OR/ überein. Die Aussprache unterscheidet sich im Klang der Buchstaben „*I-FL**/ in der angefochtenen Marke sowie darin, dass die Zeichen klanglich unterschiedlich lang sind. Zwar sind die Buchstaben der älteren Marke klanglich alle in der angefochtenen Marke enthalten, jedoch an unterschiedlicher Position. Die unterschiedliche Länge der Zeichen führt dazu, dass sich die Zeichen klanglich im Klangrhythmus unterscheiden und ein anderes Klangbild ergeben.

Die Zeichen sind klanglich daher durchschnittlich ähnlich.

Begrifflich wird ein Teil des maßgeblichen Publikums die angefochtene Marke mit der Bedeutung „skandinavischer Boden“ wahrnehmen, wie oben erklärt. Demgegenüber hat das andere Zeichen keine Bedeutung in diesem Gebiet. Da eines der Zeichen keine Bedeutung hat, sind die Zeichen begrifflich nicht ähnlich.

Der restliche Teil des Publikums, der die englischsprachigen Bestandteile „SCANDI FLOOR“ semantisch nicht erfassen wird, wird indes den Bildbestandteil in Form eines Baumes wahrnehmen. Auch in diesem Fall sind die Zeichen begrifflich nicht ähnlich, da das ältere Zeichen keine Bedeutung hat.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Der Vergleich der Zeichen hat anhand einer Gesamtbetrachtung der bildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit zu erfolgen. Hierbei ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese bei dem Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und die prägenden Bestandteile zu berücksichtigen sind.

Die verfahrensgegenständlichen Waren sind identisch. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist durchschnittlich.

Die Zeichen stimmen zwar in der Buchstabenfolge „S*AND* ***OR“ überein, unterscheiden sich aber im Übrigen: so ergeben die aufgezeigten Abweichungen, dass sich die Zeichen eindeutig in ihrer Struktur unterscheiden und einen deutlich unterschiedlichen Gesamteindruck hervorrufen: es stehen sich mit der Widerspruchsmarke eine aus nur einem Wortelement gebildete leicht stilisierte Bildmarke und eine aus zwei Wortbestandteilen und einem weiteren Bildelement zusammengesetzte Anmeldemarke gegenüber, wobei die letztere in einem Rechteck erscheint. Auch wenn für einen Teil des Verkehrs die Bestandteile „SCANDI FLOOR“ nicht kennzeichnungskräftig sind und der Bildbestandteil für das gesamte Publikum in seiner Kennzeichnungskraft geschwächt ist, sind die unterschiedlichen Elemente in den Zeichen und insbesondere in der angefochtenen Marke dennoch deutlich wahrnehmbar und daher hinreichend, um jede Verwechslungsgefahr zwischen den Marken auszuschließen. Zudem wird der durchschnittlich gut informiert, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher den Zeichen bei der Auswahl der Waren eine durchschnittliche Aufmerksamkeit schenken.

Aus den vorgenannten Gründen sind die Unterschiede zwischen den Zeichen ausreichend, um das Anmeldezeichen nicht mit der Widerspruchsmarke zu verwechseln oder gedanklich in Verbindung zu bringen

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte, besteht seitens der Öffentlichkeit keine Verwechslungsgefahr. Daher muss der Widerspruch zurückgewiesen werden.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind. Im vorliegenden Fall hat die Anmelderin keinen zugelassenen Vertreter in Sinne von Artikel 93 UMV bestellt. Daher sind keine Vertretungskosten angefallen.

Die Widerspruchsabteilung

Lars HELBERT

Sigrid DICKMANNS

Claudia MARTINI

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

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