cm | Decision 2725136

WIDERSPRUCH Nr. B 2 725 136

CheckMobile GmbH The Process Solution Company, Neuer Wall 54, 20354 Hamburg, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Lodigkeit Rechtsanwälte, Poststraße 25, 20354 Hamburg, (zugelassener Vertreter)

g e g e n

ConSol* Software GmbH, Franziskanerstr. 38, 81669 München, Deutschland (Anmelderin).

Am 19/06/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 725 136 wird für alle angefochtenen Waren und Dienstleistungen stattgegeben.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 501 893 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.

3.        Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren und Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 501 893 ein. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 8 828 188. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a und b UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren und Dienstleistungen

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen:

Klasse 9:        Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte, alle vorgenannten Waren, ausgenommen Steuer- und Regeleinrichtungen für Getriebe für Maschinen und Motoren.

Klasse 42:        Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und –software.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren und Dienstleistungen:

Klasse 9:        Software; Softwarepakete.

Klasse 16:        Handbücher für Computersoftware; Handbücher für Computerprogramme.

Klasse 42:        Softwareentwicklung; Softwareentwicklungsleistungen; Kundenspezifische Softwareanpassung; Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen [Software]; Software as a Service [SaaS].

Einleitend ist festzustellen, dass nach Artikel 28 Absatz 7 UMDV Waren und Dienstleistungen werden nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Angefochtene Waren in Klasse 9

Der Entwurf und Entwicklung von Computersoftware der Widersprechenden in Klasse 42 sind Programmierungsdienstleistungen, d.h. das Schreiben eines Computerprogramms; dieses wiederum besteht aus zusammengehörigen kodierten Befehlen, die eine Maschine, insbesondere einen Computer, zur Ausführung einer erwünschten Operationsfolge befähigen.

Die Computer der Widersprechenden in Klasse 9 sind Rechengeräte, insbesondere programmierbare elektronische Maschinen, die mit hoher Geschwindigkeit mathematische oder logische Operationen ausführen, um Daten zu sammeln, zu speichern, zueinander in Beziehung zu setzen oder anderweitig zu verarbeiten. Computer benötigen dazu Programme.

Die angefochtene Software, Softwarepakete besteht aus Programmen, Routinen und künstlichen Sprachen, welche die Hardware und deren Betrieb steuern.

Folglich besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Entwurf und Entwicklung von Computersoftware und Computern der Widersprechenden einerseits und den angefochtenen Waren Software, Softwarepakete andererseits. Der Grund liegt darin, dass in im Bereich der Computerwissenschaften die Hersteller von Computern und/oder Software in der Regel auch mit diesen Waren verbundene Dienstleistungen anbieten (zum Beispiel zur regelmäßigen Aktualisierung des Systems).

Obgleich die Art der Waren und Dienstleistungen nicht dieselbe ist, sind sowohl die Zielgruppe als auch die gewöhnlichen Erzeuger/Erbringer der Waren und Dienstleistungen identisch. Ferner ergänzen diese Waren und Dienstleistungen einander. Aus diesen Gründen werden sie als ähnlich betrachtet.

Angefochtene Waren in Klasse 16

Bei den angefochtenen Handbüchern für Computersoftware, Handbüchern für Computerprogramme handelt es sich um gedruckte Anleitungen für die Bedienung von Software. Der Entwurf und Entwicklung von Computersoftware der Widersprechenden in Klasse 42 sind wie oben erwähnt Programmierungsdienstleistungen, d.h. das Schreiben eines Computerprogramms. Es besteht ein gewisser Zusammenhang zwischen diesen Waren und Dienstleistungen, denn in der Computerbranche ist es üblich, dass Anbieter von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Computersoftware an (beispielsweise zur laufenden Aktualisierung des Systems) entsprechende Anleitungen auch in gedruckter Form anbieten. Obgleich die Art der Waren und Dienstleistungen nicht dieselbe ist, sind sowohl die Zielgruppe als auch die gewöhnlichen Erzeuger/Erbringer der Waren und Dienstleistungen identisch. Ferner ergänzen diese Waren und Dienstleistungen einander. Aus diesen Gründen werden sie als ähnlich betrachtet.

Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 42

Softwareentwicklung; Softwareentwicklungsleistungen sind identisch in beiden Dienstleistungsverzeichnissen enthalten (einschließlich Synonyme).

Die angefochtenen Kundenspezifische Softwareanpassung; Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen [Software]; Software as a Service [SaaS] sind in der weiter gefassten Kategorie Entwurf und Entwicklung von Computersoftware der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch oder ähnlich befundenen Waren und Dienstleistungen an das breite Publikum und an Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen.

Der Aufmerksamkeitsgrad kann durchschnittlich, etwa für Software, bis hoch sein, z.B. bei kundenspezifische Softwareanpassung.

  1. Die Zeichen

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Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Die ältere Marke ist eine aus dem einzigen Element „cm“ bestehende und in allen Schreibweisen geschützte Wortmarke.

Die angefochtene Marke ist eine Bildmarke, die aus einem grau-schwarzen und nach rechts offenem Ring besteht, innerhalb dessen sich ein hell- und dunkelblauer Kreis befindet. Rechts schließt sich das Wortelement „cm“ in schwarzen Kleinbuchstaben an.

Die ältere Marke „cm“, die auch als Wortelement im strittigen Zeichen erscheint, wird vom relevanten Publikum als international gebräuchliche Abkürzung für „Zentimeter“ verstanden. Da dieses Element für die relevanten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend, anspielend oder anderweitig schwach ist, ist es kennzeichnungskräftig.

Das angefochtene Zeichen weist kein Element auf, das als dominanter (stärker ins Auge springend) als andere Elemente gelten könnte.

Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37).

Die Länge der Zeichen kann sich auf die Wahrnehmung der Unterschiede zwischen ihnen auswirken. Je kürzer ein Zeichen ist, desto leichter fällt es dem Publikum, alle seine einzelnen Elemente wahrzunehmen. Daher führen bei kurzen Wörtern schon geringe Abweichungen häufig zu einem abweichenden Gesamteindruck. Umgekehrt werden Abweichungen bei längeren Zeichen vom Publikum seltener wahrgenommen.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „cm“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf das zusätzliche Bildelement der angefochtenen Marke in Form eines Ringes mit innerem Kreis sowie in deren grafischer Ausgestaltung

Die Zeichen sind daher überdurchschnittlich ähnlich.

In klanglicher Hinsicht und unabhängig von den unterschiedlichen Ausspracheregeln in verschiedenen Teilen des maßgeblichen Gebiets, stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben „cm“ in den beiden Zeichen identisch überein, da das Bildelement der angefochtenen Sprache die Aussprache nicht beeinflusst.

Die Zeichen sind daher identisch.

Begrifflich wird auf die zuvor getroffenen Erwägungen bezüglich des semantischen, von den Marken vermittelten Inhalts verwiesen. Da beide Zeichen als Abkürzung für „Zentimeter“ wahrgenommen werden, sind die Zeichen begrifflich identisch.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Die Waren und Dienstleistungen sind teils identisch teils ähnlich. Die Zeichen sind bildlich überdurchschnittlich ähnlich und klanglich und begrifflich identisch.

Abgesehen vom Bildelement des angefochtenen Zeichens, bestehen beide einander gegenüberstehenden Zeichen aus zwei Buchstaben; bei beiden handelt es sich daher um kurze Marken, und die Tatsache, dass sie sich hinsichtlich des Bildelements unterscheiden, könnte als relevanter, zu berücksichtigender Faktor bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen gelten. Allerdings übt dieses wie bereits erwähnt eine geringere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Wortbestandteil. Des Weiteren ist die ältere Marke eine Wortmarke und im Falle von Wortmarken ist das Wort als solches geschützt, ungeachtet seiner Schreibweise. Schließlich bestehen die beiden Wortelemente aus denselben zwei Buchstaben und in derselben Reihenfolge. Mithin sind die Zeichen hinreichend ähnlich, um zu Verwechslungsgefahr zu führen.

Die Anmelderin hat keinerlei Stellungnahme eingereicht, so dass etwaige Argumente nicht berücksichtigt werden können.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr.

Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 8 828 188 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen werden muss.

Da dem Widerspruch aufgrund von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV in vollem Umfang stattgegeben wurde, besteht keine Notwendigkeit zur Prüfung der übrigen des anderen Widerspruchsgrunds, nämlich Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a UMV.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Renata COTTRELL

Konstantinos MITROU

Sigrid DICKMANNS

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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