PUHLER | Decision 2710658

WIDERSPRUCH Nr. B 2 710 658

Netzsch-Feinmahltechnik GmbH, Sedanstr. 70, 95100 Selb, Deutschland,  (Widersprechende), vertreten durch Wuesthoff & Wuesthoff Patentanwälte PartG mbB, Schweigerstr. 2, 81541 München, Deutschland (zugelassene Vertreter)

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Yumei Xie, No.16, Group1, Zhujiaqi Village, Nianyuxu Town, Huarong County, Yueyang City, Hunan Province, Volksrepublik China, (Anmelderin), vertreten durch Yu Lin, Kleine Johannisstr. 6, 20457 Hamburg, Deutschland, (zugelassener Vertreter).

Am 13/04/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 710 658 wird teilweise stattgegeben, und zwar für die folgenden angefochtenen Waren und Dienstleistungen:

Klasse 1: Chemische Substanzen, chemische Materialien und chemische Präparate sowie natürliche Elemente.

Klasse 37: Bau-, Montage- und Abbrucharbeiten; Gebäudeinstandhaltung und –reparatur.

Klasse 40: Lebensmittel- und Getränkebearbeitung.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 106 917 wird für alle obigen Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen. Sie kann für die restlichen Waren und Dienstleistungen weitergeführt werden.

3.        Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren und Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 106 917  ein, und zwar gegen alle Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 9, 37 und 40. Der Widerspruch beruht auf der internationalen Markenregistrierung Nr. 1 257 007  mit Schutzerstreckung auf die Europäische Union. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe  b UMV.

VORBEMERKUNG

Die ursprünglich ebenfalls als Grundlage des Widerspruchs geltend gemachte ältere deutsche Marke Nr. 302 014 006 252 wurde mit Schreiben der Widersprechenden vom 23/08/2016 zurückgenommen.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren und Dienstleistungen

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen:

Klasse 7:         Industriemischer; Mixer (Maschinen); Dispergiermaschinen und Mühlen; Maschinen zum Mischen; Maschinen und daraus bestehende Anlagen zum Herstellen von Lebensmittel; Maschinen, nämlich Maschinen für die chemische, kosmetische und pharmazeutische Industrie sowie für die Nahrungsmittelindustrie und deren Teile sowie Teile der vorgenannten Waren; Rühr- und Homogenisiermaschinen.

Klasse 25:         Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten.

Klasse 42:         Beratungsdienste bezüglich Bauplanung; Beratungsdienste bezüglich Konstruktionstechnik; technische Beratungsdienstleistungen im Bauingenieurwesen; Dienstleistungen eines Ingenieurs.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren und Dienstleistungen:

Klasse 1:         Chemische Erzeugnisse und Materialien für Filme, die Fotografie und den Druck; Chemische Substanzen, chemische Materialien und chemische Präparate sowie natürliche Elemente; Detergentien für Herstellungsverfahren und für industrielle Zwecke; Düngemittel und chemische Erzeugnisse für die Land- und Forstwirtschaft sowie für den Gartenbau; Filtermaterialien aus chemischen und nicht chemischen Substanzen, soweit in dieser Klasse enthalten; Kitte, Füllstoffe und Leime für industrielle Zwecke; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Salze für industrielle Zwecke; Stärke für Herstellungsverfahren und für industrielle Zwecke; Unverarbeitete und künstliche Harze. 

Klasse 9:         Apparate, Instrumente und Kabel für Elektrizität; Apparate für wissenschaftliche Forschung und Labor, Unterrichtsapparate und Simulatoren; Aufgezeichnete Daten; Geräte für physikalische Reaktionen mittels Elektrizität; Informationstechnologische und audiovisuelle Geräte; Magnete, Magnetisierungs- und Entmagnetisierungsvorrichtungen; Mess-, Erkennungs- und Überwachungsinstrumente, -vorrichtungen sowie -regler; Navigations-, Orientierungs-, Standortverfolgungs-, Zielverfolgungs- und Kartierungsgeräte; Optische Geräte und Ausrüstung, Verstärkungsgeräte und Korrektoren; Sicherungs-, Sicherheits-, Schutz- und Signalgeräte sowie -ausrüstung; Tauchausrüstung.  

Klasse 37:         Bau-, Montage- und Abbrucharbeiten; Schädlingsbekämpfung und -vernichtung [ausgenommen für land-, garten und forstwirtschaftliche Zwecke] sowie Desinfektion; Vermietung von Werkzeugen, Baumaschinen und Geräten für Bau- und Abbrucharbeiten; Fahrzeugservice, -reparatur, -wartung und -betankung; Gebäudeinstandhaltung und -reparatur; Installation, Wartung und Reparatur im Sanitärbereich; Installation, Wartung und Reparatur von Alarmanlagen, Schließanlagen und Tresoren; Installation, Wartung und Reparatur von Aufzügen; Installation, Wartung und Reparatur von Computer-Hardware und Telekommunikationsgeräten; Installation, Wartung und Reparatur von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen; Möbelwartung und -reparatur; Nach- und Wiederbefüllen von Tonerkartuschen; Reinigung und Pflege von Webstoffen, Textilien, Leder, Pelzen sowie Waren daraus; Reparatur von Uhren; Verglasung sowie Installation, Wartung und Reparatur von Glas, Fenstern, Fensterläden und Rollos; Vermietung von Reinigungs- und Waschmaschinen sowie zugehöriger Ausrüstung; Wartung und Reparatur von Reifen.

 

Klasse 40:         Druckarbeiten und fotografische sowie kinematografische Entwicklung; Erzeugung von Energie; Kundenspezifische Fabrikations- und Anfertigungsdienstleistungen; Lebensmittel- und Getränkebearbeitung; Luft- und Wasserbehandlung sowie -reinigung; Schlachten; Vervielfältigung von Audio- und Videoaufzeichnungen; Recycling und Müllbearbeitung; Textil-, Leder und Fellbearbeitung; Abbeizen.

Eine Auslegung des Wortlautes des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren und Dienstleistungen zu bestimmen.

Das Wort „nämlich“, welches im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Widersprechenden benutzt wird, um die Beziehung der konkreten Waren zur weiter gefassten Kategorie aufzuzeigen, wirkt ausschließend und beschränkt den Umfang der Eintragung auf die konkret angegebenen Waren.

Einleitend ist festzustellen, dass nach Artikel 28 Absatz 7 EUMDV Waren und Dienstleistungen nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Angefochtene Waren in Klasse 1

Bei den angefochtenen Waren chemische Substanzen, chemische Materialien und chemische Präparate sowie natürliche Elemente handelt es sich im Wesentlichen entweder um chemische Substanzen in Reinform oder chemische Verbindungen, die durch chemische Prozesse gewonnen werden. Diese Materialen können in den  Maschinen, nämlich Maschinen für die chemische, kosmetische und pharmazeutische Industrie sowie für die Nahrungsmittelindustrie und deren Teile sowie Teile der vorgenannten Waren des älteren Zeichens eingesetzt und/oder weiterverarbeitet werden. Daher ergänzen sich diese Waren. Ferner können sie vom denselben relevanten Verbrauchern erworben werden und auch identische Vertriebskanäle haben. Deshalb sind sich diese Waren zumindest zu einem geringen Grad ähnlich. 

Bei den weiteren angefochtenen Waren, nämlich chemische Erzeugnisse und Materialien für Filme, die Fotografie und den Druck; Detergentien für Herstellungsverfahren und für industrielle Zwecke; Düngemittel und chemische Erzeugnisse für die Land- und Forstwirtschaft sowie für den Gartenbau; Filtermaterialien aus chemischen und nicht chemischen Substanzen, soweit in dieser Klasse enthalten; Kitte, Füllstoffe und Leime für industrielle Zwecke; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Salze für industrielle Zwecke; Stärke für Herstellungsverfahren und für industrielle Zwecke; unverarbeitete und künstliche Harze handelt es sich im Wesentlichen um chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke. Diese Waren unterscheiden sich hinlänglich von den Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden, die entweder Maschinen und Maschinenanlagen sind (Klasse 7), Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren (Klasse 25) oder technologische Beratungsdienstleistungen und Ingenieursdienstleistungen (Klasse 42). Die in Rede stehenden Waren bzw. Dienstleistungen sind unterschiedlicher Art und dienen unterschiedlichen Verwendungszwecken. Sie werden üblicherweise von unterschiedlichen Erzeugern/Erbringern angeboten, haben unterschiedliche Vertriebskanäle und richten sich an unterschiedliche Verkehrskreise. Sie stehen auch nicht in Konkurrenz zueinander. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ergänzen sie sich auch nicht, denn Waren (oder Dienstleistungen) sind komplementär, wenn zwischen ihnen eine enge Beziehung dahin gehend besteht, dass die eine für die Verwendung der anderen in einer Weise unerlässlich (wesentlich) oder wichtig (erheblich) ist, die bei Verbrauchern den Eindruck erweckt, dass die Herstellung dieser Waren bzw. die Erbringung dieser Dienstleistungen durch dasselbe Unternehmen erfolgt (siehe in diesem Sinne Urteile vom 11/05/2011, T-74/10, Flaco, EU:T:2011:207, § 40; vom 21/11/2012, T-558/11, Artis, EU:T:2012:615, § 25; und vom 04/02/2013, T-504/11, Dignitude, EU:T:2013:57, § 44). Dies ist hier aber gerade nicht der Fall, denn die betreffenden chemischen Substanzen werden gerade nicht direkt in den Maschinen oder Maschinenanlagen der Widersprechenden verwendet, sondern dienen anderen gewerblichen Verwendungszwecken.

Diese angefochtenen Waren sind mithin unähnlich zu den älteren Waren und Dienstleistungen.

Angefochtene Waren in Klasse 9

Bei den angefochtenen Waren Apparate, Instrumente und Kabel für Elektrizität; Apparate für wissenschaftliche Forschung und Labor, Unterrichtsapparate und Simulatoren; aufgezeichnete Daten; Geräte für physikalische Reaktionen mittels Elektrizität; Informationstechnologische und audiovisuelle Geräte; Magnete, Magnetisierungs- und Entmagnetisierungsvorrichtungen; Mess-, Erkennungs- und Überwachungsinstrumente, -vorrichtungen sowie -regler; Navigations-, Orientierungs-, Standortverfolgungs-, Zielverfolgungs- und Kartierungsgeräte; optische Geräte und Ausrüstung, Verstärkungsgeräte und Korrektoren; Sicherungs-, Sicherheits-, Schutz- und Signalgeräte sowie -ausrüstung; Tauchausrüstung  handelt es sich im Wesentlichen um Apparate und Instrumente für die wissenschaftliche Forschung in Laboratorien; zum Messen und zur Übermittlung von Befehlen; um Magnete sowie Navigationsgeräte und optische Geräte und Ausrüstung, Verstärkungsgeräte und Korrektoren; Sicherungs-, Sicherheits-, Schutz- und Signalgeräte sowie -ausrüstung; Tauchausrüstung.  Diese Waren unterscheiden sich hinlänglich von den Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden, die entweder Maschinen und Maschinenanlagen und deren Teile sind (Klasse 7), Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren (Klasse 25) oder technologische Beratungsdienstleistungen und Ingenieursdienstleistungen (Klasse 42). Die in Rede stehenden Waren haben grundsätzlich keine Verbindungspunkte mit den älteren Waren und Dienstleistungen, sind unterschiedlicher Art und dienen unterschiedlichen Verwendungszwecken. Sie werden üblicherweise von unterschiedlichen Erzeugern/Erbringern angeboten (Maschinenbauer fertigen üblicherweise nicht Versuchsapparate für wissenschaftliche Labore), haben unterschiedliche Vertriebskanäle und richten sich an unterschiedliche Verkehrskreise. Sie stehen auch nicht in Konkurrenz miteinander. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden sind sie daher nicht identisch oder ähnlich, sondern unähnlich.

Falls gelegentlich die Hersteller dieselben sein können, so ist dies aber nicht die Regel. Und selbst wenn Apparate existieren, die für die wissenschaftliche Forschung und Labor und gleichzeitig für die Produktion in Kleinserien eingesetzt werden, so reicht die Übereinstimmung in einem Kriterium nicht aus, um eine Ähnlichkeit zwischen Apparate für wissenschaftliche Forschung und Labor, Unterrichtsapparate und Simulatoren; und Maschinen, nämlich Maschinen für die chemische, kosmetische und pharmazeutische Industrie sowie für die Nahrungsmittelindustrie und deren Teile sowie Teile der vorgenannten Waren zu begründen. Ebenso wenig stehen Mess-, Erkennungs- und Überwachungsinstrumente, -vorrichtungen sowie -regler in einem Konkurrenzverhältnis zu Dienstleistungen eines Ingenieurs.

Die angefochtenen Waren sind mithin unähnlich zu den älteren Waren und Dienstleistungen.

Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 37

Die angefochtenen Bau-, Montage- und Abbrucharbeiten; Gebäudeinstandhaltung und -reparatur sind den technischen Beratungsdienstleistungen im Bauingenieurwesen in Klasse 42 ähnlich. Diese Dienstleistungen können über dieselben Vertriebskanäle angeboten werden, sie betreffen dasselbe relevante Publikum und können ebenso von denselben Personen oder Unternehmen erbracht werden.

Die übrigen angefochtenen Dienstleistungen, nämlich Schädlingsbekämpfung und -vernichtung [ausgenommen für land-, garten und forstwirtschaftliche Zwecke] sowie Desinfektion; Vermietung von Werkzeugen, Baumaschinen und Geräten für Bau- und Abbrucharbeiten; Fahrzeugservice, -reparatur, -wartung und -betankung; Installation, Wartung und Reparatur im Sanitärbereich; Installation, Wartung und Reparatur von Alarmanlagen, Schließanlagen und Tresoren; Installation, Wartung und Reparatur von Aufzügen; Installation, Wartung und Reparatur von Computer-Hardware und Telekommunikationsgeräten; Installation, Wartung und Reparatur von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen; Möbelwartung und -reparatur; Nach- und Wiederbefüllen von Tonerkartuschen; Reinigung und Pflege von Webstoffen, Textilien, Leder, Pelzen sowie Waren daraus; Reparatur von Uhren; Verglasung sowie Installation, Wartung und Reparatur von Glas, Fenstern, Fensterläden und Rollos; Vermietung von Reinigungs- und Waschmaschinen sowie zugehöriger Ausrüstung; Wartung und Reparatur von Reifen unterscheiden sich hinlänglich von den Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden, die entweder Maschinen und Maschinenanlagen sind (Klasse 7), Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten (Klasse 25) oder Beratungsdienste bezüglich Bauplanung; Beratungsdienste bezüglich Konstruktionstechnik; technische Beratungsdienstleistungen im Bauingenieurwesen; Dienstleistungen eines Ingenieurs (Klasse 42).

Diese Dienstleistungen der Anmelderin haben keine Ähnlichkeit mit den Waren der Widersprechenden in den Klassen 7 und 25. Sie sind von ihrer Natur her unterschiedlich, da Dienstleistungen immaterieller Natur sind, während Waren materieller Art sind, sie dienen aber auch unterschiedlichen Bedürfnissen und Zwecken. Des Weiteren unterscheiden sich diese Dienstleistungen auch im Hinblick auf die Verwendungsmethode. Sie stehen weder miteinander im Wettbewerb noch ergänzen sie sich. Diese diversen Dienstleistungen der Anmelderin werden für gewöhnlich von spezialisierten Unternehmen in den jeweiligen  Branchen erbracht, zum Beispiel von Aufzugs-, Alarm- oder Heizungsfirmen, Glasmachern, Reifenfirmen etc. und werden daher von unterschiedlichen Erbringern angeboten, haben unterschiedliche Vertriebskanäle und richten sich an unterschiedliche Verkehrskreise. Insgesamt lässt sich also feststellen, dass die in Rede stehenden Dienstleistungen unterschiedlicher Art sind und unterschiedlichen Zwecken als die Waren des älteren Zeichens in Klasse 7 und 25  dienen.

Die angefochtenen Dienstleistungen stehen auch nicht in einem Konkurrenz- oder Ergänzungsverhältnis zu den Dienstleistungen der Widersprechenden in Klasse 42. Sie werden von unterschiedlichen Erzeugern angeboten und teilen nicht dieselben Vertriebskanäle. Und selbst wenn einzelne Unternehmen existieren, die möglicherweise sowohl diese übrigen angefochtenen Dienstleistungen der Klasse 37 als auch der Klasse 42 anbieten, so reicht die Übereinstimmung in einem Kriterium nicht aus, um eine Ähnlichkeit zu begründen.

Diese angefochtenen Dienstleistungen sind mithin unähnlich zu den Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden.

Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 40

Die angefochtenen Lebensmittel- und Getränkebearbeitung sind den Waren Maschinen und daraus bestehende Anlagen zum Herstellen von Lebensmitteln in Klasse 7 geringfügig ähnlich, da die dasselbe relevante Publikum betreffen und auch dieselben Vertriebskanäle haben können. Ferner können sich diese Waren und Dienstleistungen ergänzen.

Die übrigen angefochtenen Dienstleistungen, nämlich Druckarbeiten und fotografische sowie kinematografische Entwicklung; Erzeugung von Energie; kundenspezifische Fabrikations- und Anfertigungsdienstleistungen; Luft- und Wasserbehandlung sowie -reinigung; Schlachten; Vervielfältigung von Audio- und Videoaufzeichnungen; Recycling und Müllbearbeitung; Textil-, Leder und Fellbearbeitung; Abbeizen unterscheiden sich hinlänglich von den Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden, die entweder Maschinen und Maschinenanlagen sind (Klasse 7), oder Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten (Klasse 25) oder Beratungsdienste bezüglich Bauplanung; Beratungsdienste bezüglich Konstruktionstechnik; technische Beratungsdienstleistungen im Bauingenieurwesen; Dienstleistungen eines Ingenieurs (Klasse 42).

Diese Dienstleistungen der Anmelderin haben keine Ähnlichkeit mit den Waren der Widersprechenden in den Klassen 7 und 25. Sie ist von ihrer Natur her unterschiedlich, da Dienstleistungen immaterieller Natur sind, während Waren materieller Art sind, sie dienen aber auch unterschiedlichen Bedürfnissen und Zwecken. Des Weiteren unterscheiden sich diese Waren und Dienstleistungen auch im Hinblick auf die Verwendungsmethode. Sie stehen weder miteinander im Wettbewerb noch ergänzen sie sich. Die weiteren diversen Dienstleistungen der Anmelderin werden für gewöhnlich von spezialisierten Unternehmen in den jeweiligen  Branchen erbracht, zum Beispiel von Druckereien, Kraftwerken, Müllverbrennungsanlagen etc.

Ebenso mangelt es an Ähnlichkeit hinsichtlich dieser Dienstleistungen und derjenigen des älteren Zeichens in Klasse 42. Die angefochtenen Dienstleistungen stehen auch nicht in einem Konkurrenz- oder Ergänzungsverhältnis zu den Dienstleistungen der Widersprechenden in Klasse 42. Sie werden von unterschiedlichen Erzeugern angeboten, teilen nicht dieselben Vertriebskanäle und richten sich an unterschiedliche Verkehrskreise.  .

Insgesamt lässt sich also feststellen, dass die in Rede stehenden Dienstleistungen unterschiedlicher Art sind und unterschiedlichen Zwecken dienen. Damit sind sie unähnlich zu den Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für ähnlich befundenen Waren und Dienstleistungen an Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen, z. B Ingenieure oder Maschinenbauer. Der Aufmerksamkeitsgrad kann durchschnittlich bis hoch sein, da z.B. der Umgang mit chemischen Substanzen komplex sein kann und eine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit verlangt.

  1. Die Zeichen

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Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur aufgrund der Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C-514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht. Aus Gründen der Verfahrensökonomie wird die Widerspruchsabteilung in der vorliegenden Sache beim Vergleich der Zeichen ihren Schwerpunkt auf den deutschsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise richten.

Die ältere Marke ist eine Bildmarke. Sie besteht aus einem schwarzen Rechteck, in dem mit doppelten, parallelen weißen Linien der Buchstabe P geschrieben steht. In der Rundung des P’s befindet sich ein ebenfalls weißer Punkt. Auch wenn es sich bei dem Zeichen um eine Bildmarke handelt, so ist es wahrscheinlich, dass sie von einem Teil des Publikums als P ausgesprochen wird.  

Das angefochtene Zeichen ist ebenfalls eine Bildmarke. Es besteht aus einem schwarzen Rechteck, in dem mit doppelten parallelen weißen Linien der Buchstabe P geschrieben steht. In der Rundung des P’s befindet sich ein ebenfalls weißer Punkt.  Auf der rechten Seite dieses Rechteckes sind abgesetzt von diesem und in kleinerer Schrifttype die schwarzen Großbuchstaben UHLER vor einem weißen Hintergrund zu sehen. Das Bildelement am Beginn des Zeichens ist identisch mit der älteren Marke. Auch hier gilt, dass das Bildelement am Anfang des Zeichens wahrscheinlich von einem Teil des Publikums als P ausgesprochen wird.  

Weder die ältere noch die jüngere Marke weisen Elemente auf, die als dominanter (stärker visuell ins Auge springend) als andere Elemente gelten könnten.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf  überein, das identisch in beiden Zeichen enthalten ist und das im angefochtenen Zeichens eine selbstständig kennzeichnende Stellung innehat. Sie unterscheiden sich in Bezug auf die Buchstaben „UHLER“, die keine Entsprechung in der älteren Marke haben.

Das ältere Zeichen ist vollständig und identisch in dem angefochtenen Zeichen enthalten, in dem es am Anfang platziert ist und durch seine Größe und graphische Gestaltung eine selbständige kennzeichnende Stellung innehat. Die zusätzlichen Buchstaben UHLER können diese Übereinstimmung nicht aushebeln, da das Wortelement eines Zeichens nicht automatisch eine stärkere Wirkung hat (Urteil vom 31/01/2013, T-54/12, Sport, EU:T:2013:50, § 40). Ferner sind die ersten Teile der in Konflikt stehenden Marken identisch. Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie im Allgemeinen dazu, sich auf das erste Element eines Zeichens zu konzentrieren. Gerechtfertigt wird dies durch die Tatsache, dass das Publikum von links nach rechts liest, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst lenkt.

Die Zeichen sind daher visuell durchschnittlich ähnlich.

In klanglicher Hinsicht, auch wenn es sich bei beiden Zeichen um Bildmarken handelt, ist nicht auszuschließen, dass die ältere Marke jedenfalls von einem Teil des Publikums als P ausgesprochen wird.  

Das angefochtene Zeichen enthält ebenfalls dieses P und die weiteren Buchstaben UHLER.

Für den Teil des Publikums, der das ältere Zeichen als P ausspricht, besteht eine gewisse klangliche Ähnlichkeit mit dem angefochtenen Zeichen, dessen Bildbestandteil dann ebenfalls als P ausgesprochen werden wird. Das angefochtene Zeichen kann dann im Übrigen entweder als P und UHLER oder als PUHLER ausgesprochen werden, wobei in beiden Fällen das P identisch zur älteren Marke ausgesprochen würde.

Für den Teil des Publikums, der das ältere Zeichen (und das entsprechende Element des angefochtenen Zeichens) als reine Bildmarke wahrnimmt, besteht keine klangliche Ähnlichkeit. Die Zeichen sind daher im ersteren Fall schwach ähnlich, ansonsten sind sie klanglich unähnlich.

Begrifflich wird ein Teil des Publikums im maßgeblichen Gebiet wahrscheinlich das ältere Zeichen als den Buchstaben P und in  der angefochtenen Marke ebenfalls als P und, hiervon getrennt, die Buchstaben „UHLER“, wahrnehmen.  Für diesen Teil des Publikums sind die Zeichen begrifflich durchschnittlich ähnlich, da dann beide das Konzept des Buchstabens P, als den 16. Buchstaben des Alphabets, beinhalten.

Ein Teil des Publikums mag die ältere Marke aber auch als  P und das angefochtene Zeichen als ein Wort, nämlich „PUHLER“, das z. B. ein Nachname sein könnte, wahrnehmen. In diesem Falle wären die Zeichen begrifflich nicht ähnlich, da die Zeichen unähnlich wahrgenommen werden. Dasselbe gilt für den Fall, dass die ältere Marke als reines  Bildzeichen aufgefasst wird und das angefochtene Zeichen entweder als Puhler oder Uhler verstanden würde.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt. Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).

Es ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr die infrage stehenden Kennzeichen in der Regel nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks gewinnt.

 

Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

Im vorliegenden Fall sind die Waren und Dienstleistungen teilweise ähnlich und teilweise unähnlich. Die ältere Marke ist identisch und vollständig am Beginn des angefochtenen Zeichens wiedergegeben, in dem sie eine selbstständig kennzeichnende Stellung innehat. Die Zeichen sind visuell durchschnittlich ähnlich und begrifflich zumindest für einen Teil des Publikums durchschnittlich ähnlich, sowie klanglich schwach ähnlich für einen Teil des Publikums.

Aufgrund dieser Umstände sowie der Tatsache, dass die jüngere Marke an ihrem Beginn die ältere Marke komplett und identisch enthält, und diese dort auch eine selbstständig kennzeichnende Rolle innehat, könnten die relevanten Verbraucher ohne weiteres denken, dass das jüngere Zeichen eine neue Produktlinie der Widersprechenden repräsentiert oder von einem lizensierten Unternehmen geführt wird. Daher kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass die bestehenden Unterschiede die Übereinstimmungen, selbst für Verbraucher mit erhöhtem Aufmerksamkeitsgrad, nicht neutralisieren können.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim deutsch-sprachigen Teil des Publikums Verwechslungsgefahr. Wie oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.

Aus dem Obigen folgt, dass die angefochtene Marke für die Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen werden muss, bezüglich derer festgestellt wurde, dass sie zu denen der älteren Marke ähnlich sind.

Die übrigen angefochtenen Waren und Dienstleistungen sind unähnlich. Da die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen eine notwendige Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 UMV ist, muss der Widerspruch, soweit er sich gegen diese Waren und Dienstleistungen richtet, auf der Grundlage dieses Artikels zurückgewiesen werden.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten. Gemäß Artikel 85 Absatz 2 UMV beschließt die Widerspruchsabteilung eine andere Kostenteilung, soweit die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterliegen oder soweit es die Billigkeit erfordert.

Da der Widerspruch nur für Teile der angefochtenen Waren und Dienstleistungen Erfolg hat, sind beide Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterlegen. Daher trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

Die Widerspruchsabteilung

Tobias KLEE

Karin KLÜPFEL

Julia SCHRADER

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

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