lavisano | Decision 2768318

WIDERSPRUCH Nr. B 2 768 318

Laverana GmbH & Co. KG, Am Weingarten 4, 30974 Wennigsen, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch RWZH Rechtsanwälte, Barthstraße 4, 80339 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Dorothea Wille-Haußmann, Wilhelmstrasse 32, 35392 Gießen, Deutschland (Anmelderin), vertreten durch Stumpf Patentanwälte PartGmbB, Alte Weinsteige 73, 70597 Stuttgart, Deutschland (zugelassener Vertreter).

Am 14.08.2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Der Widerspruch Nr. B 2 768 318 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren (der Klassen 5 und 31) der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 382 229 (Wortmarke: „lavisano”) ein. Der Widerspruch beruht u.a. auf der Unionsmarkenanmeldung Nr. 11 493 426 (Wortmarke: „Lavera“). Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren der Klassen 5 und 32:

Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; medizinische Gleitcremes; diätetische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Vitaminpräparate; Desinfektionsmittel; Gelée royale (für medizinische Zwecke); Kräutertees für medizinische oder therapeutische Zwecke; Hühneraugenmittel; Kopfschmerzstifte; Laktose; Melkfett; ausgenommen speziell für Säuglinge, Babys, Kleinkinder und Kinder bestimmte Nahrungsmittel, diätetische Erzeugnisse und Getränke, soweit in dieser Klasse enthalten; Nahrungsergänzungsmittel, die Proteine, Kohlenhydrate, Lipide, Peptide und/oder Faserstoffe oder Mikronahrungsmittel wie Vitamine und/oder Mineralien und/oder Aminosäuren und/oder Fettsäuren und/oder Pflanzen und/oder Pflanzenextrakte und/oder Moleküle aus reinen Pflanzenextrakten enthalten können, zur Schönheits- und Hautpflege, zur Pflege von Körper, Gesicht, Haar oder Nägeln, in Form von Gelatinekapseln, Tabletten, Ampullen, Hefe, Pulver, Riegeln, Cremes oder Getränken, für medizinische und/oder kosmetische und/oder Ernährungszwecke; Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage von Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, Fleischextrakten, konserviertem, getrocknetem und gekochtem Obst und Gemüse, Gallerten (Gelees), Konfitüre, Kompotten, Eiern, Milch und Milchprodukten, Speiseölen und -fetten, für die Schönheits- und Hautpflege sowie die Körper-, Gesichts-, Haar- oder Nagelpflege, in Form von Gelatinekapseln, Tabletten, Ampullen, Hefe, Pulver, Riegeln, Cremes oder Getränken, für medizinische und/oder kosmetische und/oder Ernährungszwecke; Nahrungsergänzungsmittel, die Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel, Mehl und Getreidepräparate, Brot, Backwaren und Süßwaren, Speiseeis, Honig, Zuckerrohrsirup, Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Speiseessig, Soßen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis enthalten können, zur Schönheits- und Hautpflege, zur Pflege von Körper, Gesicht, Haaren oder Nägeln, in Form von Gelatinekapseln, Tabletten, Ampullen, Hefe, Pulver, Riegeln, Cremes oder Getränken, für medizinische und/oder kosmetische und/oder Ernährungszwecke; Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage von land-, garten- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen und Samenkörnern (soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind), von frischem Obst und Gemüse, von Sämereien, lebenden Pflanzen und natürlichen Blumen, zur Schönheits- und Hautpflege, zur Pflege von Körper, Gesicht, Haaren oder Nägeln, in Form von Gelatinekapseln, Tabletten, Ampullen, Hefe, Pulver, Riegeln, Cremes oder Getränken, für medizinische und/oder kosmetische und/oder Ernährungszwecke; Nahrungsergänzungsmittel zur Schönheits- und Hautpflege, zur Pflege von Körper, Gesicht, Haaren oder Nägeln, in Form von Trinkampullen, Trinkpulvern oder Getränken, für medizinische und/oder kosmetische und/oder Ernährungszwecke; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege in allen galenischen Formen, nicht für medizinische Zwecke.

Klasse 32: Anti-Aging-Getränke nicht für pharmazeutische Zwecke.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren der Klassen 5 und 31:

Klasse 5: Arzneimittel für Tiere; Arzneimittelhaltige Ergänzungsstoffe für Tierfutter.

Klasse 31: Futtermittel; Futtermittel für Pferde; Leckerbissen für Pferde.

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Angefochtene Waren in Klasse 5

Die angefochtenen Arzneimittel für Tiere; Arzneimittelhaltige Ergänzungsstoffe für Tierfutter sind in den weiter gefassten Kategorien der Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.

Angefochtene Waren in Klasse 31

Die angefochtenen Futtermittel; Futtermittel für Pferde; Leckerbissen für Pferde stimmen mit den Waren der älteren Marke der Klasse 5 Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege in den Vertriebskanälen und in den angesprochenen Verkehrskreisen überein. Daher sind sie geringfügig ähnlich.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch oder zu einem geringen Grad ähnlich befunden Waren sowohl an das breite Publikum als auch medizinisches gebildetes Fachpersonal mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen. Der Aufmerksamkeitsgrad der angesprochenen Verkehrskreise ist durchschnittlich (Klasse 31) bis hoch (Klasse 5).

Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass der Aufmerksamkeitsgrad des maßgeblichen Publikums in Bezug auf pharmazeutische Erzeugnisse relativ hoch ist, unabhängig davon, ob diese verschreibungspflichtig sind oder nicht (15/12/2010, T-331/09, Tolposan, EU:T:2010:520, § 26; 15/03/2012, T-288/08, Zydus, EU:T:2012:124, § 36 sowie zitierte Rechtsprechung). Insbesondere medizinisches Fachpersonal bringt bei der Verschreibung von Arzneimitteln einen hohen Grad an Aufmerksamkeit auf. Auch ein nicht spezialisiertes Publikum zeigt, unabhängig davon, ob die Arzneimittel verschreibungspflichtig sind oder nicht, einen höheren Aufmerksamkeitsgrad, da sich diese Erzeugnisse auf seine Gesundheit auswirken.

  1. Die Zeichen

Lavera

lavisano

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, […] wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C 251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Beide Marken sind  in allen Schreibweisen geschützte Wortmarken.

In schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht haben die Marken eine unterschiedliche Wortlänge: Während die ältere Marke sechs Buchstaben hat, verfügt die angefochtene Marke über acht. Dabei stehen sich folgende Silben gegenüber:

Ältere Marke              = „La-ve-ra“;

Angefochtene Marke =„la-vi-sa-no“.

Die Marken haben eine unterschiedliche Anzahl von Silben: Während die ältere Marke dreisilbig ist, verfügt die angefochtene Marke über vier Silben; sie werden entsprechend den geltenden Regeln der betroffenen Gebiete ausgesprochen und betont. Bis auf die erste Silbe „la“ sind alle Silben anders gebildet. In den zweiten Silben unterscheiden sich die Vokale „e“ und „i“ hörbar voneinander, was sich in den Anfangsbuchstaben der dritten Silben mit „r“ der älteren Marke und „s“ der angefochtenen Marke fortsetzt. Die Aussprache der gleichen Buchstaben in diesen Silben kann dies nicht wesentlich kompensieren, weil optischer Eindruck und akustische Wahrnehmung im Gesamtbild voneinander abweichen. Zudem ist die zusätzliche Silbe „no“ ausschließlich Bestandteil der angefochtenen Marke, was die Endungen klar abweichend aussehen und klingen lassen. Auch die Vokalfolgen „a-i-a-o“ und „a-e-a“ sind unterschiedlich. Damit verfügen die Marken über einen abweichenden Klang- und Sprechrhythmus. Daher besteht lediglich eine geringe schriftbildliche und klangliche Zeichenähnlichkeit.

   

In begrifflicher Hinsicht hat die ältere Marke lediglich für die italienischsprachigen Verbraucher die Bedeutung „die Wahre“ (Langenscheidt Italienisch-Deutsch). Da die angefochtene Marke keine Bedeutung hat, sind die Marken für diese Verbraucher nicht ähnlich. Für die übrigen Verkehrskreise sind beide Marken bedeutungslos und damit ohne Auswirkungen auf den begrifflichen Zeichenvergleich. Im Gegensatz zu der Auffassung der Anmelderin wird der Bestandteil „sano“ der angefochtenen Marke nicht aus der Gesamtheit der Marke herausgelöst, da der erste Bestandteil „lavi“ keine Bedeutung hat.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).

Die angefochtenen Waren sind teilweise identisch und teilweise zu einem geringen Grad ähnlich. Die Marken sind schriftbildlich und klanglich geringfügig ähnlich.

Insgesamt besteht daher aufgrund der lediglich geringen schriftbildlichen und klanglichen Zeichenähnlichkeit, der nicht mehr als durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie der mindestens durchschnittlichen Aufmerksamkeit der Verbraucher trotz teilweise identischer Waren keine Verwechslungsgefahr.

Im Gegensatz zu der Auffassung der Widersprechenden reichen daher die bestehenden Unterschiede zwischen den Marken aus, damit der Verkehr sie sicher voneinander unterscheiden kann und nicht einem gemeinsamen betrieblichen Ursprung zuordnet.

Der Widerspruch ist daher gem. Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV nicht begründet.

Die Widersprechende hat ihren Widerspruch auch auf die folgenden älteren Marken gestützt:

  • Unionsmarkeneintragung Nr. 4 339 727 (Wortmarke: „lavera Neutral“) für Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 32 und 42 sowie
  • Unionsmarkenanmeldung Nr. 11 642 618 (Bildmarke: „http://prodfnaefi:8071/FileNetImageFacade/viewimage?imageId=99290241&key=bb405cc00a8408021338d35f915fbba2“) für Waren der Klasse 5.

Diese sind aufgrund zusätzlicher Wörter bzw. Grafik sogar noch unähnlicher zu der angefochtenen Marke, so dass sich auch insoweit kein günstigeres Ergebnis für die Widersprechende ergibt.


KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die Kosten, die der Anmelderin gezahlt werden müssen, aus den Vertretungskosten, die auf Grundlage der in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festgesetzt werden müssen.

Die Widerspruchsabteilung

Lars HELBERT

Peter QUAY

Martin EBERL

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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