Castello | Decision 2644626 – WERU GmbH v. Burg-Wächter KG

WIDERSPRUCH Nr. B 2 644 626

WERU GmbH, Zumhofer Strasse 25, 73635 Rudersberg, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Becker Bohn Rechtsanwälte, Breitscheidstr. 10 (Bosch-Areal), 70174 Stuttgart, Deutschland (zugelassener Vertreter)

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Burg-Wächter KG, Wormgermühle, 58540 Meinerzhagen, Deutschland (Anmelderin), vertreten durch Rausch. Wanischeck. Brinkmann. Intellectual Property, Am Seestern 8, 40547 Düsseldorf, Deutschland (zugelassener Vertreter).

Am 13/06/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Der Widerspruch Nr. B 2 644 626 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren und Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 890 115 für die Wortmarke „Castello“ ein, und zwar gegen einige der Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9, 20 und 37. Der Widerspruch beruht auf der deutschen Markeneintragung Nr. 30 116 104 für die Wortmarke „Castello“. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.

BENUTZUNGSNACHWEIS

Gemäß Artikel 42 Absätze 2 und 3 UMV (in der zum Zeitpunkt der Einreichung des Widerspruchs geltenden Fassung) hat die Widersprechende auf Verlangen der Anmelderin den Nachweis zu erbringen, dass sie innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angefochtenen Marke die ältere Marke in den Gebieten, in denen sie geschützt ist, in Verbindung mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und auf die sie sich zur Begründung ihres Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Für die frühere Marke gilt eine Benutzungsverpflichtung, wenn sie zum betreffenden Datum mindestens fünf Jahre lang eingetragen war.

Gemäß dieser Bestimmung wird der Widerspruch bei Fehlen eines solchen Nachweises zurückgewiesen.

Die Anmelderin hat von der Widersprechenden den Benutzungsnachweis der Marke, auf welcher der Widerspruch beruht, verlangt.

Der Antrag wurde fristgerecht eingereicht und ist zulässig, da die frühere Marke mehr als fünf Jahre vor dem vorstehend genannten maßgeblichen Datum eingetragen war.

Die angefochtene Anmeldung wurde am 21/12/2015 veröffentlicht. Die Widersprechende musste daher nachweisen, dass die Marke, auf welcher der Widerspruch beruht, in Deutschland vom 21/12/2010 bis einschließlich zum 20/12/2015 ernsthaft benutzt wurde.

Aus diesem Nachweis muss ferner die Benutzung der Marke in Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen hervorgehen, auf deren Grundlage der Widerspruch eingelegt wurde, und zwar folgende:

Klassen 6, 19, 37:        Fenster, Fenstertüren, Rollladenfenster (alle vorgenannten Waren aus Metall); Fenster, Fenstertüren, Rollladenfenster (alle vorgenannten Waren nicht aus Metall); Einbau von Fenstern.

Gemäß Regel 22 Absatz 3 UMDV, muss der Benutzungsnachweis aus Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde und auf die der Widerspruch gestützt wird, bestehen.

Am 26/08/2016 setzte das Amt in Anwendung von Regel 22 Absatz 2 UMDV der Widersprechenden eine Frist bis zum 26/10/2016, um Benutzungsnachweise für die ältere Marke einzureichen. Die Widersprechende legte fristgerecht am 20/10/2016 und 25/10/2016 Benutzungsnachweise vor.

Am 28/03/2017, 29/03/2017 und 30/03/2017, nach Fristablauf, reichte die Widersprechende ergänzende Beweismittel ein.

Obwohl Widersprechende gemäß Regel 22 Absatz 2 UMDV ihre Beweismittel innerhalb der vom Amt gesetzten Frist einzureichen haben, folgt daraus nicht automatisch, dass das Amt ergänzende Beweismittel nicht berücksichtigen kann  (18/07/2013, C-621/11 P, Fishbone, EU:C:2013:484, § 28). Das Amt hat das ihm gemäß Artikel 76 Absatz 2 UMV zustehende Ermessen auszuüben (18/07/2013, C-621/11 P, Fishbone, EU:C:2013:484, § 30).

Die bei der Ausübung des Ermessens in Betracht zu ziehenden Faktoren sind, zum einen, dass die verspätet vorgebrachten Gesichtspunkte auf den ersten Blick von wirklicher Relevanz für das Ergebnis des Verfahrens sind und, zum anderen, dass das Verfahrensstadium, in dem das verspätete Vorbringen erfolgt, und die Umstände, die es begleiten, einer solchen Berücksichtigung nicht entgegenstehen (18/07/2013, C-621/11 P, Fishbone, EU:C:2013:484, § 33).  Die Berücksichtigung ergänzender, verspäteter Beweismittel ist unwahrscheinlich wenn die Widersprechende die gesetzten Fristen durch bewusste Verzögerungstaktiken oder durch offensichtlich erkennbare Fahrlässigkeit missbraucht hat (18/07/2013, C-621/11 P, Fishbone, EU:C:2013:484, § 36).

Zudem ist das Amt bei Ausübung seines Ermessens gemäß Artikel 76 Absatz 2 UMV nicht dazu verpflichtet, jede der vorgenannten Kriterien zu bewerten. Bereits einer dieser Punkte ist ausreichend um festzustellen, dass die verspäteten Beweismittel nicht berücksichtigt werden können.

Das Amt kommt zu dem Ergebnis, dass die Widersprechende innerhalb der Frist relevante Beweismittel eingereicht hat, so dass die verspätet vorgelegten Beweismittel als ergänzend angesehen werden können.

Bei den verspätet eingereichten Beweismitteln handelt es sich jedoch lediglich um einen Warenkatalog aus dem Jahr 2012. Diese Unterlagen sind nicht von Relevanz für das Ergebnis des Verfahrens, und nichts deutet darauf hin, dass sie nicht innerhalb der Frist eingereicht hätten werden können.

Aus den vorgenannten Gründen und in Ausübung des ihm gemäß Artikel 76 Absatz 2 UMV zustehenden Ermessens, entscheidet das Amt, seiner Entscheidung lediglich die Beweismittel zugrunde zu legen, die innerhalb der Frist eingereicht wurden.

Allerdings hat die Widersprechende bereits am 29/07/2016, also vor dem Antrag der Anmelderin auf Erbringung des Benutzungsnachweises, einige Unterlagen vorgelegt, die als Benutzungsnachweis zu berücksichtigen sind.

Daher sind die in Betracht zu ziehenden Beweismittel entsprechend die folgenden:

  • Warenkatalog der Widersprechenden, undatiert. Gemäß den Angaben der Widersprechenden handelt es sich um ein aktuelles Exemplar. Auf Seiten 46 und 47 finden sich Informationen zu einem unter der Marke „Castello“ angebotenen Fenstersystem.
  • Auszüge aus der Website der WERU Group, undatiert. Zu sehen sind unter der Marke „Castello“ angebotene Fenster, eine Beschlagsübersicht für Balkontüren, u.a. mit für „CASTELLO“-Balkontüren geeigneten Beschlägen, Türschlösser und eine Übersicht der passenden Türen, Einbruchschutz für Fenster sowie ein Hinweis auf die ebenfalls angebotene Montage von Fenstern und einen After-Sales-Service.  

Alle von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen sind undatiert. Laut der Widersprechenden handelt es sich um einen „aktuellen Warenkatalog“, was allenfalls darauf schließen lässt, dass er sich auf das Jahr 2016 bezieht, da er in diesem Jahr eingereicht wurde.

Der von der Widersprechenden eingereichte Benutzungsnachweis enthält weder Angaben zur Zeit der Benutzung noch über das Handelsvolumen sowie die Dauer und Häufigkeit der Benutzung der Marke. Es lassen sich mithin keinerlei Schlüsse betreffend den Umfang der Benutzung der älteren Marke innerhalb des maßgeblichen Zeitraums ziehen.

Der Gerichtshof hat befunden, dass eine „ernsthafte Benutzung“ einer Marke vorliegt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Darüber hinaus wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Unionsmarke verlangt, dass die Marke, so wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (11/03/2003, C-40/01, Minimax, EU:C:2003:145, sowie 12/03/2003, T-174/01, Silk Cocoon, EU:T:2003:68).

Die Widerspruchsabteilung kommt zu dem Schluss, dass der von der Widersprechenden eingereichte Nachweis nicht für einen Beleg der ernsthaften Benutzung der älteren Marke in dem entsprechenden Gebiet während des relevanten Zeitraums ausreicht.

Daraus folgt, dass der Widerspruch gemäß Artikel 42 Absätze 2 und 3 UMV und Regel 22 Absatz 2 UMDV zurückgewiesen werden muss.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Robert MULAC

Natascha GALPERIN

Plamen IVANOV

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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