WIDERSPRUCH Nr. B 2 646 035
Markant Handels- und Service GmbH, Hanns-Martin-Schleyer-Str. 2, 77656 Offenburg, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Weickmann & Weickmann Patentanwälte – Rechtsanwalt PartmbB, Richard-Strauß Str. 80, 81679 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)
g e g e n
ORE investiranje in upravljanje naložb d.o.o., Poljska pot 2, 1000 Ljubljana, Slowenien (Anmelderin), vertreten durch Dušan Djukić, Glinska ulica 14, 1000 Ljubljana, Slowenien (zugelassener Vertreter).
Am 11/04/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem Widerspruch Nr. B 2 646 035 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.
2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 710 925 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.
3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 650 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 710 925 ein. Der Widerspruch beruht unter anderem auf der deutschen Markeneintragung Nr. 2 077 187. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die deutsche Markeneintragung Nr. 2 077 187 der Widersprechenden.
- Die Waren
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren in den Klassen 29, 30 und 31:
Konserviertes, getrocknetes, tiefgekühltes und gekochtes Obst und Gemüse, insbesondere Tomaten, Tomatenmark, Rotkohl, Weinkraut, Trockenfrüchte, zubereitete Nüsse; Obst- und Gemüsegallerten; Konfitüren; Eier, Milch, Milchprodukte, nämlich Butter, Käse, Sahne, Joghurt, Milchpulver für Nahrungszwecke; Speiseöle und -fette; Saucen; Obst- und Gemüsekonserven, insbesondere Spargel-, Pilz-, Sauer- und Gurkenkonserven und Oliven; frisches Obst und Gemüse; Nüsse in Schalen; Futtermittel, Malz.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:
Klasse 29: Öle für Speisezwecke; Olivenöl.
Klasse 31: Obst [frisch].
Eine Auslegung des Wortlautes des Warenverzeichnisses ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren zu bestimmen.
Aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ im Warenverzeichnis der Widersprechenden ist ersichtlich, dass die genannten Waren und Dienstleistungen lediglich beispielhaft für die in der Kategorie erfassten genannt werden und sich der Schutz nicht auf sie beschränkt. Anders ausgedrückt, dieses Wört leitet eine nicht erschöpfende Liste von Beispielen ein (zur Verwendung des Wortes „insbesondere“ vgl. das Urteil vom 09/04/2003, T-224/01, „Nu-Tride“).
Das Wort „nämlich“, welches im Warenverzeichnis der Widersprechenden benutzt wird, um die Beziehung der konkreten Waren und Dienstleistungen zur weiter gefassten Kategorie aufzuzeigen, wirkt hingegen ausschließend und beschränkt den Umfang der Eintragung auf die konkret angegebenen Waren.
Angefochtene Waren in Klasse 29
Die angefochtenen Waren Olivenöl sind in der weiter gefassten Kategorie der Waren Speiseöle der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.
Die weiteren angefochtenen Waren Öle für Speisezwecke sind ein Synonym für die durch die ältere Marke geschützten Speiseöle und sind somit auch identisch.
Angefochtene Waren in Klasse 31
Die Waren Obst [frisch] sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten (einschließlich Synonyme).
- Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren an das breite Publikum. Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als unterdurchschnittlich bis höchstens durchschnittlich, da es sich teilweise um billige Massenwaren wie einfaches Speiseöl wie auch etwas höherpreisige Olivenöle handeln kann.
- Die Zeichen
MONTE D'ORO |
|
Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist Deutschland.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C–251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Die ältere Marke ist eine Wortmarke.
Das angefochtene Zeichen ist eine Bildmarke, die aus dem in Fettschrift und Großbuchstaben geschriebenen Wortelement „MONTEROSSO“ und einer darüber abgebildeten Abbildung eines antiken Schlüssels besteht.
Die sich gegenüberstehenden Marken weisen keine Elemente auf, die als eindeutig kennzeichnungskräftiger oder dominanter (stärker visuell ins Auge springend) als andere Elemente erachtet werden können.
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf das Wortelement „MONTE“ sowie den weiteren Buchstaben „R“, „O“ und nochmal „O“, die mit Ausnahme des ersten Buchstaben „R“ in identischer Reihenfolge angeordnet sind, überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf den Buchstaben „D“ plus Apostroph in der älteren Marke und den Buchstaben „SS“ in der angefochtenen Marke.
Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T–312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37; Entscheidung vom 19/12/2011, R 233/2011–4 Best Tone (fig.) / BETSTONE (fig.), § 24; Entscheidung vom 13/12/2011, R 53/2011–5, Jumbo (fig.) / DEVICE OF AN ELEPHANT (fig.), § 59).
Die ersten Teile der in Konflikt stehenden Marken sind identisch. Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie im Allgemeinen dazu, sich auf das erste Element eines Zeichens zu konzentrieren. Gerechtfertigt wird dies durch die Tatsache, dass das Publikum von links nach rechts liest, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst lenkt.
Die Zeichen sind daher durchschnittlich ähnlich.
In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen in den Silben „MON-TE“ in den beiden Zeichen überein. Die Aussprache ist zu einem gewissen Grad ähnlich in den zwei folgenden Silben, da die Vokale identisch sind, auch wenn sie sich in den Konsonanten unterscheiden („DO-RO“ gegenüber „ROS-SO“).
Die Zeichen sind daher durchschnittlich ähnlich.
Begrifflich wird das in beiden Zeichen enthaltene Element „Monte“ – obwohl die Zeichen als Ganzes gesehen keinerlei Bedeutung für das Publikum im maßgeblichen Gebiet haben – mit dem italienischen Wort „Berg“ in Verbindung gebracht (siehe DUDEN). In dieser Hinsicht sind die Zeichen begrifflich ähnlich. Die Darstellung eines Schlüssels in der angefochtenen Marke wird von den Verbrauchern auch begrifflich aufgefasst.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.
- Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die Waren sind identisch.
Die Zeichen sind insoweit ähnlich, als dass sie visuell, klanglich und auch begrifflich im gemeinsamen Bestandteil „MONTE“ übereinstimmen. Die weiteren Gestaltungselemente des angefochtenen Zeichens können eine Ähnlichkeit zwischen den Zeichen nicht mindern, da diese Begriffe im Deutschen keine Bedeutung haben. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Aufmerksamkeitsgrad der Durchschnittsverbraucher als unterdurchschnittlich bis maximal durchschnittlich gilt, da es sich um sehr günstige Massenwaren wie frisches Obst und einfaches Speiseöl handelt. Somit sind die Unterschiede im zweiten Wortelement nicht ausreichend um Verwechslungsgefahr ausschließen zu können.
Es ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).
Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17). Da die Waren identisch sind und die Zeichen auch als ähnlich eingestuft wurden, kann Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen nicht sicher ausgeschlossen werden.
Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 2 077 187 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.
Da das ältere Recht „MONTE D'ORO“ für sämtliche Waren, gegen die sich der Widerspruch richtet, die Stattgabe des Widerspruchs und die Ablehnung der angefochtenen Marke begründet, erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen älteren Rechte, die die Widersprechende geltend macht (vgl. 16/09/2004, T-342/02, Moser Grupo Media, S.L., EU:T:2004:268).
Die Anmelderin behauptet in ihren eingereichten Unterlagen vom 20/07/2016, die am 11/08/2016 in die Verfahrenssprache mehr schlecht als recht übersetzt wurden, dass es in den relevanten Klassen viele Marken mit dem Bestandteil „MONTE“ gäbe und deswegen keine Verwechslungsgefahr bestünde. Das Amt kann sich dieser Ansicht nicht anschließen, denn im vorliegenden Fall, bei denen es sich teilweise um niederpreisige Waren handelt, gilt die Aufmerksamkeit als unterdurchschnittlich bis maximal durchschnittlich und für deutsche Verbraucher kann die Verwechslungsgefahr, besonders im Hinblick auf den identischen Anfang der Zeichen und die begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen, nicht ausgeschlossen werden.
KOSTEN
Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Renata COTTRELL |
Lars HELBERT |
Claudia MARTINI |
Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.