LL. | Decision 2678749

Widerspruch Nr. B 2 678 749

 

Rudolf Böckenholt GmbH & Co. KG, Raiffeisentr. 5, 48346 Ostbevern, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Ostriga Sonnet Wirths & Vorwerk, Friedrich-Engels-Allee 430-432, 42283 Wuppertal, Deutschland (zugelassener Vertreter)

 

g e g e n

 

Leon Löwentraut, Erftstraße 11, 41564 Kaarst, Deutschland (Anmelder), vertreten durch Terhaag & Partner Rechtsanwälte, Graf-Adolf-Str. 70, 40210 Düsseldorf, Deutschland (zugelassener Vertreter).

 

Am 03/05/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

 

 

ENTSCHEIDUNG:

 

1.        Der Widerspruch Nr. B 2 678 749 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

 

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.

 

 

BEGRÜNDUNG:

 

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 950 687 ein, und zwar gegen alle Waren der Klasse 25. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarke Nr. 14 322 507. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a und b UMV.

 

 

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

 

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

 

 

  1. Die Waren

 

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:

 

Klasse 25:        Hosenträger, Gürtel.

 

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:

 

Klasse 25:        Bekleidungsstücke

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

 

Die angefochtenen Bekleidungsstücke enthalten als weiter gefasste Kategorie die Hosenträger und Gürtel der Widersprechenden. Da die Widerspruchsabteilung die weit gefasste Kategorie der Waren nicht von Amts wegen aufgliedern kann, gelten sie als identisch zu den Waren der Widersprechenden.

 

Die angefochtenen Kopfbedeckungen und Schuhwaren dienen nicht nur dem Schutz des Körpers vor Witterungseinflüssen, sondern stellen auch Modeartikel dar. Dasselbe gilt für Hosenträger und Gürtel. Neben ihrer spezifischen technischen Funktion werden sie als ergänzendes Accessoire wegen ihrer ästhetischen Merkmale gewählt. Auch ihre Vertriebswege sind bisweilen identisch, und die Einzelhandelsgeschäfte oder Kaufhausabteilungen, in denen sie angeboten werden, sind oft dieselben oder sind zumindest eng miteinander verbunden. Folglich sind die Waren ähnlich.

 

 

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

 

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

 

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch oder ähnlich befundenen Waren an das breite Publikum. Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich.

 

 

  1. Die Zeichen

 

 

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Ältere Marke

 

Angefochtene Marke

 

 

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

 

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

 

Beide Zeichen sind Bildmarken. Die ältere Marke besteht aus zwei ineinander gesetzten Bildelementen (Winkeln), die durch eine weiße Linie voneinander getrennt sind. Die Bildelemente können auch als zwei Großbuchstaben „L“ gesehen werden. Die Buchstaben sind in einer üblichen fettgedruckten Schreibweise in Schwarz bzw. Bordeauxrot dargestellt. Dabei ist das zweite „L“ etwas kleiner gehalten und in den Winkel des ersten „L“ hineingesetzt. Nichtsdestotrotz kann man in der Komposition der älteren Marke nicht von irgendeinem deutlich dominierenden Element sprechen. Die ältere Marke weist keine Elemente auf, die als eindeutig kennzeichnungskräftiger als andere Elemente erachtet werden können.

 

Die angefochtene Marke besteht aus einem stilisierten Bildelement und einem Punkt. Das Bildelement kann auch als eine Ausgestaltung gesehen werden, die aus zwei hochstilisierten, hintereinander per Hand geschriebenen Großbuchstaben „L“ besteht, wobei beide Großbuchstaben im Schriftbild ineinander übergehen. Der Punkt wirkt auch leicht verzerrt aufgetupft, wie mit Hand geschrieben. Auch hier unterscheiden sich die zwei Buchstaben in ihrer Größe. Allerdings kann man auch in diesem Fall keinen der beiden Buchstaben als ein deutlich dominierendes Element beurteilen.

 

Was den Punkt betrifft, so ist er offensichtlich viel kleiner als das Bildelement, und irgendwelche Kennzeichnungskraft kann ihm schwerlich beigemessen werden. Es ist trotzdem festzustellen, dass das Satzzeichen gut wahrnehmbar ist. Der Punkt ist mit einigem Abstand zu den beiden Buchstaben gesetzt und fällt dem Betrachter sofort ins Auge.

 

Bildlich weisen die sich gegenüberstehenden Zeichen auffällige grafische Besonderheiten auf. Die Ausrichtung der Buchstaben ist unterschiedlich. Bei der angefochtenen Marke gehen die Buchstaben wie geschwungen ineinander über, ein Anfang und Ende ist nicht auszumachen und es gibt keine Unterbrechung in der Linienführung. Die Bildelemente der älteren Marke sind deutlich als zwei getrennte Elemente aufzunehmen. Als Ganzes wirkt die Widerspruchsmarke wie ein massiver Block. Das Zeichen des Anmelders hingegen wirkt leicht und verspielt. Die Marken unterscheiden sich auch farblich. Die zweifarbige Darstellung der älteren Marke ist ein wesentliches Merkmal, das ihr eine gewisse Prägung gibt, die keine entsprechende Übereinstimmung in der angefochtenen Marke findet. Die angefochtene Marke ist bildlich zudem durch einen Punkt geprägt, auch wenn die Kennzeichnungskraft dieses Elements als solches minimal ist.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass die Zeichen bildlich ganz unterschiedlich dargestellt sind und nur in einem für den Vergleich in dieser Hinsicht irrelevanten Aspekt übereinstimmen, und ebenso, dass sie aus zwei identischen Buchstaben des Alphabets zusammengesetzt sind (oder gesehen werden können), wird festgestellt, dass die Zeichen in visueller Hinsicht nicht ähnlich sind.

 

In klanglicher Hinsicht, falls die Zeichen nicht als reine Bildzeichen gesehen werden, sondern als aus zwei Buchstaben „L“ zusammengesetzt, werden sie identisch gemäß der Aussprachregel jeder der einzelnen relevanten Sprachen, z. B. /EL-EL/ in Deutsch und English, /ELE-ELE/ in Spanisch usw. ausgesprochen.

 

In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.

 

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

 

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

 

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

 

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

 

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

 

 

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

 

Die sich gegenüberstehenden Waren sind teilweise identisch und teilweise ähnlich. Der Aufmerksamkeitsgrad ist durchschnittlich. Die Zeichen sind bildlich unähnlich. In klanglicher Sicht können sie identisch sein, wenn beide als die Buchstaben „LL“ wahrgenommen bzw. ausgesprochen werden. Der begriffliche Aspekt beeinflusst die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist normal.

 

Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass bei der Beurteilung, welches Gewicht dem Grad der Ähnlichkeit der Zeichen im Bild, im Klang und in der Bedeutung beizumessen ist, die Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen und die Bedingungen, unter denen sie vertrieben werden, zu berücksichtigen sind (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 27).

 

In Bekleidungsgeschäften können die Kunden im Allgemeinen die Bekleidung, die sie kaufen wollen, selbst auswählen oder werden dabei vom Verkaufspersonal unterstützt. Mündliche Bezugnahmen auf das Produkt und die Marke sind zwar nicht ausgeschlossen, die Wahl des Kleidungsstücks erfolgt aber im Allgemeinen visuell. Daher findet die visuelle Wahrnehmung der betroffenen Marken im Allgemeinen vor dem Kauf statt. Dementsprechend spielt der visuelle Aspekt bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine größere Rolle (06/10/2004, verbundene Rechtssachen T-117/03 bis T-119/03 und T-171/03, „NLSPORT“, § 50). Daher sind die durch die zusätzlichen/unterschiedlichen Wort-/Bildelemente der Zeichen verursachten beträchtlichen visuellen Unterschiede zwischen den Zeichen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die zwischen den Marken besteht, besonders relevant.

 

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte, insbesondere der bildlichen Unähnlichkeit zwischen den Zeichen, besteht seitens der Öffentlichkeit keine Verwechslungsgefahr. Daher muss der Widerspruch zurückgewiesen werden.

 

Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass der Widerspruch, insoweit er auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a UMV basiert, ebenfalls zurückgewiesen werden muss, da die Zeichen offenkundig nicht identisch sind.

 

 

KOSTEN

 

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

 

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle dem Anmelder in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

 

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV bestehen die dem Anmelder zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

 

 

 

 

Die Widerspruchsabteilung

 

 

Michal KRUK

 

Plamen IVANOV Judit NÉMETH

 

 

 

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

 

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nr. 33 UMV) entrichtet worden ist.

 

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