WIDERSPRUCH Nr. B 2 741 687
Laboratorios Viñas S.A., Provenza, 386 5ª Planta, 08025 Barcelona, Spanien (Widersprechende), vertreten durch Oficina Ponti, SLP, Consell de Cent, 322, 08007 Barcelona, Spanien (zugelassene Vertreter)
g e g e n
Rehocare BV, Kerkpad ZZ 43, 3764 AN Soest, die Niederlande (Anmelderin).
Am 06/06/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem Widerspruch Nr. B 2 741 687 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.
2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 478 977 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.
3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 478 977 ein. Der Widerspruch beruht auf der spanischen Markeneintragung Nr. 1 621 673. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
- Die Waren
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:
Klasse 5: Ein Schmerzmittel.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:
Klasse 5: Sprays zum Abschwellen der Nasenschleimhaut; Nasensprays zur Behandlung von Allergien; Nasensprays für medizinische Zwecke; Medizinische Nasensprays.
Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.
Grundsätzlich werden spezifische pharmazeutische Erzeugnisse und sonstige pharmazeutische Erzeugnisse als ähnlich betrachtet. Im vorliegenden Fall gelten die angefochtenen Sprays zum Abschwellen der Nasenschleimhaut; Nasensprays zur Behandlung von Allergien; Nasensprays für medizinische Zwecke; Medizinische Nasensprays als ähnlich zu dem Schmerzmittel der Widersprechenden. Die Waren sind von der gleichen Art, weil sie spezifische chemische Erzeugnisse sind; sie dienen im Großen und Ganzen der Heilung; sie werden an den gleichen Orten verkauft, nämlich in Apotheken, und sie haben für gewöhnlich dieselben Hersteller, nämlich die pharmazeutischen Industrie. Diese Branche stellt eine Vielzahl von Medikamenten mit den verschiedensten therapeutischen Indikationen her, und die breite Öffentlichkeit weiß hierum (Urteil vom 17/11/2005, T-154/03, Alrex, EU:T:2005:401, § 48). Zudem ist es wahrscheinlich, dass Verbraucher die angefochtenen Waren und die Waren der älteren Marke zusammen verwenden, da eine verstopfte Nase oft mit Kopfschmerzen einhergeht.
- Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für ähnlich befundenen Waren sowohl an das breite Publikum als auch an Fachkundige in den Bereichen der Medizin und Pharmazie.
Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als relativ hoch.
Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass der Aufmerksamkeitsgrad des maßgeblichen Publikums in Bezug auf pharmazeutische Erzeugnisse relativ hoch ist, unabhängig davon, ob diese verschreibungspflichtig sind oder nicht (15/12/2010, T–331/09, Tolposan, EU:T:2010:520, § 26; 15/03/2012, T–288/08, Zydus, EU:T:2012:124, § 36 sowie zitierte Rechtsprechung).
Insbesondere medizinisches Fachpersonal bringt bei der Verschreibung von Arzneimitteln einen hohen Grad an Aufmerksamkeit auf. Auch ein nicht spezialisiertes Publikum zeigt, unabhängig davon, ob die Arzneimittel verschreibungspflichtig sind oder nicht, einen höheren Aufmerksamkeitsgrad, da sich diese Erzeugnisse auf seine Gesundheit auswirken.
- Die Zeichen
CAPSIDOL
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Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist Spanien.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C–251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Die ältere Marke ist die Wortmarke „CAPSIDOL“. Im Fall von Wortmarken ist das Wort an sich geschützt und nicht seine jeweilige Schreibweise. Mithin ist die Benutzung von Klein- oder Großbuchstaben unerheblich.
Die angefochtene Marke ist eine Bildmarke, die sich aus dem Wortelement „Capsinol“ in weißen Buchstaben, in Standardschriftart mit Schattenwurf, vor einem etikettenartigen Hintergrund in Grautönen zusammensetzt.
Das angefochtene Zeichen besteht aus einem kennzeichnungskräftigen Wortelementen und weniger kennzeichnungskräftigen Bildelementen rein dekorativer Natur (dem etikettenartigen Hintergrund und der Wiedergabe des Wortelements in Standardschriftart). Das Wortelement ist daher kennzeichnungskräftiger als die Bildelemente.
Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie im Allgemeinen dazu, sich auf den Anfang eines Zeichens zu konzentrieren. Der Grund dafür ist, dass das Publikum von links nach rechts lesen wird, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst richtet.
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Buchstabenfolge „CAPSI*OL“ überein, also unter anderem am Zeichenanfang. Zudem haben die Wortelemente dieselbe Länge. Sie unterscheiden sich lediglich in Bezug auf ihren sechsten Buchstaben, nämlich „D“ in der älteren Marke und „n“ im angefochtenen Zeichen, der ob seiner Position nicht besonders ins Auge fällt, sowie in Bezug auf die Bildelemente des angefochtenen Zeichens, die jedoch rein dekorativer Natur sind.
Die Zeichen sind daher bildlich stark ähnlich.
In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen in den Phonemen „CAPSI*OL“ in den beiden Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich lediglich im Klang der Buchstaben „D“ des älteren Zeichens und „n“ der angefochtenen Marke, für die es keine jeweilige Entsprechung gibt.
Die Zeichen sind daher auch klanglich stark ähnlich.
In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.
- Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen; diese Beurteilung hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die das Publikum zwischen den beiden Zeichen aufbauen könnte, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den Zeichen und zwischen den Waren und Dienstleistungen (Urteil vom 11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 22).
Der Gerichtshof hat ferner den wesentlichen Grundsatz aufgestellt, dass die Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere zwischen dem zuvor festgestellten Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und den Waren oder Dienstleistungen, impliziert. Daher kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil vom 29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).
Es ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26). Selbst Verbraucher mit einem hohen Maß an Aufmerksamkeit müssen sich auf ihr unvollkommenes Bild von Marken verlassen (21/11/2013, T–443/12, ancotel, EU:T:2013:605, § 54).
Die starke bildliche und klangliche Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen könnte Verbraucher deshalb trotz eines relativ hohen Aufmerksamkeitsgrads zu der Annahme veranlassen, dass die angefochtene Marke eine Variation der älteren Marke darstellt. Die Unterschiede zwischen den Zeichen vermögen ihre starke Ähnlichkeit nicht zu überwinden, insbesondere, da die Marken insgesamt keinerlei Bedeutung haben, die dem Verbraucher bei der Unterscheidung der Zeichen helfen könnte.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr.
Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der spanischen Markeneintragung Nr. 1 621 673 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.
KOSTEN
Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Robert MULAC
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Natascha GALPERIN |
Plamen IVANOV
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Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.