Solo system | Decision 2835810

WIDERSPRUCHSABTEILUNG
WIDERSPRUCH Nr. B 2 835 810
Salt Solutions AG, Landsberger Straße 314-316, 80687 München, Deutschland
(Widersprechende), vertreten durch STT Sozietät Thews & Thews, Augustaanlage
32, (Augusta Carree), 68165 Mannheim, Deutschland (zugelassene Vertreter)
g e g e n
Dream Forest Tech Limited, OMC Chambers, Wickhams Cay 1, Road Town,
Tortola, Britische Jungferninseln (Anmelderin), vertreten durch Potthast & Spengler
Patentanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, Am Olligsmaar 18, 52399
Merzenich, Deutschland (zugelassene Vertreter)
Am 10/11/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem Widerspruch Nr. B 2 835 810 wird für alle angefochtenen Waren
stattgegeben.
2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 755 986 wird in ihrer Gesamtheit
zurückgewiesen.
3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.
VORBEMERKUNG
Mit Wirkung vom 01/10/2017 wurden die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 und
Verordnung (EG) Nr. 2868/95 aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EU)
Nr. 2017/1001 (kodifizierte Version, die UMV), die Delegierte Verordnung (EU)
Nr. 2017/1430 (DVUM) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2017/1431
(UMDV), unbeschadet bestimmter Übergangsvorschriften. Alle Bezugnahmen auf die
UMV, DVUM und UMDV in der vorliegenden Entscheidung sind als Bezugnahmen
auf die sich aktuell in Kraft befindlichen Verordnungen zu verstehen, außer wenn
dies ausdrücklich anders angegeben ist.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der
Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 755 986 (Bildmarke) ein. Der
Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 13 023 965 „SOLO“. Die
Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.

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VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der
Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten
Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder
gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine
Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der
Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren
gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen,
die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und
dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante
Publikum.
a) Die Waren und Dienstleistungen
Der Widerspruch stützt sich auf die folgenden Waren und Dienstleistungen:
Klasse 9: Software, insbesondere Software zur Kommunikation zwischen einem
mobilen Client Gerät und Host Gerät und Software für den Zugriff auf Hostdaten und
Software für offline und online Bearbeitung der Host Daten auf dem mobilen Client
Gerät und Software für eine Internet oder UMTS Verbindung und Software für
grafische Benutzerschnittstelle.
Klasse 42: Softwareentwicklung, insbesondere für Software zur Kommunikation
zwischen einem mobilen Client Gerät und Host Gerät; Kundenspezifische
Softwareanpassung, insbesondere für Software zur Kommunikation zwischen einem
mobilen Client Gerät und Host Gerät.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:
Klasse 9: An Computer angepasste Peripheriegeräte; Computerprogramme
[herunterladbar]; Spielsoftware; Software-Anwendungen für Computer
[herunterladbar]; Elektronische Publikationen [herunterladbar]; Tablet-Computer;
Smartphones; Mobiltelefone, Funktelefone; Radargeräte; Modems.
Eine Auslegung des Wortlautes des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist
erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren und
Dienstleistungen zu bestimmen.
Aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ im Waren- und
Dienstleistungsverzeichnis der Widersprechenden ist ersichtlich, dass die genannten
Waren und Dienstleistungen lediglich beispielhaft für die in der Kategorie erfassten
genannt werden und sich der Schutz nicht auf sie beschränkt. Anders ausgedrückt,
dieses Wort leitet eine nicht erschöpfende Liste von Beispielen ein (09/04/2003,
T-224/01, Nu-Tride, EU:T:2003:107).
Einleitend ist festzustellen, dass nach Artikel 33 Absatz 7 UMV Waren und
Dienstleistungen werden nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen
werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der
Nizza-Klassifikation erscheinen.
Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder
Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder

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Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung
und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.
Angefochtene Waren in Klasse 9
Die angefochtenen Computerprogramme [herunterladbar]; Software-Anwendungen
für Computer [herunterladbar] sind Synonyme für die Software der älteren Marke. Sie
sind identisch.
Die angefochtene Spielsoftware ist in der weiter gefassten Kategorie der Software
der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie identisch.
Die angefochtenen an Computer angepassten Peripheriegeräte; Modems werden
regelmäßig zusammen mit der Software der älteren Marke, beispielsweise bei der
Installation der angefochtenen Waren, verwendet. Sie werden regelmäßig in den
gleichen Verkaufsstätten angeboten, wenden sich an dieselben Abnehmerkreise und
ergänzen sich gegenseitig. Sie sind einander ähnlich.
Die angefochtenen Tablet-Computer sind Rechengeräte, insbesondere
programmierbare elektronische Maschinen, die mit hoher Geschwindigkeit
mathematische oder logische Operationen ausführen, um Daten zu sammeln, zu
speichern, zueinander in Beziehung zu setzen oder anderweitig zu verarbeiten.
Computer benötigen dazu Programme. Software der älteren Unionsmarke besteht
aus Programmen, Routinen und künstlichen Sprachen, welche die Hardware und
deren Betrieb steuern. Es besteht ein Ergänzungsverhältnis und damit
Warenähnlichkeit zwischen den angefochtenen Waren und Software der älteren
Unionsmarke. Diese Waren sind ähnlich.
Die angefochtenen Smartphones; Mobiltelefone; Funktelefone; Radargeräte sind
heutzutage wie Computer. Daher ist die obige Schlussfolgerung auch auf diese
Geräte anwendbar: es besteht ein Ergänzungsverhältnis zwischen diesen Waren und
der Software der älteren Marke. Diese Waren sind ähnlich.
Die angefochtenen elektronischen Publikationen [herunterladbar] weisen eine
geringe Ähnlichkeit zur Software der älteren Marke auf. Sie können in Herstellern,
Verbrauchern und Vertriebswegen übereinstimmen und stehen in einem
Ergänzungsverhältnis.
b) Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut
informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der
Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art
von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch oder zu unterschiedlichen Graden
ähnlich befundenen Waren sowohl an das breite Publikum als auch an
Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem
beruflichem Fachwissen. Der Aufmerksamkeitsgrad reicht, abhängig vom Preis, von
normal bis hoch.

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c) Die Zeichen
SOLO
Ältere Marke Angefochtene Marke
Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden
Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck
abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie
unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“
(11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine
ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung
einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen
würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen
der Europäischen Union (18/09/2008, C-514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57).
Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass
nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union
Verwechslungsgefahr besteht.
Die Bestandteile beider Zeichen („Solo“ und „System“) haben eine Bedeutung in
bestimmten Gebieten, zum Beispiel in Ländern, in denen Deutsch und Englisch
gesprochen wird. Somit hält es die Widerspruchsabteilung für angemessen, den
Vergleich der Zeichen auf den deutsch- und englischsprachigen Teil des relevanten
Publikums zu richten.
Auf Deutsch und Englisch bezeichnet das in beiden Zeichen enthaltene Wort „Solo“
eine musikalische oder tänzerische Darbietung eines einzelnen Künstlers, meist
zusammen mit einem Ensemble oder ein Spiel eines einzelnen Kartenspielers gegen
die übrigen Mitspieler oder eine andere Aktion, die nur von einer einzelnen Person
durchgeführt wird. Da es für die relevanten Waren nicht beschreibend, anspielend
oder anderweitig schwach ist, ist es kennzeichnungskräftig.
Als „System“ wird u. a. eine Einheit aus technischen Anlagen, Bauelementen
bezeichnet, die eine gemeinsame Funktion haben. Es wird unter anderem für
zusammenhängende Computer und ihre Peripheriegeräte verwendet und ist daher
kennzeichnungsschwach für die relevanten Waren.
Das ältere Zeichen ist eine Einzelwortmarke. Das angefochtene Zeichen ist eine
Bildmarke, die die beiden Wortbestandteile in häufig verwendeter Standardschrift
wiedergibt. Keines der Zeichen weist ein Element auf, das als dominanter (stärker ins
Auge springend) als andere Elemente gelten könnte.
Schriftbildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf das alleinstehende und
kennzeichnungskräftige Wort „SOLO“ überein. Sie unterscheiden sich im zweiten
Wort der Anmeldemarke, welches kennzeichnungsschwach ist. Weiterhin
unterscheiden sie sich geringfügig in der Schriftart des Anmeldezeichens. Insgesamt
sind die Zeichen schriftbildlich überdurchschnittlich ähnlich.

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In klanglicher Hinsicht unabhängig von den unterschiedlichen Ausspracheregeln
auf Englisch und Deutsch, stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang des
kennzeichnungskräftigen Wortes „SOLO“ überein. Die Aussprache unterscheidet sich
durch das zusätzliche kennzeichnungsschwache Wort der angefochtenen Marke.
Insgesamt sind die Zeichen phonetisch überdurchschnittlich ähnlich.
Begrifflich wird auf die zuvor getroffenen Erwägungen bezüglich des semantischen,
von den Marken vermittelten Inhalts verwiesen. Das Wort „System“ im
angefochtenen Zeichen weist nur auf zusammenhängende Apparate hin und ist
kennzeichnungsschwach. Es hat daher keine erheblichen Auswirkungen auf den
Vergleich. Da beide Zeichen als einen Bezug auf einen Alleingang oder eine Aktion
einer Person gesehen werden, sind sie begrifflich durchschnittlich ähnlich.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde,
wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
d) Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der
umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund
intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft
verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf
ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke
als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine
Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Die
Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.
e) Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die angefochtenen Waren sind teils identisch, teils ähnlich und teils geringfügig
ähnlich zu Waren der älteren Marke. Der Aufmerksamkeitsgrad des Publikums reicht
von normal bis hoch. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist normal.
Die Zeichen sind schriftbildlich und klanglich überdurchschnittlich ähnlich. Sie weisen
auf das gleiche Konzept hin, welches kennzeichnungskräftig ist. Die Zeichen
stimmen im ersten, allgemein stärker beachteten Anfangswort überein. Das sie
unterscheidende Wort befindet sich am Ende der angefochtenen Marke und ist
kennzeichnungsschwach. Die ältere Marke ist vollständig im angefochtenen Zeichen
integriert, welches als eine neue Serie der Widersprechenden aufgefasst werden
kann.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim deutsch- und
englischsprachigen Teil des Publikums Verwechslungsgefahr. Wie oben in
Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der
angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen
Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.

Entscheidung über den Widerspruch Nr. B 2 835 810 Seite: 6 von 6
Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarke Nr. 13 023 965
begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren
zurückzuweisen ist.
KOSTEN
Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende
Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr
sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Artikel 109 Absätze 1 und 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c
Ziffer i UMDV (ehemals Regel 94 Absätze 3 und 6 und Regel 94 Absatz 7
Buchstabe d Ziffer i UMDV, gültig bis 01/10/2017) bestehen die der
Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus
den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze
festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Sigrid DICKMANNS Julia SCHRADER Tobias KLEE
Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung
beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68
UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser
Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der
Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der
Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser
Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst
als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch
eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Artikel 109
Absatz 8 UMV (ehemals Regel 94 Absatz 4 UMDV, gültig bis 01/10/2017) ist ein
solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung
einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der
Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet
worden ist.

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