BMTC | Decision 2534645 – Behr-Hella Thermocontrol GmbH v. Shenzhen MTC Lighting Co., LTD

WIDERSPRUCH Nr. B 2 534 645

Behr-Hella Thermocontrol GmbH, Mauserstr. 3, 70190 Stuttgart, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch UNIT4 IP Rechtsanwälte, Jägerstraße 40, 70174 Stuttgart, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Shenzhen MTC Lighting Co., LTD, Peng Zhou Industrial Park, Fu Yong Town, Bao An District, Shenzhen, Volksrepublik China (Anmelderin), vertreten durch José Izquierdo Faces, Iparraguirre 42 – 3º izda, 48011 Bilbao (Vizcaya), Spanien (zugelassener Vertreter).

Am 21/03/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 534 645 wird teilweise stattgegeben, und zwar für die angefochtenen Waren Heißluftapparate; Kühlapparate und -anlagen; Klimaanlagen.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 193 734 wird für alle obigen Waren zurückgewiesen. Sie kann für die übrigen Waren weitergeführt werden.

        

3.        Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren (der Klasse 11) der Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 193 734 (Wortmarke: „BMTC”) ein. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 5 055 827 (Bildmarke:
http://prodfnaefi:8071/FileNetImageFacade/viewimage?imageId=45347843&key=acbf02850a840803398a1cf1427f2b44“). Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren der Klassen 7, 9 und 11:

Klasse 7: Mechanische Geräte zur Steuerung und Regelung von Betriebsgrößen des Motorkühlkreislaufs.

Klasse 9: Elektronische (soweit in Klasse 9 enthalten) Geräte zur Steuerung und Regelung von Klimaanlagen von Kraftfahrzeugen; elektronische Geräte zur Visualisierung von Klimaparametern und Bedienung von Klimaanlagen; elektronische Geräte zur Steuerung und Regelung von Betriebsgrößen des Motorkühlkreislaufs; Leistungsregler für Klimaanlagengebläse, Kühlerlüfter und Zusatzheizungen von Kraftfahrzeugen; Sensoren zur elektronischen Erkennung/Messung von Betriebs- oder Umfeldgrößen eines Kraftfahrzeuginnenraums oder eines Kraftfahrzeuges, nämlich Wärmestrahlungssensoren, Luftgeschwindigkeitssensoren, Temperatursensoren und Feuchtsensoren.

Klasse 11: Elektrische Zusatzheizungen für den Innenraum und den Motorkühlkreislauf von Kraftfahrzeugen; elektronische (als Teile von Klimaanlagen) und / oder mechanische Geräte zur Steuerung und Regelung von Klimaanlagen von Kraftfahrzeugen sowie deren Stellglieder, Aggregate und Wärmetauscher; mechanische Geräte (als Teile von Klimaanlagen) zur Visualisierung von Klimaparametern und Bedienung von Klimaanlagen.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren der Klasse 11:

Beleuchtungslampen; Beleuchtungsapparate und -anlagen; Leuchten für Fahrzeuge; Ultraviolettlampen, nicht für medizinische Zwecke; Glühbirnen für Beleuchtungszwecke; Leuchtröhren für Beleuchtungszwecke; Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden [LEDs]; Stehlampen, Straßenlampen; Hausnummern, leuchtend; Fackeln; Sicherheitslampen; Entladungsröhren [elektrisch], für Beleuchtungszwecke; Kühlapparate und -anlagen; Klimaanlagen; Heißluftapparate; Leitungen [Teile von sanitären Anlagen]; Dampfbäder; Desinfektionsapparate; Taschenwärmer.

Eine Auslegung des Wortlautes des Warenverzeichnisses ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren zu bestimmen.

Das Wort „nämlich“, welches im Warenverzeichnis der Widersprechenden benutzt wird, um die Beziehung der konkreten Waren zur weiter gefassten Kategorie aufzuzeigen, wirkt ausschließend und beschränkt den Umfang der Eintragung auf die konkret angegebenen Waren.

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Die Waren der älteren Marke sind im Wesentlichen elektronische Geräte, die sich auf den Motor von Kraftfahrzeugen beziehen sowie Teile und Bestandteile davon sowie Sensoren mit Auswirkungen auf den Innenraum.

Dadurch unterscheiden sie sich wesentlich von den Waren der angefochtenen Marke Beleuchtungslampen; Beleuchtungsapparate und -anlagen; Leuchten für Fahrzeuge; Ultraviolettlampen, nicht für medizinische Zwecke; Glühbirnen für Beleuchtungszwecke; Leuchtröhren für Beleuchtungszwecke; Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden [LEDs]; Stehlampen, Straßenlampen; Hausnummern, leuchtend; Fackeln; Sicherheitslampen; Entladungsröhren [elektrisch], für Beleuchtungszwecke,  die der Beleuchtung dienen und damit einen wesentlich anderen Zweck haben/verfolgen. Auch angesprochene Verkehrskreise, Hersteller, Art der Waren und Vertriebskanäle sind abweichend voneinander. Es besteht auch weder ein Ergänzungs- noch ein Konkurrenzverhältnis zwischen ihnen. Sie sind daher genauso unähnlich wie Leitungen [Teile von sanitären Anlagen]; Dampfbäder; Desinfektionsapparate; Taschenwärmer. Auch insoweit gilt die vorgenannte Begründung mit dem Zusatz, dass es sich ebenfalls um wesentlich andere Waren des wirtschaftlichen Lebens handelt, die sich in den genannten Kriterien von denen der älteren Marke unterscheiden. Auch die Art und Weise des Gebrauchs ist wesentlich anders. Die Widersprechende hat ebenfalls nicht dargelegt, aus welchen Gründen insoweit ein Ähnlichkeitsverhältnis bestehen soll.

Die angefochtenen Heißluftapparate; Kühlapparate und -anlagen; Klimaanlagen stimmen mit den Waren der älteren Marke elektronische (als Teile von Klimaanlagen) und / oder mechanische Geräte zur Steuerung und Regelung von Klimaanlagen von Kraftfahrzeugen sowie deren Stellglieder, Aggregate und Wärmetauscher; mechanische Geräte (als Teile von Klimaanlagen) zur Visualisierung von Klimaparametern und Bedienung von Klimaanlagen in den Vertriebskanälen, in den Verbrauchern und in den Herstellern überein. Daher sind sie hochgradig ähnlich.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für hochgradig ähnlich befundenen Waren sowohl an das breite Publikum als auch an Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen. Der Aufmerksamkeitsgrad der angesprochenen Verkehrskreise ist hoch, weil die Waren des nicht täglichen Bedarfs sorgfältig ausgesucht werden und höherpreisig sind.

Da die Allgemeinheit eher einer Verwechslungsgefahr unterliegt, wird die Prüfung auf dieser Grundlage erfolgen.

  1. Die Zeichen

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BMTC

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, […] wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C 251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).“

Die angefochtene Marke ist eine in allen Schreiweisen geschützte Wortmarke.

Die ältere Marke ist eine Bildmarke, deren grafische Bestandteile sich jedoch auf eine einfache Blockschreibweise beschränken.

Das ältere Zeichen besteht aus einem kennzeichnungskräftigen Wortelement und einem weniger kennzeichnungskräftigen Bildelement in Form von Block- und Fettschreibweise rein dekorativer Natur. Das Wortelement  ist daher kennzeichnungskräftiger als das  Bildelement.

Die ältere Marke hat keinen dominanten Bestandteil (die angefochtene Marke als Einwortmarke ohnehin nicht).

Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T 312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37).

In schriftbildlicher Hinsicht haben die Zeichen eine identische Anzahl von Buchstaben, nämlich vier. Von diesen vier Buchstaben sind drei identisch, nämlich „B..TC“  (wenn auch leicht modifiziert abgebildet in der älteren Marke). Die jeweils zweiten Buchstaben „H“ der älteren und „M“ der angefochtenen Marke sind unterschiedlich. Auch die leicht modifizierte Darstellung der älteren Marke kann vor dem Hintergrund, dass Wortbestandteilen in der Regel eine stärkere Wirkung zukommt (s.o.), eine überdurchschnittliche schriftbildliche Zeichenähnlichkeit nicht vermeiden.  

In klanglicher Hinsicht sind grafische Ausgestaltungselemente bedeutungslos. Die Zeichen stimmen bis auf die abweichenden zweiten Buchstaben „H“ und „M“ vollständig überein. Daher bestehen wesentliche Übereinstimmungen in Klang, in der Betonung und im Sprechrhythmus, die eine hochgradige klangliche Zeichenähnlichkeit begründen.  

In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).

Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).

Die angefochtenen Waren sind teilweise hochgradig ähnlich und teilweise unähnlich.

Gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) GMV ist die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen Voraussetzung für die Annahme einer Verwechslungsgefahr. Da die angefochtenen Waren teilweise unähnlich sind, ist eine der notwendigen Voraussetzungen des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b) GMV nicht erfüllt, und der Widerspruch muss insoweit zurückgewiesen werden.

Die Marken sind schriftbildlich überdurchschnittlich und klanglich hochgradig ähnlich.

Insgesamt besteht unter Berücksichtigung der deutlichen Zeichenähnlichkeit, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie der hochgradigen Ähnlichkeit der Waren trotz erhöhter Aufmerksamkeit der Verbraucher Verwechslungsgefahr. In Anbetracht des oben Genannten besteht Verwechslungsgefahr auf Seiten des allgemeinen Publikums. Da eine Verwechslungsgefahr für nur einen Teil des relevanten Publikums (hier: der Allgemeinheit s.o.) der Europäischen Union ausreicht, um die angefochtene Anmeldung zurückzuweisen, muss der restliche Teil des Publikums nicht analysiert werden.

Die Anmelderin hat zu dem Widerspruch nicht Stellung genommen, so dass ihre Argumente nicht geprüft werden können.

Der Widerspruch ist daher gem. Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV teilweise begründet.


KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten. Gemäß Artikel 85 Absatz 2 GMV beschließt die Widerspruchsabteilung eine andere Kostenteilung, soweit die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterliegen oder soweit es die Billigkeit erfordert.

Da der Widerspruch nur für Teile der angefochtenen Waren Erfolg hat, sind beide Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterlegen. Daher trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

Die Widerspruchsabteilung

Swetlana BRAUN

Peter QUAY

Martin EBERL

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

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