WIDERSPRUCH Nr. B 2 787 342
HARIBO GmbH & Co. KG, Hans-Riegel-Straße 1, 53129 Bonn, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Alexander Behler, 6, Route de Trèves EBBC Building E, 2633 Senningerberg, Luxemburg (zugelassener Vertreter)
g e g e n
Sweet Life Enterprise ltd, 1 Russell Street, London WC2B 5JD, Vereinigtes Königreich (Anmelderin).
Am 04.09.2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem Widerspruch Nr. B 2 787 342 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.
2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 644 222 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.
3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 644 222 für die Wortmarke „Happy Jellies“ ein. Der Widerspruch beruht unter anderem auf der deutschen Markeneintragung Nr. 39 511 894 der Wortmarke „Happy-Cola“. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die deutsche Markeneintragung Nr. 39 511 894 der Widersprechenden.
- Die Waren
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:
Klasse 30: Zuckerwaren.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:
Klasse 30: Kaubonbons; Kandiszucker; Süßigkeiten; Gummisüßwaren.
Die angefochtenen Kaubonbons; Kandiszucker; Süßigkeiten; Gummisüßwaren sind in der weiter gefassten Kategorie der Zuckerwaren der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.
- Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren an das breite Publikum.
Angesichts der Tatsache, dass es sich um preiswerte Waren für den täglichen Gebrauch handelt, ist von einem eher unterdurchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad auszugehen.
- Die Zeichen
Happy-Cola
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Happy Jellies
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Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist Deutschland.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C–251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Es stehen sich die Wortmarken „Happy-Cola“ und „Happy Jellies“ gegenüber.
Das Element „Happy“ in beiden Marken wird vom relevanten Publikum als „(umgangssprachlich) glücklich, sehr zufrieden“ verstanden (Duden Universalwörterbuch). Da es für die relevanten Waren nicht beschreibend, anspielend oder anderweitig schwach ist, ist es kennzeichnungskräftig.
Das Element „Jellies“ des strittigen Zeichens hat für das relevante Publikum keine Bedeutung und ist somit kennzeichnungskräftig.
Das angefochtene Zeichen weist keine Elemente auf, die als eindeutig kennzeichnungskräftiger als andere Elemente erachtet werden können.
Das Element „Cola“ des älteren Zeichens hingegen wird mit „koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk“ assoziiert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die entsprechenden Waren dem Bereich „Süßwaren“ zuzuordnen sind, ist dieses Element nicht kennzeichnungskräftig insofern es die Geschmacksrichtung dieser Waren unmittelbar beschreibt.
Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie im Allgemeinen dazu, sich auf den Anfang eines Zeichens zu konzentrieren. Der Grund dafür ist, dass das Publikum von links nach rechts lesen wird, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst richtet.
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf ihren ersten kennzeichnungskräftigen Wortbestandteil „Happy“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf den jeweiligen zweiten Wortbestandteil, nämlich „Jellies“ im angefochtenen Zeichen bzw. „Cola“ in der älteren Marke. Letzterer ist jedoch nicht kennzeichnungskräftig. Die Zeichen unterscheiden sich ferner leicht in der Präsenz eines Bindestrichs zwischen den beiden Elementen der älteren Marke, der in der angefochtenen Marke keine Entsprechung hat.
Die Zeichen sind daher durchschnittlich ähnlich.
In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen in den beiden Anfangssilben „Hap–py“ in den beiden Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich in den beiden Endsilben „Jel-lies“ des älteren Zeichens bzw. „Co-la“ der angefochtenen Marke. Letztere betreffen jedoch ein nicht kennzeichnungskräftiges Element. Der Bindestrich im älteren Zeichen beeinflusst die Aussprache nicht. Die Zeichen weisen zudem eine identische Silbenanzahl und einen ähnlichen Klangrhythmus auf.
Die Zeichen sind daher durchschnittlich ähnlich.
Begrifflich wird auf die zuvor getroffenen Erwägungen bezüglich des semantischen, von den Marken vermittelten Inhalts verwiesen. Da beide Zeichen mit „glücklich, sehr zufrieden“ in Verbindung gebracht werden, sind die Zeichen begrifflich stark ähnlich. Die Assoziation mit dem Geschmack von „Cola“ wirkt sich aufgrund der fehlenden Kennzeichnungskraft dieses Elements nicht aus.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich trotz der Präsenz eines nicht kennzeichnungskräftigen Elements in der Marke, wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.
- Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die Waren sind identisch und die verglichenen Zeichen sind in bildlicher und klanglicher Hinsicht durchschnittlich und in begrifflicher Hinsicht stark ähnlich.
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, „dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).
Beide Zeichen sind Wortmarken, die aus jeweils zwei zweisilbigen Wörtern bestehen.
Der Unterschied zwischen den beiden Zeichen liegt im zweiten Wort, welches im Fall der älteren Marke jedoch für die in Rede stehenden Waren nicht kennzeichnungskräftig ist. Das erste Wort in beiden Marken ist jedoch identisch und wie bereits oben unter Teil c) dargelegt neigen Verbraucher im Allgemeinen dazu, sich auf den Anfang eines Zeichens zu konzentrieren, dem folglich ein größeres Gewicht zufällt.
Weiter gilt, dass der Begriff der Verwechslungsgefahr denjenigen der Assoziationsgefahr beinhaltet, in dem Sinne, dass die angesprochenen Verkehrskreise, wenngleich sie die Zeichen nicht unmittelbar miteinander verwechseln mögen, davon ausgehen, dass die unter den einander gegenüberstehenden Zeichen angebotenen Waren von demselben oder miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Insbesondere im Bereich der Süßwaren zeigt nämlich das Marktgeschehen, dass Unternehmen neben ihrer Hauptmarke weitere Nebenmarken als Teil einer „Markenfamilie“ einführen. Mithin kann nicht ausgeschlossen werden, dass Verbraucher, davon ausgehen könnten, die angefochtene Marke „Happy Jellies“ sei Teil einer „Happy“-Markenlinie der Anmelderin.
Hinzu kommt schließlich, dass „die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren impliziert, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17). Vorliegend gleicht die Identität der Waren jegliche Unterschiede zwischen den Zeichen aus.
Demzufolge reichen die Abstände zwischen den Marken nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder zumindest eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.
Die Anmelder hat es versäumt, zum Widerspruch Stellung zu nehmen, so dass etwaige Argumente nicht berücksichtigt werden konnten.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr.
Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 39 511 894 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.
Da die ältere deutsche Marke Nr. 39 511 894 für sämtliche Waren, gegen die sich der Widerspruch richtet, die Stattgabe des Widerspruchs und die Ablehnung der angefochtenen Marke begründet, erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen älteren Rechte, die die Widersprechende geltend macht (vgl. 16/09/2004, T-342/02, Moser Grupo Media, S.L., EU:T:2004:268).
KOSTEN
Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Renata COTTRELL
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Konstantinos MITROU |
Sigrid DICKMANNS
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Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.