WIDERSPRUCH Nr. B 2 679 762
Skin Gin GmbH, Alter Marktplatz 8, 21720 Steinkirchen, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Rose & Partner LLP, Jungfernstieg 40, 20354 Hamburg, Deutschland (zugelassener Vertreter)
g e g e n
Mathias Rüsch, Soltauer Chaussee 41, 21614 Buxtehude, Deutschland (Anmelder), vertreten durch Osborne Clarke, Innere Kanalstr. 15, 50823 Köln, Deutschland (zugelassener Vertreter).
Am 31.07.2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem Widerspruch Nr. B 2 679 762 wird teilweise stattgegeben, und zwar für die folgenden angefochtenen Waren und Dienstleistungen:
Klasse 33: Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere].
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Betrieb von Bars und Restaurants; Catering.
2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 121 502 wird für alle obigen Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen. Sie kann für die restlichen Dienstleistungen weitergeführt werden.
3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren und Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 121 502 ein, und zwar gegen alle Waren und Dienstleistungen der Klassen 33, 41 und 43. Der Widerspruch beruht auf der deutschen Markeneintragung Nr. 30 2014 055 796. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
- Die Waren und Dienstleistungen
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:
Klasse 33: Alkoholische Essenzen; Alkoholische Extrakte; Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Alkoholische Getränke, ausgenommen Bier.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren und Dienstleistungen:
Klasse 33: Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere].
Klasse 41: Veranstaltung und Durchführung von Workshops zu Unterhaltungszwecken im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken, beispielsweise Cocktail-Workshops; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren zu Unterhaltungszwecken im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken; Dienstleistungen von Nachtklubs.
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Betrieb von Bars und Restaurants; Catering.
Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.
Angefochtene Waren in Klasse 33
Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere] sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten.
Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 41
Die angefochtenen Dienstleistungen Veranstaltung und Durchführung von Workshops zu Unterhaltungszwecken im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken, beispielsweise Cocktail-Workshops; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren zu Unterhaltungszwecken im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken; Dienstleistungen von Nachtklubs bestehen im Wesentlichen in der Veranstaltung und Durchführung von Workshops und Seminaren sowie in Dienstleistungen von Nachtclubs. Auch wenn diese einen inhaltlichen Zusammenhang mit alkoholischen Getränken haben, lassen sich daraus keine markenrechtlich relevanten Berührungspunkte mit sämtlichen Waren Alkoholische Essenzen; Alkoholische Extrakte; Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Alkoholische Getränke, ausgenommen Bier der Widersprechenden in Klasse 33 ableiten.
Zunächst ist festzustellen, dass Dienstleistungen und Waren grundsätzlich verschiedener Natur und ihrer Art nach unähnlich sind. Waren sind meist Handelsartikel und –güter und ihr Verkauf beinhaltet in der Regel die Übertragung des Eigentums an der beweglichen Sache. Dienstleistungen sind hingegen unkörperlich. Eine Ähnlichkeit kann sich jedoch dann ergeben, wenn sich Waren und Dienstleistungen gegenseitig ergänzen oder miteinander konkurrieren und üblicherweise von denselben oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen erbracht werden.
Die einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen unterscheiden sich eindeutig in Art und Verwendungszweck. Auch werden sie regelmäßig von unterschiedlichen Herstellern produziert bzw. angeboten und richten sich an unterschiedliche Abnehmer. Zudem stehen sie in keinerlei Konkurrenz- oder Ergänzungsverhältnis zueinander. Daher sind diese Waren und Dienstleistungen eindeutig unähnlich.
Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 43
Die angefochtenen Dienstleistungen zur Verpflegung; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Betrieb von Bars und Restaurants; Catering beinhalten im Wesentlichen die Versorgung von Gästen in einer Bar, in Cafés, Restaurants, Schnellimbissrestaurants, Kantinen etc. mit Essen und Trinken. Die weiteren angefochtenen Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen bestehen in der Gewährung von Unterkunft und Verpflegung durch Hotels, Pensionen oder anderen Unternehmen, die die Beherbergung von Gästen sicherstellen. Die Waren der Widersprechenden in der Klasse 33 beinhalten unter anderem Alkoholische Getränke, ausgenommen Bier.
Dienstleistungen und Waren sind grundsätzlich verschiedener Natur und ihrer Art nach unähnlich. Waren sind meist Handelsartikel und –güter und ihr Verkauf beinhaltet in der Regel die Übertragung des Eigentums an der beweglichen Sache. Dienstleistungen sind hingegen unkörperlich. Eine Ähnlichkeit kann sich jedoch dann ergeben, wenn sich Waren und Dienstleistungen gegenseitig ergänzen oder miteinander konkurrieren und üblicherweise von denselben oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen erbracht werden.
Im vorliegenden Fall gibt es mithin Berührungspunkte zwischen den einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen insoweit, als Getränke, wie beispielsweise alkoholische Getränke in Bars, Cafés oder Hotels und Pensionen angeboten und konsumiert werden. Es besteht eine geringfügige Ähnlichkeit für die von der älteren Marke umfassten alkoholischen Getränken, ausgenommen Bier hinsichtlich der von der Anmeldemarke beanspruchten Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Betrieb von Bars und Restaurants; Catering. Alkoholische Getränke sind komplementär zu gastronomischen Dienstleistungen – es gibt keine Verpflegungsdienstleistungen ohne Getränkeangebot. Getränke sind notwendige Bestandteile auf Speisekarten in Restaurants und Cafés. Aus der Perspektive des Verbrauchers sind die Alkoholischen Getränke, ausgenommen Bier der Klasse 33 und die Dienstleistungen der Klasse 43 deshalb ergänzend. Zahlreiche Geschäftsmodelle sehen nicht nur den Vertrieb von Lebensmitteln aus eigener Herstellung als Ware vor, sondern auch die Erbringung von Verpflegungsdienstleistungen, sei es im eigenen Geschäft oder im Catering-Bereich, als auch umgekehrt, dass Erbringer von Verpflegungsdienstleistungen ihr Angebot mit Fertiggerichten diversifizieren. Hierzu gehören etwa Bäckereien oder Eisdielen mit Getränke-Ausschank, Brauereien mit eigenen Brauhäusern oder Ausschankgeschäften mit exklusiven Bierbezugsverträgen, Winzer oder Weinhändler mit eigenen Weinstuben, Restaurants mit Gerichten zum oder zum Ausliefern u.v.m. Diese treten dabei immer unter derselben Marke auf. Im Bereich des Getränkesektors, alkoholischer als auch nichtalkoholischer Getränke, gibt es zahlreiche Hersteller, die unter ihrer Marke etwa im Direktvertrieb oder im Catering-Bereich auch Gäste verpflegen. Daraus ergibt sich, dass diese Waren und Dienstleistungen geringfügig ähnlich sind. Dies wurde vom Gerichtshof in seiner Entscheidung ABSACKER in der Rechtssche T-304/12 bestätigt (vgl. hierzu Urteil vom 16. Januar 2014 in der Rechtssache T-304/12 „ABSACKER“, Randnummer 29 und Urteil vom 15. Februar 2011, T-213/09, „Yorma`s“, Randnr. 46 und Entscheidung vom 21. Juni 2011, R 1012/2010-2, “my Coffee (FIG.MARK)/MYCoffee (FIG.MARK)” Randnr. 31)
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die angefochtenen Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Betrieb von Bars und Restaurants; Catering in Klasse 43 den Waren alkoholische Getränke, ausgenommen Bier der Widersprechenden in Klasse 33 geringfügig ähnlich sind.
- Die Zeichen
Skin Gin
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SKIN GIN
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Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Die Zeichen sind identisch. Da es sich um Wortmarken handelt, ist das Wort an sich geschützt und nicht seine jeweilige Schreibweise. Mithin ist die Benutzung von Groß- oder Kleinbuchstaben unerheblich.
- Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen sind teilweise identisch, teilweise ähnlich und teilweise unähnlich.
Die Vergleichszeichen sind identisch und es wurde festgestellt, dass die angefochtenen Waren, und zwar:
Klasse 33: Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere]
identisch sind. Daher ist dem Widerspruch gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a UMV für diese Waren stattzugeben.
Ferner wurde festgestellt, dass sämtliche Dienstleistungen in der Klasse 43, nämlich:
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Betrieb von Bars und Restaurants; Catering.
den von der älteren Marke erfassten Waren geringfügig ähnlich sind. Angesichts der Identität der Zeichen besteht im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV Verwechslungsgefahr, und dem Widerspruch wird, insoweit er gegen diese Dienstleistungen gerichtet ist, stattgegeben.
Die übrigen Dienstleistungen, nämlich sämtliche Dienstleistungen in der Klasse 41 und die Waren der Widersprechenden in der Klasse 33 sind unähnlich. Da Identität bzw. Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen eine notwendige Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 UMV ist, muss der Widerspruch, soweit er sich gegen diese Waren richtet, auf der Grundlage dieses Artikels zurückgewiesen werden.
KOSTEN
Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten. Gemäß Artikel 85 Absatz 2 UMV beschließt die Widerspruchsabteilung eine andere Kostenteilung, soweit die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterliegen oder soweit es die Billigkeit erfordert.
Da der Widerspruch nur für Teile der angefochtenen Waren und Dienstleistungen Erfolg hat, sind beide Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterlegen. Daher trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.
Die Widerspruchsabteilung
Lars HELBERT
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Sigrid DICKMANNS |
Martin EBERL
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Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.