WIDERSPRUCH Nr. B 2 200 379
Lidl Stiftung & Co. KG, Stiftsbergstraße 1, 74172 Neckarsulm, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Weickmann & Weickmann Patentanwälte – Rechtsanwälte PartmbB, Richard-Strauss Str. 80, 81679 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)
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wageswiese GmbH, Kartäuserstraße 60, 79102 Freiburg, Deutschland (Anmelderin), vertreten durch Kurz Pfitzer Wolf& Partner Rechtsanwälte mbB, Königstr. 40, 70173 Stuttgart, Deutschland (zugelassener Vertreter).
Am 27.07.2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Der Widerspruch Nr. B 2 200 379 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.
2. Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 11 420 809 ein, und zwar gegen einige der Waren der Klassen 29 und 30. Der Widerspruch beruht auf den irischen Markeneintragungen Nr. 231 307 und Nr. 239 087. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die irische Markeneintragung Nr. 231 307 der Widersprechenden.
- Die Waren
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:
Klasse 29: Fertiggerichte enthalten in Klasse 29; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Obst- und Gemüsekonserven, insbesondere Sauerkonserven.
Klasse 30: Fertiggerichte enthalten in Klasse 30; Saucen (Würzmittel); Gewürze.
Der Widerspruch richtet sich nach Einschränkungen des Warenverzeichnisses durch die Anmelderin vom 06/02/2015 und 25/02/2015 nunmehr gegen die folgenden Waren:
Klasse 29: Algenextrakte für Nahrungszwecke; Alginate für Nahrungszwecke; Apfelmus; Brotaufstrich [fetthaltig]; Datteln; Essiggurken [Cornichons]; Früchte [gekocht]; Früchte in Alkohol; Früchte [tiefgekühlt]; Früchtescheiben; Fruchtgelees; Fruchtmark; Fruchtsalat; Fruchtsnacks; Gelees für Speisezwecke; Gemüse [gekocht]; Gemüse [getrocknet]; Gemüse [konserviert]; Gemüsekonserven [Dosen]; Gemüsesalat; Gerösteter Seetang; kandierte Früchte; Kartoffelchips; Kartoffelpuffer; Kichererbsenpaste [Hummus]; Kokosnüsse [getrocknet]; Konfitüren; Kroketten; Lebensmittel aus fermentiertem Gemüse [Kimchi]; Linsen; Mandeln [verarbeitet]; Marmeladen; Nüsse [verarbeitet]; Obst [gekocht]; Obst [konserviert]; Obst [tiefgekühlt]; Obstkonserven; Obstsalat; Öle für Speisezwecke; Oliven [konserviert]; Pflanzensäfte für die Küche; Pickles; Pilze [konserviert]; Preiselbeersauce [Kompott]; Rahm [Sahne]; Rosinen; Sauerkraut; Schlagsahne; Sesamsamenpaste [Tahini]; Snacks (Frucht–); Sojabohnen [konserviert] für Speisezwecke; Speiseöle; Suppen; Suppenpräparate; Tomatenpüree; Tomatensaft für die Küche; Trüffel [konserviert].
Klasse 30: Chutneys [Würzmittel]; Frühlingsrollen; Gewürze; Gewürzmischungen; Halwah; Kapern; Ketchup [Sauce]; Kochsalz; Kräuter (Küchen–), konserviert [Gewürz]; Kurkuma für Nahrungszwecke; Mayonnaise; Milchbrei für Nahrungszwecke; Muskatnüsse; Nudeln; Pasteten [Backwaren]; Pasteten im Teigmantel; Pfeffer; Pfefferminz für Konfekt; Pizzas; Pudding; Quiches; Salatsaucen; Sandwiches; Senf; Senfmehl; Sojabohnenpaste [Würzmittel]; Sojasoße; Soßen [Würzen]; Sushi; Taboulé; Tacos; Tomatensauce; Tortillas; Würzmittel; Würzzubereitungen für Nahrungsmittel.
Einige der angefochtenen Waren sind mit den Waren identisch, auf denen der Widerspruch beruht. Aus Gründen der Verfahrensökonomie nimmt die Widerspruchsabteilung keinen vollständigen Vergleich der oben aufgeführten Waren vor. Die Prüfung des Widerspruchs erfolgt, als ob alle angefochtenen Waren zu denjenigen der älteren Marke identisch sind.
- Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch angenommenen Waren an das breite Publikum. Es wird ein durchschnittlicher bis geringer Aufmerksamkeitsgrad zugrunde gelegt, weil es sich teilweise um billige Konsumgüter des täglichen Bedarfs handelt.
- Die Zeichen
BATTS
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matts
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Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist Irland.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C–251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Beide Marken sind Wortmarken, die aus fünf Buchstaben bestehen: „BATTS“ die ältere Marke und „matts“ die angefochtene Marke. Im Falle von Wortmarken ist das Wort an sich geschützt und nicht seine jeweilige Schreibweise. Mithin ist die Benutzung von Groß- oder Kleinbuchstaben unerheblich.
Beide Marken weisen keine Elemente auf, die als eindeutig kennzeichnungskräftiger oder dominanter (stärker visuell ins Auge springend) als andere Elemente erachtet werden können.
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „*ATTS“ überein und unterscheiden sich aufgrund ihrer jeweiligen Anfangsbuchstaben „B“ der älteren Marke bzw. „M“ in der angefochtenen Marke.
Da die Zeichen insbesondere an ihren in der Regel stärker beachteten Anfängen unterschiedlich sind und insgesamt einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorrufen, sind die Zeichen bildlich kaum ähnlich.
In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben „*ATS“ in den beiden Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich im Klang der Anfangsbuchstaben „B“ des älteren Zeichens, dem der Buchstabe „M“ der angefochtenen Marke entgegensteht.
Die Zeichen sind klanglich daher nur gering ähnlich.
Die ältere Marke „Batts“ wird vom englischsprachigen Publikum begrifflich mit der Pluralform des Substantivs „bat“, zu Deutsch Fledermaus bzw. im vorliegenden Fall Fledermäuse semantisch assoziiert. Daran ändert auch nicht der Umstand, dass die ältere Marke „Batts“ fälschlicherweise mit zwei „T“s geschrieben ist. Demgegenüber wird die angefochtene Marke „Matts“ als Plural des Wortes „mat“ semantisch erfasst und entsprechend als „Matte“ bzw. Matten verstanden, obwohl auch dieses Wort in der korrekten Schreibweise mit nur einem „T“ geschrieben wird. Die unkorrekte Schreibweise der Wörter „Batts“ und „Matts“, die in klanglicher Hinsicht bei Benennung der Marken nicht bemerkt wird, ändert nichts daran, dass der relevante englischsprachige Verkehr die jeweiligen Markenbezeichnungen in der dargelegten Weise begrifflich auffassen wird. Da die Zeichen unähnlich wahrgenommen werden, sind sie begrifflich nicht ähnlich.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.
- Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Der Vergleich der einander gegenüberstehenden Waren erfolgte aufgrund der Annahme, dass alle angefochtenen Waren mit denen identisch sind, die durch die ältere Marke erfasst werden.
Die sich gegenüber stehenden Zeichen sind schriftbildlich und klanglich kaum ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist normal, und der Aufmerksamkeitsgrad gilt als gering bis durchschnittlich.
Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (siehe Urteil vom 22. Juni 1999, C-342/97, „Lloyd Schuhfabrik“, Randnr. 25). Dabei ist zu beachten, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (siehe Urteil vom 11. November 1997, C-251/95, „Sabèl“, Randnr. 23).
Die sich gegenüberstehenden Zeichen stimmen zwar in vier von insgesamt fünf Buchstaben überein; sie unterscheiden sich aber im Übrigen. Die Zeichen unterscheiden sich deutlich in ihren jeweiligen Anfängen „B“ (ältere Marke) bzw. „M“ (angefochtene Marke). Daraus ergibt sich, dass die Zeichen insbesondere an ihren in der Regel stärker beachteten Anfängen deutlich unterschiedlich sind. Zudem führen die Abweichungen zu Unterschieden auf der Ebene des Sinngehaltes: das maßgebliche Publikum wird die Zeichen begrifflich deutlich voneinander unterscheiden können, da beiden Zeichen, wie beim Zeichenvergleich unter c) ausführlich dargelegt, trotz der fehlerhaften Schreibweise ein eindeutiger Bedeutungsgehalt zugewiesen wird.
Die aufgeführten Abweichungen führen daher dazu, dass die Zeichen visuell, klanglich und insbesondere in semantischer Hinsicht insgesamt einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorrufen und folglich auch einen ausreichenden markenrechtlichen Abstand bewirken.
Aus den vorgenannten Gründen sind die Unterschiede zwischen den Zeichen ausreichend, um das Anmeldezeichen nicht mit der Widerspruchsmarke zu verwechseln oder gedanklich in Verbindung zu bringen.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte, und selbst unter der Annahme, dass die Waren identisch wären, besteht seitens der Öffentlichkeit keine Verwechslungsgefahr. Daher muss der Widerspruch zurückgewiesen werden.
Da der Widerspruch gemäß Artikel 8 Absatz 1 UMV nicht begründet ist, muss der von der Widersprechenden vorgelegte Benutzungsnachweis nicht untersucht werden.
Die Widersprechende hat ihren Widerspruch auch auf die folgenden älteren Marken gestützt:
- Irische Markenregistrierung Nr. 239 087 für die Bild-Marke .
Dieses andere ältere Recht, das von der Widersprechenden geltend gemacht wurde, ist der angefochtenen Marke sogar noch unähnlicher. Der Grund dafür ist, dass das Wortelement „Batts“ in farblicher und graphischer Ausgestaltung dargestellt ist und in einem farblichen etikettförmigen Gebilde eingebettet ist, in dem noch weitere Bildelemente, wie beispielsweise eine Sonne, enthalten sind. Die Unterschiede zur Wortmarke „matts“ sind sehr viel größer als bei der untersuchten älteren Wortmarke „BATTS“. Darüber hinaus umfassen sie dieselben Waren. Deshalb kann das Ergebnis hinsichtlich der Waren, für die der Widerspruch bereits zurückgewiesen wurde, nicht anders sein; es besteht hinsichtlich dieser Waren keine Verwechslungsgefahr.
KOSTEN
Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Lars HELBERT
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Sigrid DICKMANNS |
Martin EBERL
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Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.