WIDERSPRUCH Nr. B 2 703 570
Sascha Palosy, Östliche Karl-Friedrich-Str. 65-67, 75175 Pforzheim, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Twelmeier Mommer & Partner, Westliche Karl-Friedrich-Str. 56-68, 75172 Pforzheim, Deutschland (zugelassener Vertreter)
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Harald Bensen, Donau Straße 104, 12043 Berlin, Deutschland und Comdesign, Ledergasse 17, 8232 Merishausen, Schweiz (Anmelder).
Am 05/04/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem Widerspruch Nr. B 2 703 570 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.
2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 032 709 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.
3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 032 709 ein. Der Widerspruch beruht auf der deutschen Markeneintragung Nr. 30 2015 103 105. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a und b UMV.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
- Die Waren
Der Widerspruch basiert unter anderem auf den folgenden Waren:
Klasse 25: Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke; Schuhwaren.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:
Klasse 25: Bekleidungsstücke.
Angefochtene Waren in Klasse 25
Bekleidungsstücke sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten.
- Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren an das breite Publikum. Es wird ein durchschnittlicher Aufmerksamkeitsgrad zugrunde gelegt.
- Die Zeichen
Berserker
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Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist Deutschland.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C–251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Die ältere Marke ist die Wortmarke „Berserker“, die in allen Schreibweisen geschützt ist. Mithin ist die Benutzung von Groß- oder Kleinbuchstaben unerheblich.
Die angefochtene Marke ist die Bildmarke „BERSERKER“, die in leicht stilisierter Weise dargestellt ist.
Begrifflich werden beide Zeichen als „kampflustiger, sich wild gebärdender Mann“ oder als „wilder Krieger der altnordischen Sage“ (vgl. www.duden.de) wahrgenommen. Insoweit sind die Zeichen begrifflich identisch. Da dieser Bedeutungsgehalt keinerlei beschreibenden Charakter in Bezug auf die streitgegenständlichen Waren hat, sind beide Zeichen normal kennzeichnungskräftig.
Beide Marken weisen keine Elemente auf, die als eindeutig dominanter (stärker ins Auge springend) als Elemente erachtet werden können.
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „Berserker“ überein. Sie unterscheiden sich lediglich in Bezug auf die leichte Stilisierung der angefochtenen Marke.
Die Zeichen sind bildlich daher nahezu identisch.
Beide Zeichen werden identisch ausgesprochen.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.
- Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen; diese Beurteilung hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die das Publikum zwischen den beiden Zeichen aufbauen könnte sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den Zeichen und zwischen den Waren und Dienstleistungen (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 22).
Der Gerichtshof hat ferner den wesentlichen Grundsatz aufgestellt, dass die Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere zwischen dem zuvor festgestellten Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und den Waren oder Dienstleistungen, impliziert. Daher kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).
Die in Konflikt stehenden Waren sind identisch. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist durchschnittlich.
Die Vergleichszeichen sind visuell nahezu identisch, klanglich und begrifflich sind die Zeichen sogar identisch. Der einzige Unterschied besteht in der leichten stilisierten Ausgestaltung in der angefochtenen Marke. Diese ist jedoch nicht geeignet, die beiden Zeichen voneinander zu trennen und unterschiedlichen Unternehmen zuzuordnen. Hinzu kommt, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von dem Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr die in Frage stehenden Kennzeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks gewinnt.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr.
Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 30 2015 103 105 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.
Da dem Widerspruch aufgrund von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV in vollem Umfang stattgegeben wurde, besteht keine Notwendigkeit zur Prüfung des anderen Widerspruchsgrunds, nämlich Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a UMV.
KOSTEN
Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Lars HELBERT
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Sigrid DICKMANNS |
Claudia MARTINI
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Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.