mediscent | Decision 2464140 – MÉDIS – COMPANHIA PORTUGUESA DE SEGUROS DE SAÚDE, S.A. v. Homeovet

WIDERSPRUCH Nr. B 2 464 140

Médis – Companhia Portuguesa de seguros de Saúde, S.A., Av. Dr. Mário Soares (Tagus Park). Edifício 10, Piso 1, 2744 Porto Salvo, Portugal (Widersprechende), vertreten durch Gastão da Cunha Ferreira, LDA., Rua dos Bacalhoeiros, nº. 4, 1100-070 Lissabon, Portugal (zugelassener Vertreter)

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Homeovet, Getfertweg 290-7, 7512bg Enschede, Niederlande, (Anmelderin), vertreten durch Arnold & Siedsma, Colosseum 1-3, 7521 PV Enschede, Niederlande (zugelassener Vertreter).

Am 29/06/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Der Widerspruch Nr. B 2 464 140 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 13 246 781 ein, und zwar gegen alle  Dienstleistungen der Klasse 44. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 6 647 093 für die Bildmarke http://prodfnaefi:8071/FileNetImageFacade/viewimage?imageId=55580531&key=a06bf1760a8408037a774652bdadfe1cund auf der portugiesischen Markeneintragung Nr. 519 701 für die Wortmarke „MÉDIS“. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV und Artikel 8 Absatz 5 UMV.

Vorbemerkung

Am 21/07/2015 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch aufgrund der mangelnden Substantiierung der älteren Rechte als unbegründet zurück. Die Widersprechende erhob gegen diese Entscheidung am 21/09/2015 Beschwerde und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Am 23/06/2016 entschied die Beschwerdekammer im Beschwerdeverfahren R1888/2015-1, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur weiteren Entscheidung an die Widerspruchsabteilung zurückzuverweisen. Am 09/11/2016 eröffnete die Widerspruchsabteilung daher das vorliegende Verfahren neu und forderte die Parteien auf, ihre Stellungnahmen abzugeben.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die Unionsmarkeneintragung Nr. 6 647 093 der Widersprechenden.

  1. Die Waren und Dienstleistungen

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen:

Klasse 9: Magnetische Kredit- und Debitkarten und Magnetkarten für Bankgeschäfte und Vorgänge in Bezug auf das Gesundheitswesen.

Klasse 16: Veröffentlichungen, Broschüren, Prospekte, Schreibwaren zur Verwendung für Bank- und Handelsgeschäfte, Kalender und Terminkalender, Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; nicht magnetische Kreditkarten; Druckereierzeugnisse, insbesondere Karten zur Verwendung bei Banktransaktionen, Journale, periodische Veröffentlichungen.

Klasse 36: Versicherungen und Finanzdienstleistungen einschließlich über das Internet oder andere Telekommunikationsmedien.

Klasse 38: Telekommunikation und elektronische Übertragung in Bezug auf den Finanzbereich.

        

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Dienstleistungen:

Klasse 44: Gesundheitspflege für Tiere; Beratungen bezüglich Tierpharmazie.

        

Eine Auslegung des Wortlautes des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren und Dienstleistungen zu bestimmen.

Aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ und „einschließlich“ im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der älteren Marke der Widersprechenden ist ersichtlich, dass die genannten Waren und Dienstleistungen lediglich beispielhaft für die in der Kategorie erfassten genannt werden und sich der Schutz nicht auf sie beschränkt. Anders ausgedrückt, dieses Wort leitet eine nicht erschöpfende Liste von Beispielen ein (siehe Urteil vom 09/04/2003, T-224/01, Nu-Tride, EU:T:2003:107).

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 44

Die angefochtenen Dienstleistungen Gesundheitspflege für Tiere; Beratungen bezüglich Tierpharmazie umfassen im Wesentlichen medizinische Dienstleistungen, die die Gesundheit von Tieren betreffen. Demgegenüber ist die ältere Marke geschützt für einerseits Waren, nämlich Kreditkarten (Klasse 9) sowie Veröffentlichungen und Druckereierzeugnisse (Klasse 16) und andererseits für Dienstleistungen in den Klassen 36 und 38.

Dienstleistungen und Waren sind grundsätzlich verschiedener Natur und ihrer Art nach unähnlich. Waren sind meist Handelsartikel und –güter und ihr Verkauf beinhaltet in der Regel die Übertragung des Eigentums an der beweglichen Sache. Dienstleistungen sind hingegen unkörperlich. Eine Ähnlichkeit kann sich jedoch dann ergeben, wenn sich Waren und Dienstleistungen gegenseitig ergänzen oder miteinander konkurrieren und üblicherweise von denselben oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen erbracht werden.

Im vorliegenden Fall lassen sich entgegen der Ansicht der Widersprechenden keine markenrechtlich relevanten Berührungspunkte zwischen den einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen feststellen. Die Kreditkarten in Klasse 9 und die Veröffentlichungen und Druckereierzeugnisse in Klasse 16 einerseits und die angefochtenen Dienstleistungen Gesundheitspflege für Tiere; Beratungen bezüglich Tierpharmazie andererseits stammen in der Regel von unterschiedlichen Unternehmen. Sie unterscheiden sich eindeutig in Art und Verwendungszweck und richten sich an unterschiedliche Zielgruppen. Auch stehen sie in keinerlei Ergänzungs- oder Wettbewerbsverhältnis zueinander. Die Tatsache, dass die Waren in Klasse 9 im Gesundheitswesen Verwendung finden, reicht nicht aus, um ein Ähnlichkeitsverhältnis zwischen den genannten angefochtenen Dienstleistungen und den Waren in den Klassen 9 und 16 begründen zu können. Daher sind die genannten Waren und Dienstleistungen unähnlich.

Dies gilt gleichermaßen für die älteren Dienstleistungen in den Klassen 36 und 38, die den Bereich der Finanz- und Versicherungen sowie den Bereich der Telekommunikation betreffen. Diese Dienstleistungen sind gleichfalls eindeutig unähnlich. Die Vergleichsdienstleistungen unterscheiden sich nämlich eindeutig in Art und Verwendungszweck, sie werden regelmäßig von unterschiedlichen Dienstleistern erbracht und richten sich an verschiedene Zielgruppen. Zudem stehen sie in keinerlei Wettbewerbs- oder Ergänzungsverhältnis zueinander.

Schlußfolgerung hinischtlich der älteren Unionsmarkeneintragung Nr. 6 647 093:

Gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV ist die Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen Voraussetzung für die Annahme einer Verwechslungsgefahr. Da die Waren und Dienstleistungen eindeutig unähnlich sind, ist eine der notwendigen Voraussetzungen des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV nicht erfüllt und der Widerspruch muss, sofern er sich auf die ältere Unionsmarkeneintragung bezieht, zurückgewiesen werden.

Die Widerspruchsabteilung prüft daher den Widerspruch weiter in Bezug auf die ältere portugiesische Markeneintragung Nr. 519 701.

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen:

Klasse 5: Pharmazeutische und Tierärztliche Produkte, Hygieneprodukte für Medizin; Diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster; Verbandsmaterial; Material für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel.

Klasse 10: Chirurgische, medizinische, zahn- und tierärztliche Geräte und Apparate; Künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; Orthopädische Artikel, Nähmaterial.

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen, Kredite, Investitionen und Versicherungen, einschließlich über das Internet oder andere Telekommunikationsmedien.

Klasse 44: Gesundheitsfürsorge, einschließlich durch Ärzte, Krankenhäuser und andere medizinische Dienstleister.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Dienstleistungen:

Klasse 44: Gesundheitspflege für Tiere; Beratungen bezüglich Tierpharmazie.

Eine Auslegung des Wortlautes des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren und Dienstleistungen zu bestimmen.

Aus der Verwendung des Wortes „einschließlich“ im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der älteren Marke der Widersprechenden ist ersichtlich, dass die genannten Waren und Dienstleistungen lediglich beispielhaft für die in der Kategorie erfassten genannt werden und sich der Schutz nicht auf sie beschränkt. Anders ausgedrückt, dieses Wort leitet eine nicht erschöpfende Liste von Beispielen ein (siehe Urteil vom 09/04/2003, T-224/01, Nu-Tride, EU:T:2003:107).

Die Dienstleistungen Gesundheitsfürsorge, einschließlich durch Ärzte, Krankenhäuser und andere medizinische Dienstleister der älteren Marke umfassen auch veterinärmedizinische Dienstleistungen, die für Tiere erbracht werden. Daher sind die angefochtenen Dienstleistungen Gesundheitspflege für Tiere in der weiter gefassten Kategorie der Dienstleistungen Gesundheitsfürsorge, einschließlich durch Ärzte, Krankenhäuser und andere medizinische Dienstleister der Widersprechenden enthalten oder überschneiden sich mit ihr. Deshalb sind sie identisch.

Die angefochtenen Dienstleistungen Beratungen bezüglich Tierpharmazie sind den Dienstleistungen Gesundheitsfürsorge, einschließlich durch Ärzte, Krankenhäuser und andere medizinische Dienstleister der Widersprechenden ähnlich. Die gegenüber stehenden Dienstleistungen beziehen sich allesamt auf den Bereich der Medizin, die sich sowohl auf Menschen (Humanmedizin) als auch auf Tiere (Veterinärmedizin) erstreckt. Somit stimmen sie in Art und Zweck überein, da die Genesung, Heilung und das Wohlbefinden der Patienten im Vordergrund steht, ungeachtet ob diese zwei- oder vierbeinig sind.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch und ähnlich befundenen Dienstleistungen sowohl an das breite Publikum als auch an ein Fachpublikum.

Es wird ein hoher Aufmerksamkeitsgrad zugrunde gelegt. Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass der Aufmerksamkeitsgrad des maßgeblichen Publikums in Bezug auf medizinische Dienstleistungen und pharmazeutische Erzeugnisse relativ hoch ist, unabhängig davon, ob diese verschreibungspflichtig sind oder nicht (15/12/2010, T331/09, Tolposan, EU:T:2010:520, § 26; 15/03/2012, T288/08, Zydus, EU:T:2012:124, § 36 sowie zitierte Rechtsprechung). Dies gilt analog auch für veterinärmedizinische Dienstleistungen.

  1. Die Zeichen

MÉDIS

mediscent

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist Portugal.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Beide Marken sind Einwortmarken: die ältere Marke ist die Wortmarke „MÉDIS“ in Großbuchstaben, während die angefochtene Marke aus dem Wort „mediscent“ besteht. Im Falle von Wortmarken ist das Wort an sich geschützt und nicht seine jeweilige Schreibweise. Mithin ist die Benutzung von Groß- oder Kleinbuchstaben unerheblich.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts nimmt zwar der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten. Er wird dennoch ein von ihm entgegentretendes Wortzeichen in die Wortbestandteile zerlegen, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (Urteil vom 13/02/2007, T-256/04, Respicur, EU:T:2007:46, § 57).

Der in beiden Zeichen übereinstimmende Bestandteil „MEDI“ wird vom maßgeblichen Verkehr als Abkürzung des zum Grundwortschatz der englischen Sprache zuzurechnenden Wortes „medicine“ bzw. als Stamm oder wesentlicher Bestandteil einer Vielzahl von Wörtern, die mit dem medizinischen Bereich verbunden sind, wie beispielsweise „Medizin“, „Mediziner“ und „medizinisch“ wahrgenommen. Auch wenn das Wort „MEDI“ in der portugiesischen Sprache nicht als eigenes Wort existiert, ist doch aufgrund der lexikalischen Nähe zur portugiesischen Entsprechung „medicina“, der begriffliche Bezug zum medizinischen Bereich ohne weiteres erkennbar (vgl. Entscheidung der Beschwerdekammern vom 25. Januar 2012 – R 2421/2010-2 MEDIBOND / MEDIPORE, § 29). Die Tatsache, dass der zweite Buchstabe „É“ in der älteren Marke mit einem Akzent geschrieben ist, ändert nichts daran, dass dieser Bestandteil in der dargelegten Weise semantisch erfasst wird.

Daraus ergibt sich, dass dieses Element für die in Rede stehenden Dienstleistungen, die dem Bereich der Gesundheitsfürsorge sowohl für Tiere als auch für Menschen zuzuordnen sind, kennzeichnungsschwach ist. Der maßgebliche Verkehr wird diesem übereinstimmenden Bestandteil daher weniger Aufmerksamkeit schenken, als dem weiteren Bestandteil „-scent“ in der angefochtenen Marke.

Bildlich stimmen die Zeichen, mit Ausnahme des Akzentes in der älteren Marke, in Bezug auf den Bestandteil „MEDIS“ überein, wobei die Buchstabenfolge „MEDI“ kennzeichnungsschwach ist. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf den Akzent über dem zweiten Buchstaben „É“ in der älteren Marke sowie in der Buchstabenfolge „CENT“ am Zeichenende in der angefochtenen Marke, die normal kennzeichnungskräftig ist.

Da die Zeichen in einem kennzeichnungsschwachen Element übereinstimmen,  sind sie bildlich daher nur unterdurchschnittlich ähnlich.

In klanglicher Hinsicht wird die ältere Marke zweisilbig als /ME-DIS/, die angefochtene Marke dreisilbig als /ME-DI-SENT/ ausgesprochen. Die Aussprache der Zeichen stimmt im Klang der ersten vier Buchstaben überein, wobei der übereinstimmende Buchstabe /S/ nicht das Ende der zweiten Silbe in der angefochtenen Marke klanglich bildet, sondern den Beginn der dritten Silbe. Hierdurch ändert sich die Betonung der angefochtenen Marke gegenüber der älteren, da der zweite Buchstabe /É/ in der älteren Marke betont wird, während die Betonung in der angefochtenen Marke in der dritten Silbe liegt. Insgesamt führen die Unterschiede dazu, dass die angefochtene Marke deutlich unterschiedlich lang ist und ein unterschiedliches Klangbild ergibt.

Unter Berücksichtigung der zuvor gemachten Ausführungen sind die Zeichen nach Ansicht der Widerspruchsabteilung daher nur unterdurchschnittlich ähnlich.

Begrifflich wird das in beiden Zeichen enthaltene Element „MEDI" – obwohl die Zeichen als Ganzes gesehen keinerlei Bedeutung für das Publikum im relevanten Gebiet haben – mit der oben dargelegten Bedeutung in Verbindung gebracht. Begrifflich sind die Zeichen daher nicht ähnlich, weil sie sich in einem kennzeichnungsschwachen Element überschneiden. Somit hat die Überschneidung keine Auswirkung.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Laut der Widersprechenden besitzt die ältere Marke Bekanntheit in Portugal im Bereich der Krankenversicherung. Diese Behauptung muss sorgfältig untersucht werden, da die Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei der Beurteilung einer Verwechslungsgefahr berücksichtigt werden muss. Tatsächlich ist die Verwechslungsgefahr umso größer, je größer sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt. Somit genießen Marken mit hoher Kennzeichnungskraft aufgrund ihrer Bekanntheit auf dem Markt einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 18).

Die Widersprechende reichte die folgenden Beweismittel ein:

  • Anlage 2: Screenshot der Webseite der Widersprechende mit dem Titel „Quem somos“[„Über Uns“]: Kurze Darstellung der Unternehmensgeschichte. Demnach ist „Médis“ seit 1996 ein innovatives Managementsystem für Gesundheitsdienstleistungen und Vorreiter bei der Einführung des Managed Care-Modells. Copyright 2015 Médis – Companhia Portuguesa de Seguros de Saúde, SA;
  • Anlage 3: Screenshot der Webseite der Widersprechenden mit dem Titel „Medizinisches Netzwerk“: Médis stellt ein Netzwerk von Erbringern medizinischer Versorgungsleistungen zur Verfügung; es wird angegeben, mit welchen Dienstleistern Médis zusammenarbeitet.
  • Anlage 4: von der portugiesischen Firma Causa e Efeito im Jahr 2005 durchgeführte Marktstudie, die laut der Widersprechenden belegen soll, dass die Marke „Médis“ einem Großteil der portugiesischen Bevölkerung bekannt ist und zudem von den Verbrauchern als „Vertraute Marke“ anerkannt ist. Tabelle, die die  Kundenzufriedenheit mit den am weitesten verbreiteten Krankenversicherungen in Zahlen ausdrückt. Tabellarischer Vergleich verschiedener Versicherungsanbieter und den entsprechenden Grad der Zufriedenheit.
  • Anlage 5: von der Firma AC Nielsen Portugal im Jahr 2009 durchgeführte Marktstudie zum Erscheinungsbild der Marke und zur Markenbekanntheit im Vergleich: die Tabelle gibt eine Übersicht verschiedener Versicherungsanbieter an.

Die Widersprechende hat insgesamt 25 Anlagen eingereicht, wovon lediglich Anlage 1 bis 5 in die Verfahrenssprache übertragen wurden. Alle weiteren Dokumente (Anlagen 6 bis 25) erscheinen auf Portugiesisch.

Nach Prüfung des oben genannten Materials kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass die von der Widersprechenden eingereichten Beweismittel nicht belegen, dass die ältere Marke durch ihre Benutzung einen hohen Grad an Kennzeichnungskraft gewonnen hat.

Hierzu fehlt es an objektiven Angaben zu dem von der Marke gehaltenen Marktanteil, der Intensität, der geographischen Verbreitung und des Teils der beteiligten Verkehrskreise, der die Waren aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt (22.06.1999, C-342/97, „Lloyd Schuhfabrik“, EU:C:1999:323, §§ 22, 23).

Die eingereichten Unterlagen geben zwar in ihrer Gesamtschau Hinweise auf ein gewisses Maß an Wiedererkennungswert vonseiten der Verbraucher in Bezug auf Versicherungsdienstleistungen im Gesundheitsbereich. Allerdings lassen sich aus den angezeigten Unterlagen, die im Wesentlichen aus zwei Studien bestehen, keine ausreichenden Rückschlüsse zum Wiedererkennungswert der Marke durch die maßgeblichen Verbraucher ziehen. Wie bereits dargelegt, hat die Widersprechende insgesamt 25 Anlagen vorgelegt, wovon jedoch lediglich die Anlage 1 (Eintragungsurkunde) bis 5 in die Verfahrenssprache, nämlich Deutsch, übersetzt worden sind.

Als Anlage 3 hat die Widersprechende eine im Jahr 2005 durchgeführte Marktstudie vorgelegt, die laut der Widersprechenden belegen soll, dass die Marke „Médis“ einem Großteil der portugiesischen Bevölkerung bekannt ist und zudem von den Verbrauchern als „Vertraute Marke“ anerkannt ist. Die Studie besteht aus einer Tabelle, die die Kundenzufriedenheit mit den am weitesten verbreiteten Krankenversicherungen widergibt. Demnach sind 82% zufrieden mit Krankenversicherungen und 25% der Kunden sehr zufrieden. Hierzu ist jedoch festzustellen, dass sich aus der Kundenzufriedenheit nicht schließen lässt, dass die Widerspruchsmarke einem breiten Publikum bekannt ist. Aus der eingereichten Tabelle zur Kundenzufriedenheit lassen sich auch keinerlei weitere Informationen ableiten, so beispielsweise welche Methode angewandt wurde, um diese Studie durchzuführen, oder ob der Prozentsatz in Bezug auf alle befragten Personen angeben ist oder lediglich den Anteil derer ausmacht, die geantwortet haben. Dies gilt gleichermaßen für die als Anlage 5 eingereichte Marktstudie zum Erscheinungsbild der Marke. Die Tabellen führen lediglich 8 Versicherungsanbieter an mit ihren jeweiligen Prozentzahlen, die jedoch in keinem Bezug zu den Waren und/oder Dienstleistungen stehen, für die die Widerspruchsmarke den Verbraucher bekannt sein soll.

Die eingereichten Unterlagen enthalten keine Angaben, die den Umfang der Benutzung oder die Bekanntheit des Zeichens bzw. den hohen Kennzeichnungsgrad belegen. Der von den Dienstleistungen, die unter der Marke angeboten werden, gehaltene Marktanteil und die Position, die sie auf dem Markt innehat, sind wertvolle Hinweise für die Bewertung der erhöhten Kennzeichnungskraft, da sie dazu dienen, den  Prozentsatz der maßgeblichen Verkehrskreise anzugeben, der die Waren tatsächlich kauft, und den Erfolg der Marke gegenüber konkurrierenden Produkten zu messen. Diese Angaben fehlen jedoch.

Die Widersprechende hat noch weitere Dokumente vorgelegt, diese jedoch nicht in  die Verfahrenssprache übersetzt. In ihrer Stellungnahme hat sie den Inhalt der jeweiligen Anlage zwar kurz skizziert. Mangels Übersetzung in die deutsche Sprache ist es der Widerspruchsabteilung jedoch nicht möglich, diese zur Beurteilung der Bekanntheit zu berücksichtigen. Daher gelangt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass es der Widersprechenden nicht gelungen ist, die Bekanntheit ihrer ältere Bildmarke nachzuweisen.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich trotz der Präsenz eines oder mehrerer schwacher Elements in der Marke, wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Der Vergleich der Zeichen hat anhand einer Gesamtbetrachtung der bildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit zu erfolgen. Hierbei ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese bei dem Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und die prägenden Bestandteile zu berücksichtigen sind.

Die einander gegenüberstehenden Dienstleistungen sind teilweise identisch und teilweise ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist durchschnittlich.

Im Bereich der medizinischen Dienstleistungen der Klasse 44 ist davon auszugehen, dass der Verkehr, auch der angesprochene Durchschnittsverbraucher, den Marken grundsätzlich mit erhöhter Aufmerksamkeit begegnet.

Die Markenähnlichkeit der Vergleichszeichen beschränkt sich auf den Bestandteil „MEDI“, der in beiden Zeichen für die in Rede stehenden Waren als Hinweis auf das medizinische Gebiet der verfahrensgegenständlichen Waren wahrgenommen wird. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein beschreibender oder kennzeichnungsschwacher Bestandteil einer zusammengesetzten Marke nicht den Gesamteindruck der Marke dominieren und daher auch für sich allein nicht die Verwechslungsgefahr begründen kann (siehe Urteile vom 7. Juli 2005, T-385/03, „Biker Miles“, Randnr. 44). Das Publikum nimmt die Zeichen in ihrer Gesamtheit wahr und wird daher ihr Augenmerk auf den kennzeichnungskräftigen Bestandteil „CENT“ in der angefochtenen Marke richten. Die Abweichungen führen somit dazu, dass die Zeichen sowohl visuell als auch klanglich deutlich unterschiedlich lang sind.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden hält der die Zeichen unterscheidende Bestandteil „CENT“ sowohl in schriftbildlicher als auch insbesondere in klanglicher Hinsicht einen ausreichenden Abstand ein und führt im Ergebnis daher zu einem unterschiedlichen Gesamteindruck, insbesondere auch in Anbetracht des erhöhten Aufmerksamkeitsgrades.

Aus den vorgenannten Gründen sind die Unterschiede zwischen den Zeichen ausreichend, um das Anmeldezeichen nicht mit der Widerspruchsmarke zu verwechseln oder gedanklich in Verbindung zu bringen.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht trotz eines erhöhten Aufmerksamkeitsgrades der maßgeblichen Verkehrskreise, seitens der Öffentlichkeit keine Verwechslungsgefahr. Daher muss der Widerspruch, sofern er sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b bezieht, zurückgewiesen werden.

BEKANNTHEIT – ARTIKEL 8 ABSATZ 5 UMV

Gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV ist auf Widerspruch der Inhaberin einer eingetragenen älteren Marke im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 UMV die angefochtene Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist, ungeachtet dessen, ob die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, mit denen identisch oder denen ähnlich oder nicht ähnlich sind, für die eine ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Unionsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

Demnach sind die in Artikel 8 Absatz 5 UMV genannten Eintragungshindernisse nur unter folgenden Voraussetzungen zutreffend:

  • Die Zeichen müssen entweder identisch oder ähnlich sein.

  • Die Marke der Widersprechenden muss bekannt sein. Die Bekanntheit muss zudem vor der Anmeldung der angefochtenen Marke bestanden haben; sie muss in dem betreffenden Gebiet und im Zusammenhang mit den Waren und/oder Dienstleistungen bestehen, aufgrund derer der Widerspruch eingelegt wurde.

  • Gefahr einer Rechtsverletzung: Die Benutzung der angefochtenen Marke würde die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen.

Die vorgenannten Anforderungen sind kumulativ; ist daher eine der Anforderungen nicht erfüllt, so führt dies zur Zurückweisung des Widerspruchs nach Artikel 8 Absatz 5 UMV (16/12/2010, T-345/08, & T-357/08, Botolist / Botocyl, EU:T:2010:529, § 41). Allerdings ist zu beachten, dass die Einhaltung aller vorgenannten Voraussetzungen unter Umständen nicht ausreicht. So kann der Widerspruch auch dann zurückgewiesen werden, wenn die Anmelderin einen rechtfertigenden Grund für die Benutzung der angefochtenen Marke vorträgt.

Im vorliegenden Fall wurde von der Anmelderin kein rechtfertigender Grund für die Benutzung der angefochtenen Marke geltend gemacht. In Ermangelung anderweitiger Angaben ist daher davon auszugehen, dass kein rechtfertigender Grund besteht.

  1. Bekanntheit der älteren Marken

Die von der Widersprechenden vorgelegten Beweismittel für die Bekanntheit und die hohe Unterscheidungskraft der älteren portugiesischen Marke wurde bereits weiter oben unter dem Widerspruchsgrund des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV geprüft. Da die Bekanntheit der älteren Marke nicht festgestellt wurde, ist eine der in Artikel 8 Absatz 5 UMV genannten notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt und der Widerspruch somit zurückzuweisen. Dies gilt im gleichen Maße für die ältere Unionsmarkeneintragung Nr. 6 647 093, für die keine weiteren als die bereits genannten und analysierten Unterlagen eingereicht wurden.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Konstantinos MITROU

Sigrid DICKMANNS

Claudia MARTINI

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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