FAIR TRADE LED | Decision 2787235

WIDERSPRUCHSABTEILUNG
WIDERSPRUCH Nr. B 2 787 235
Fairtrade Labelling Organizations International e.V. handelnd unter FLO, Bonner
Talweg 177, 53129 Bonn, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Gleiss
Lutz Hootz Hirsch PartmbB Rechtsanwälte, Steuerberater, Lautenschlagerstraße
21, 70173 Stuttgart, Deutschland (zugelassener Vertreter)
g e g e n
Werner Th. Wiesner, Birkenweiherstr. 2, 63505 Langenselbold, Deutschland
(Anmelder), vertreten durch Hans-Herbert Stoffregen, Friedrich-Ebert-Anlage 11b,
63450 Hanau/Main, Deutschland (zugelassener Vertreter).
Am 10/10/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Der Widerspruch Nr. B 2 787 235 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.
2. Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.
VORBEMERKUNG:
Mit Wirkung vom 01/10/2017 wurden die Verordnung (EC) Nr. 207/2009 und
Verordnung (ED) Nr. 2868/95 aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EU)
Nr. 2017/1001 (kodifizierte Version, die UMV), die Delegierte Verordnung (EU)
Nr. 2017/1430 (DVUM) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2017/1431
(UMDV), unbeschadet bestimmter Übergangsvorschriften. Alle Bezugnahmen auf die
UMV, DVUM und UMDV der vorliegenden Entscheidung sollen als Bezugnahmen auf
die sich aktuell in Kraft befindlichen Verordnungen verstanden werden, außer wenn
ausdrücklich anders angegeben.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der
Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 558 232 (Bildmarke) ein, und zwar
gegen alle Waren der Klassen 9 und 11. Der Widerspruch beruht auf der
Unionsmarkeneintragung Nr. 9 698 598 (Bildmarke). Die
Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.

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VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der
Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten
Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder
gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine
Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der
Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren
gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen,
die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und
dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante
Publikum.
a) Die Waren und Dienstleistungen
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Dienstleistungen:
Klasse 35: Werbung; Kampagnen, Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung;
Büroarbeiten; Organisation, Durchführung und Überwachung von Treue- und
Anreizprogrammen; Über das Internet bereitgestellte Werbedienstleistungen;
Produktion von Fernseh- und Rundfunkwerbesendungen; Buchhaltung;
Durchführung von Versteigerungen und Auktionen; Meinungsforschung;
Bereitstellung von Geschäftsinformationen; Einzelhandelsdienstleistungen in
Verbindung mit dem Verkauf von fair gehandelten Waren, Organisation von
Handelsmessen für kommerzielle oder Werbezwecke; Recherchen und Beratung in
Bezug auf Handelsfragen; Organisation von Handelsmessen.
Klasse 36: Dienste zum Sammeln von Spenden für Wohltätigkeitszwecke;
Finanzdienstleistungen im Zusammenhang mit nicht gewinnorientierten
gemeinnützigen Organisationen und Entwicklungshilfe.
Klasse 41: Bildungsdienstleistungen für Unternehmen und Verbraucher in Bezug auf
fairen Handel; Organisation von Schulungen, Seminaren, Konferenzen, Workshops,
Veranstaltungen und Ausstellungen; Veröffentlichung von Materialien in Bezug auf
Produkte, Praktiken und Abläufe im Bereich des fairen Handels.
Klasse 42: Beratung auf dem Gebiet von Forschung und Entwicklung für Dritte;
Forschung und Beratung auf dem Gebiet des Umweltschutzes; Erstellen und Prüfen
von Normen, Zertifizierungskriterien und Zertifizierungsrichtlinien; Dienstleistungen
im Zusammenhang mit der Umsetzung von Zertifizierungsprogrammen,
einschließlich Zertifizierung, Überwachung der Einhaltung von Standards;
Überprüfung und Beurteilung von Unternehmen, die am Zertifizierungsprogramm
teilnehmen; Information und Beratung der Teilnehmer in Bezug auf das
Zertifizierungsprogramm; Beratung in Bezug auf Qualitätsmanagement,
Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung; Vergabe von Erklärungen, Zertifikaten und
ähnlichen Dokumenten nach bestimmten Zertifizierungskriterien;
Qualitätsmanagementsystem; Verpackungsdesign; Technische Projektstudien,
Machbarkeitsstudien, technische und regulatorische Dienstleistungen in Bezug auf
fair gehandelte Produkte.
Klasse 45: Lizenzierung von geistigen Eigentumsrechten.

Entscheidung über den Widerspruch Nr. B 2 787 235 Seite: 3 von 5
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:
Klasse 9: Elektrische Dimmer, automatische Vorschaltgeräte, elektrische und
elektronische Schaltungen, Spannungs- und Stromversorgungsgeräte;
Schutzschalter für Beleuchtungen; Leuchtdioden, Leuchtreklame, Leuchtschilder,
leuchtende Hinweistafeln, leuchtende Wegweiser, leuchtende Werbeschilder.
Klasse 11: Strahler, LED-Lampen und -Leuchten, Sicherheitslampen,
Energiesparlampen, Straßen-beleuchtung, Leuchtröhren, Lampenröhren,
Lampengläser, Lampenkugeln, Lampenbirnen; Beleuchtungslampen,
Beleuchtungskörper, Beleuchtungsgeräte, Beleuchtungsanlagen,
Beleuchtungselemente, Beleuchtungseinheiten, Beleuchtungstechnikanlagen,
Leuchten (Beleuchtung), Beleuchtungskörper (Lampen); Leuchtstoffröhren,
Leuchtstofflampen, Leuchtstofflampenfassungen, Leuchten (Lampen), dekorative
Leuchten, biegsame Leuchten, Leuchten für Außenanlagen, Leuchten für
Lichterketten.
Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder
Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder
Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung
und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.
Angefochtene Waren in den Klassen 9 und 11
Die angefochtenen Waren betreffen im Wesentlichen elektrische und elektronische
Schaltungen, Geräte zur Stromversorgung, Schalter für Beleuchtungen,
verschiedene Arten von leuchtenden Schildern und Tafeln sowie elektrische Dimmer
(Klasse 9) sowie Beleuchtungsmittel, Leuchten und Beleuchtungsanlagen (Klasse
11). Insgesamt stehen die genannten angefochtenen Waren im Zusammenhang mit
Licht und Beleuchtungen und diesbezüglichen Schaltern, Schaltungen und Geräte
zur Versorgung von Strom und der Steuerung von Helligkeit. Demgegenüber ist die
ältere Marke geschützt für Dienstleistungen, die im Wesentlichen solche
Dienstleistungen umfassen, die beim Betrieb oder der Leitung eines
Handelsunternehmens, oder der Durchführung von Geschäften oder
Handelsverrichtungen eines Industrie- oder Handelsunternehmens erbracht werden,
Werbedienstleistungen sowie für Einzelhandelsdienstleistungen in Verbindung mit
dem Verkauf von fair gehandelten Waren, Organisation von Handelsmessen für
kommerzielle oder Werbezwecke in der Klasse 35 sind. Ferner ist die ältere Marke
im Wesentlichen geschützt für Finanzdienstleistungen in Zusammenhang mit nicht
gewinnorientierten Organisationen (Klasse 36), Bildungsdienstleistungen und
Veröffentlichungen in Bezug auf Produkte des fairen Handelns (Klasse 41),
Beratungsdienstleistungen im Bereich Forschung und Entwicklung,
Zertifizierungsprogrammen, Qualitätsmanagement, technische Dienstleistungen in
Bezug auf fair gehandelte Produkte (Klasse 42) und der Lizenzierung von geistigen
Eigentumsrechten (Klasse 45).
Hierzu ist zunächst anzumerken, dass Dienstleistungen und Waren grundsätzlich
verschiedener Natur und ihrer Art nach unähnlich sind. Waren sind meist
Handelsartikel und –güter und ihr Verkauf beinhaltet in der Regel die Übertragung
des Eigentums an der beweglichen Sache. Dienstleistungen sind hingegen
unkörperlich. Eine Ähnlichkeit kann sich jedoch dann ergeben, wenn sich Waren und
Dienstleistungen gegenseitig ergänzen oder miteinander konkurrieren und
üblicherweise von denselben oder wirtschaftlich miteinander verbundenen
Unternehmen erbracht werden. Im vorliegenden Fall ergeben sich jedoch keinerlei

Entscheidung über den Widerspruch Nr. B 2 787 235 Seite: 4 von 5
Berührungspunkte zwischen den angefochtenen Waren in den Klassen 9 und 11 und
sämtlichen genannten Dienstleistungen der Widersprechenden in den Klassen 35,
36, 41, 42 und 45. Die einander gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen
unterscheiden sich in ihrer Art und ihrem Verwendungszweck. Sie richten sich auch
nicht an dieselben Verbraucher und werden nicht von denselben Anbietern erbracht.
Die entgegenstehenden Waren und Dienstleistungen ergänzen einander auch nicht
und stehen nicht im Wettbewerb zueinander. Somit besteht keine Ähnlichkeit
zwischen den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen.
Die Widersprechende trägt vor, dass zwischen den angefochtenen Waren eine
Ähnlichkeit zu den Einzelhandelsdienstleistungen in Verbindung mit dem Verkauf von
fair gehandelten Waren, Organisation von Handelsmessen für kommerzielle oder
Werbezwecke bestehe, da die Beleuchtungsmittel in den Klassen 9 und 11
Gegenstand der Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich fair gehandelter Waren
sein können. Der Widersprechenden zufolge könnten Leuchtmittel auch unter
wirtschaftlich gerechten Bedingungen in Entwicklungsländern hergestellt und
geliefert werden, weswegen die einander gegenüberstehenden Waren und
Dienstleistungen ähnlich seien.
Die Widerspruchsabteilung kann sich dem Vortrag der Widersprechenden nicht
anschließen. Die Tatsache, dass die genannten Waren auch unter fairen
Bedingungen gehandelt werden können, begründet noch kein markenrechtlich
relevantes Ähnlichkeitsverhältnis, da grundsätzlich jedes Produkt wirtschaftlich fair
gehandelt werden kann. Würde man dem Argument der Widersprechenden folgen,
so ließe sich eine Ähnlichkeit zu sämtlichen Waren und Produkten herleiten. Die
älteren Dienstleistungen Einzelhandelsdienstleistungen in Verbindung mit dem
Verkauf von fair gehandelten Waren, Organisation von Handelsmessen für
kommerzielle oder Werbezwecke stehen jedoch in keinerlei Bezug zu den
angefochtenen Waren in den Klassen 9 und 11, weshalb sich keinerlei
markenrechtlich relevanten Berührungspunkte zwischen den genannten Waren und
Dienstleistungen herstellen lassen.
Die einander gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen unterscheiden sich
eindeutig in Art und Verwendungszweck und stammen regelmäßig von
unterschiedlichen Herstellern bzw. werden von unterschiedlichen Unternehmen
erbracht. Sie stehen auch in keinerlei Ergänzungs- oder Konkurrenzverhältnis
zueinander. Die alleinige Tatsache, dass Waren auf fairem Handel beruhen können,
reicht nicht aus, um eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit der fraglichen Waren
begründen zu können. Folglich sind die Vergleichswaren eindeutig unähnlich.
b) Schlussfolgerung
Gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV ist die Ähnlichkeit der Waren oder
Dienstleistungen Voraussetzung für die Annahme einer Verwechslungsgefahr. Da die
Waren und Dienstleistungen eindeutig unähnlich sind, ist eine der notwendigen
Voraussetzungen des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV nicht erfüllt und der
Widerspruch muss zurückgewiesen werden.
KOSTEN
Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende
Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Entscheidung über den Widerspruch Nr. B 2 787 235 Seite: 5 von 5
Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle dem Anmelder in
diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Artikel 109 Absatz 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i UMDV
(ehemals Regel 94 Absatz 3 und Regel 94 Absatz 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV,
gültig bis 01/10/2017) bestehen die dem Anmelder zu erstattenden Kosten aus den
Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze
festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Konstantinos MITROU
Sigrid DICKMANNS
Denitza
STOYANOVA-
VALCHANOVA
Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung
beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68
UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser
Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der
Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der
Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser
Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst
als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch
eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Artikel 109
Absatz 8 UMV (ehemals Regel 94 Absatz 4 UMDV, gültig bis 01/10/2017) ist ein
solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung
einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der
Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet
worden ist.

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