STEINERprinzip | Decision 2801242 – Steinmetz-Patent-Müllerei GmbH & Co KG v. STEINERtainment GmbH

WIDERSPRUCH Nr. B 2 801 242

Steinmetz-Patent-Müllerei GmbH & Co KG, v. d. Grevenkoper Tor 12, 25361 Krempe, Deutschland (Widersprechende)

g e g e n

STEINERtainment GmbH, Schlossberg 2, 69117 Heidelberg, Deutschland (Anmelderin), vertreten durch Knorz.Schütz.Lawyers, Lorenzstr. 29, 76135 Karlsruhe, Deutschland (zugelassener Vertreter).

Am 22/06/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Der Widerspruch Nr. B 2 801 242 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 574 072 ein, und zwar gegen alle Waren der Klasse 30. Der Widerspruch beruht auf der deutschen Markeneintragung Nr. 251 248 ‚Steinmetz‘ sowie auf der notorisch bekannten Marke ‚Steinmetz‘. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV und Artikel 8 Absatz 5 UMV.

Die Zeichen

Steinmetz

STEINERprinzip

Ältere Marke

Angefochtene Marke

BENUTZUNGSNACHWEIS

Gemäß Artikel 42 Absätze 2 und 3 UMV hat die Widersprechende auf Verlangen der Anmelderin den Nachweis zu erbringen, dass sie innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Anmeldetag oder ggf. dem Prioritätstag der angefochtenen Marke die ältere Marke in den Gebieten, in denen sie geschützt ist, in Verbindung mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und auf die sie sich zur Begründung ihres Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Für die frühere Marke gilt eine Benutzungsverpflichtung, wenn sie zum betreffenden Datum mindestens fünf Jahre lang eingetragen war.

Gemäß dieser Bestimmung wird der Widerspruch bei Fehlen eines solchen Nachweises zurückgewiesen.

Die Anmelderin hat von der Widersprechenden den Benutzungsnachweis der Marke, auf der der Widerspruch beruht, nämlich der deutschen Marke Nr. 251 248 verlangt.

Der Antrag wurde fristgerecht eingereicht und ist zulässig, da die frühere Marke mehr als fünf Jahre vor dem vorstehend genannten maßgeblichen Datum eingetragen war.

Der Prioritätstag der angefochtenen Anmeldung ist der 17.03.2016. Die Widersprechende musste daher nachweisen, dass die Marke, auf der der Widerspruch beruht, in Deutschland vom 17.03.2011 bis einschließlich zum 16.03.2016 ernsthaft benutzt wurde.

Aus diesem Nachweis muss ferner die Benutzung der Marke in Verbindung mit den Waren hervorgehen, auf deren Grundlage der Widerspruch eingelegt wurde, und zwar folgende:

Klassen 30, 5, 7, 31        Müllereimaschinen, Reinigungsmaschinen, Körnerfrüchte und deren Schälprodukte, Mehl, Brot, Suppenpräparate, Nudeln, Makkaroni und aus Körnerfrüchten bereitete diätetische Nährmittel.

Gemäß Regel 22 Absatz 3 UMDV, muss der Benutzungsnachweis aus Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde und auf die der Widerspruch gestützt wird, bestehen.

Am 11.01.2017 setzte das Amt in Anwendung von Regel 22 Absatz 2 UMDV der Widersprechenden eine Frist bis zum 27.03.2017 um Benutzungsnachweise für die ältere Marke einzureichen. Die Widersprechende legte nur mitsamt der Widerspruchsschrift am 07.11.2016 einige Benutzungsunterlagen vor, reichte aber nach Aufforderung vom 27.03.2017 keine weiteren Unterlagen nach.

Die in Betracht zu ziehenden Beweismittel sind entsprechend die folgenden:

  • Produktflyer auf Deutsch und Englisch (undatiert), auf denen verschiedene Bäckereiwaren der Widersprechenden mit dem Kennzeichen ‚Steinmetz‘ oder als Bildmarke unter anderem in der folgenden Weise  versehen sind (12 Seiten).

Hinsichtlich des Umfangs der Benutzung sind alle erheblichen Faktoren und Umstände in Betracht zu ziehen, wie insbesondere die Art der Waren oder Dienstleistungen und die Merkmale des betreffenden Marktes, die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wurde, der quantitative Umfang der Benutzung, ihre Dauer und Regelmäßigkeit.

Die Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den zu berücksichtigenden Faktoren. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren durch eine große Häufigkeit oder zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt. Zudem ist die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wurde, nur einer der Faktoren, der neben anderen zu berücksichtigen ist, so dass eine gebietsmäßig nur eingeschränkte Benutzung durch ein bedeutendes Handelsvolumen oder eine erhebliche Benutzungsdauer ausgeglichen werden kann.

Die eingereichten Unterlagen, namentlich „Produktflyer“, liefern der Widerspruchsabteilung keine Angaben über das Handelsvolumen, die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wurde, sowie die Dauer und Häufigkeit der Benutzung. Ferner ist es unklar ob die Unterlagen aus dem maßgebenden Zeitraum datieren, folglich enthält der von der Widersprechenden eingereichte Benutzungsnachweis keine Angaben zur Zeit der Benutzung.

Folglich befindet die Widerspruchsabteilung, dass die Widersprechende keinen ausreichenden Nachweis für den Benutzungsumfang der älteren Marke geliefert hat.

Der Gerichtshof hat befunden, dass eine „ernsthafte Benutzung“ einer Marke vorliegt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Darüber hinaus wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Unionsmarke verlangt, dass die Marke, so wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (11/03/2003, C-40/01, Minimax, EU:C:2003:145, sowie 12/03/2003, T-174/01, Silk Cocoon, EU:T:2003:68).

Die Widerspruchsabteilung kommt zu dem Schluss, dass der von der Widersprechenden eingereichte Nachweis nicht für einen Beleg der ernsthaften Benutzung der älteren Marke in dem entsprechenden Gebiet während des relevanten Zeitraums ausreicht.

Daraus folgt, dass der Widerspruch gemäß Artikel 42 Absätze 2 und 3 UMV und Regel 22 Absatz 2 UMDV zurückgewiesen werden muss.

BEKANNTHEIT – ARTIKEL 8 ABSATZ 5 UMV

Gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV ist auf Widerspruch der Inhaberin einer eingetragenen älteren Marke im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 UMV die angefochtene Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist, ungeachtet dessen, ob die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, mit denen identisch oder denen ähnlich oder nicht ähnlich sind, für die eine ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Unionsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

Demnach sind die in Artikel 8 Absatz 5 UMV genannten Eintragungshindernisse nur unter folgenden Voraussetzungen zutreffend:

  • Die Zeichen müssen entweder identisch oder ähnlich sein.

  • Die Marke der Widersprechenden muss bekannt sein. Die Bekanntheit muss zudem vor der Anmeldung der angefochtenen Marke bestanden haben; sie muss in dem betreffenden Gebiet und im Zusammenhang mit den Waren und/oder Dienstleistungen bestehen, aufgrund derer der Widerspruch eingelegt wurde.

  • Gefahr einer Rechtsverletzung: Die Benutzung der angefochtenen Marke würde die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen.

Die vorgenannten Anforderungen sind kumulativ; ist daher eine der Anforderungen nicht erfüllt, so führt dies zur Zurückweisung des Widerspruchs nach Artikel 8 Absatz 5 UMV (16/12/2010, T-345/08, & T-357/08, Botolist / Botocyl, EU:T:2010:529, § 41). Allerdings ist zu beachten, dass die Einhaltung aller vorgenannten Voraussetzungen unter Umständen nicht ausreicht. So kann der Widerspruch auch dann zurückgewiesen werden, wenn die Anmelderin einen rechtfertigenden Grund für die Benutzung der angefochtenen Marke vorträgt.

  1. Bekanntheit der älteren Marke

Nach Angaben der Widersprechenden ist die ältere Marke in Deutschland bekannt.

Voraussetzung für die Bekanntheit ist ein Schwellenwert für die Kenntnis der Marke, der nur erreicht wird, wenn die ältere Marke einem wesentlichen Teil des Publikums, das von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist, bekannt ist. Das Publikum, bei dem die ältere Marke Bekanntheit erlangt haben muss, ist dasjenige, das von dieser Marke betroffen ist, also je nach der vermarkteten Ware oder Dienstleistung die breite Öffentlichkeit oder ein spezielleres Publikum.

Im gegenständlichen Verfahren wurde die angefochtene Marke am 24.06.2016 eingereicht. Allerdings ist das Prioritätsdatum der angefochtenen Marke der 17.03.2016. Daher musste von der Widersprechenden nachgewiesen werden, dass die Marke, auf die sich der Widerspruch stützt, vor diesem Zeitpunkt in Deutschland Bekanntheit erworben hat. Ferner muss der Nachweis erbracht werden, dass die Bekanntheit für die Waren erworben wurde, in deren Zusammenhang die Bekanntheit von der Widersprechenden geltend gemacht wird, nämlich

Brot.

Um den Bekanntheitsgrad der Marke zu bestimmen, müssen alle relevanten Umstände des Falls berücksichtigt werden, einschließlich insbesondere des Marktanteils der Marke, der Intensität, der geografischen Ausdehnung und der Dauer ihrer Benutzung sowie des Umfangs der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat.

Die Widersprechende reichte allein mitsamt der Widerspruchsschrift am 07.11.2016 die weiter oben untersuchten Produktflyer als Beweismittel ein.

Die Widerspruchsabteilung stellt fest, dass mit den von der Widersprechenden vorgelegten Beweismitteln nicht nachgewiesen wird, dass die ältere Marke Bekanntheit erworben hat.

Zwar belegen die Beweismittel eine gewisse Benutzung der Marke mittels der eingereichten Produktflyer, enthalten jedoch keine Informationen über den Zeitpunkt und Umfang dieser Benutzung. Die vorgelegten Unterlagen enthalten keine Angaben zum Bekanntheitsgrad der Marke beim maßgeblichen Publikum. Außerdem fehlen Angaben zur Höhe der Umsätze, zum Marktanteil der Marke sowie zum Umfang, in dem die Marke beworben wurde. Folglich zeigen die Beweismittel nicht den Bekanntheitsgrad der Marke beim maßgeblichen Publikum. Daher gelangt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass es der Widersprechenden nicht gelungen ist, die Bekanntheit seiner Marke nachzuweisen.

Wie weiter oben dargestellt, ist die Bekanntheit der älteren Marke Voraussetzung für die Stattgabe des Widerspruchs nach Artikel 8 Absatz 5 UMV. Da die Bekanntheit der älteren Marke nicht festgestellt wurde, ist eine der in Artikel 8 Absatz 5 UMV genannten notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt und der Widerspruch somit zurückzuweisen.

In jedem Fall stellt die Widerspruchsabteilung außerdem fest, dass von der Widersprechenden keine Tatsachen, Beweismittel oder Bemerkungen vorgebracht wurden, die die Schlussfolgerung stützen könnten, dass die Benutzung der angefochtenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Tobias KLEE

Lars HELBERT

Swetlana BRAUN

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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