GUKI | Decision 2768938

WIDERSPRUCH Nr. B 2 768 938

Gollnest & Kiesel GmbH & Co. KG, Hauptstr. 13-16, 21514 Güster, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Uexküll & Stolberg Partnerschaft von Patent- und Rechtsanwälten mbB, Beselerstr. 4, 22607 Hamburg, Deutschland (zugelassene Vertreter)

g e g e n

Shenzhen Jin Kang Bao investing Co. Ltd, B3903 Shenfang Plaza, Renmin South Road, Luohu District, Shenzhen, Guangdong, Volksrepublik China  (Anmelderin), vertreten durch Rolim Mietzel Wohlnick & Calheiros LLP, Graf-Adolf-Straße 14, 40212 Düsseldorf, Deutschland (zugelassene Vertreter).

Am 28.09.2017ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 768 938 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben, und zwar 

Klasse 28:        Spiele; Teddybären; Brettspiele; Spielbälle; Bogenschießgeräte; Geräte für Körperübungen; Christbaumschmuck [ausgenommen Beleuchtungsgeräte und Zuckerwaren]; Bodybuilding-Geräte; Schienbeinschutz [Sportartikel]; Elektronisches Spielzeug; Elektronisches Lernspielzeug.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 507 651 wird für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen. Sie kann für die übrigen Waren weitergeführt werden.

3.        Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen ursprünglich alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 507 651 für die Bildmarke http://prodfnaefi:8071/FileNetImageFacade/viewimage?imageId=128075558&key=34c660cb0a8408034f25445ab4f1f075 ein, schränkte jedoch im Verlauf des Verfahrens die Reichweite des Widerspruchs auf einige Waren ein, nämlich gegen alle Waren der Klasse 28. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 4 213 708 der Wortmarke „Goki“. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert unter anderem auf den folgenden Waren:

Klasse 28:        Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck.

Der Widerspruch richtet sich (nach Einschränkung der Reichweite des Widerspruchs durch die Widersprechende am 23/01/2017) gegen die folgenden Waren:

Klasse 28:        Spiele; Teddybären; Brettspiele; Spielbälle; Bogenschießgeräte; Geräte für Körperübungen; Christbaumschmuck [ausgenommen Beleuchtungsgeräte und Zuckerwaren]; Bodybuilding-Geräte; Schienbeinschutz [Sportartikel]; Elektronisches Spielzeug; Elektronisches Lernspielzeug.

Spiele sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten.

Die angefochtenen Teddybären; Brettspiele; Spielbälle; Elektronisches Spielzeug; Elektronisches Lernspielzeug sind in der weiter gefassten Kategorie der Spiele, Spielzeug der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.

Der angefochtene Christbaumschmuck [ausgenommen Beleuchtungsgeräte und Zuckerwaren] ist in der weiter gefassten Kategorie des Christbaumschmucks der Widersprechenden enthalten. Deshalb ist er identisch.

Die angefochtenen Bogenschießgeräte; Geräte für Körperübungen; Bodybuilding-Geräte; Schienbeinschutz [Sportartikel] sind in der weiter gefassten Kategorie der Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren  an das breite Publikum.

Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich.

  1. Die Zeichen

Goki

http://prodfnaefi:8071/FileNetImageFacade/viewimage?imageId=128075558&key=34c660cb0a8408034f25445ab4f1f075

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.

Die Wortelemente beider Marken haben keine Bedeutung in bestimmten Gebieten, zum Beispiel in deutschsprachigen Ländern. Somit hält es die Widerspruchsabteilung für angemessen, den Vergleich der Zeichen auf den Teil des relevanten Publikums zu richten, der Deutsch spricht.

Die ältere Marke ist die Wortmarke „Goki“ und im Falle von Wortmarken ist das Wort als solches geschützt ungeachtet seiner Schreibweise. Daher sind Unterschiede in der Groß- und Kleinschreibung irrelevant.

Das angefochtene Zeichen ist eine Bildmarke, die aus einem schwarzweißen Bildelement in Form einer wehenden Flagge mit aufgedruckten chinesischen Schriftzeichen besteht und darunter dem Wortelement „GUKI“ in schwarzen fettgedruckten Standardbuchstaben. Es hat aus Sicht des relevanten Verkehrs keine Bedeutung in Hinblick auf die fraglichen Waren und ist damit kennzeichnungskräftig.

Das Wortelement „Goki“ der älteren Marke hat für das relevante Publikum keine Bedeutung und ist somit kennzeichnungskräftig.

Das angefochtene Zeichen weist keine Elemente auf, die als eindeutig kennzeichnungskräftiger als andere Elemente erachtet werden können.

Das angefochtene Zeichen weist kein Element auf, das als dominanter (stärker ins Auge springend) als andere Elemente gelten könnte.

Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37).

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Buchstaben „G*KI“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf den jeweils zweiten Buchstaben, nämlich „O“ in der älteren Marke bzw. „U“ in der angefochtenen Marke. Ferner unterscheiden sie sich in der grafischen Ausgestaltung und dem Bildelement des angefochten Zeichens. 

Die Zeichen sind daher durchschnittlich ähnlich.

In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben „G*KI“ in den beiden Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich zwar im Klang der jeweils zweiten Buchstaben, nämlich „O“ in der älteren Marke bzw. „U“ in der angefochtenen Marke. Beide sind jedoch als gerundete Hinterzungenvokale klanglich ähnlich. Darüber hinaus weisen die Elemente eine gleiche Silbenzahl und einen sehr ähnlichen Klangrhythmus auf. Das Bildelement und insbesondere die chinesischen Schriftzeichen haben keinerlei Auswirkung auf die Aussprache.

Die Zeichen sind daher stark ähnlich.

Begrifflich hat, obwohl das Publikum im relevanten Gebiet zumindest das Bildelement des strittigen Zeichens als Flagge wahrnehmen wird, wie oben erklärt, das andere Zeichen keine Bedeutung in diesem Gebiet. Da eines der Zeichen keine Bedeutung hat, sind die Zeichen begrifflich nicht ähnlich.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Die Waren sind identisch und die Zeichen in bildlicher Hinsicht durchschnittlich und in klanglicher Hinsicht sogar stark ähnlich.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, „dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).

Die ältere Marke ist eine Wortmarke und daher in allen Schreibweisen geschützt, ungeachtet der Schreibweise in Groß- oder Kleinschreibung. Das angefochtene Zeichen ist dagegen eine kombinierte Bildmarke mit Bild- und Wortbestandteil. Allerdings übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil, wie oben unter c) erwähnt. Dieser weist jedoch dieselbe Anzahl an Buchstaben wie die ältere Wortmarke auf und unterscheidet sich von dieser lediglich im zweiten Buchstaben. Die verbleibenden Buchstaben sind identisch und treten in derselben Reihenfolge auf.

Weiter gilt, dass „die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren impliziert, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17). Vorliegend gleicht die Identität der Waren jegliche Unterschiede zwischen den Zeichen aus.

Demzufolge reichen die Abstände zwischen den Marken nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder zumindest eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

Die Anmelderin hat es versäumt, zum Widerspruch Stellung zu nehmen, so dass etwaige Argumente nicht berücksichtigt werden konnten.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim deutschsprachigen Teil des Publikums Verwechslungsgefahr. Wie oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.

Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 4 213 708 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Tobias KLEE

Konstantinos MITROU

Sigrid DICKMANNS

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

Leave Comment