touch my hole | Decision 054/2016-5

ENTSCHEIDUNG

der Fünften Beschwerdekammer

vom 12. Januar 2017

In dem Beschwerdeverfahren R 1054/2016-5

Martin Cudzilo

Elefantengasse 4

60313 Frankfurt

Deutschland

Anmelder / Beschwerdeführer

vertreten durch Patentanwälte Dr. Langfinger & Partner Partnerschaft m.b.B., In der Halde 24, 67480 Edenkoben, Deutschland

BESCHWERDE betreffend die Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 750 822

erlässt

DIE FÜNFTE BESCHWERDEKAMMER

unter Mitwirkung von G. Humphreys (Vorsitzender), A. Pohlmann (Berichterstatter) und A. Szanyi Felkl (Mitglied)

Geschäftsstellenbeamter: H. Dijkema

die folgende


Entscheidung

Sachverhalt

  1. Mit Anmeldung vom 30. Oktober 2015 beantragte Martin Cudzilo („der Anmelder“) die Eintragung der Wortmarke

touch my hole

als Unionsmarke für folgende Waren und Dienstleistungen (nach einer Einschränkung am 8. August 2016):

Klasse 5 – Diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittelkonzentrate für medizinische Zwecke; Milchzucker; Milchpulver für diätetische Zwecke soweit in Klasse 05 enthalten; medizinische Tees; Diätnahrungsmittel für medizinische Zwecke zur körperlichen und gesundheitlichen Unterstützung und Erhaltung und zur Gewichtskontrolle; Speiseersatzund Nahrungsergänzungsmittel in Pulverform und in flüssiger Form, insbesondere zu mischen mit Milch, Wasser oder Saft; diätetische Lebensmittel, Lebensmittelkonzentrate oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren; Speiseersatz- und Nahrungsergänzungsmittel in Pulverform auf der Basis von Eiweißen, insbesondere zu mischen mit Milch, Wasser oder Saft; Nahrungs- und Diätmittel für Figur- und Gewichtskontrolle einschließlich Mahlzeit- und Nahrungsersatzmittel in Pulverform und in flüssiger Form, auch für Kinder geeignet;

Klasse 9 – Schallplatten; CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Kinofilme in der Art von Komödien, Schauspielen, Actionfilmen, Abenteuerfilmen und/oder Zeichentrickfilmen sowie Fernsehfilme in der Art von Komödien, Schauspielen, Actionfilmen, Abenteuerfilmen und/oder Zeichentrickfilmen; bespielte Schallplatten, Audio-Bänder, Audio-Video-Bänder, Audio-Video-Kassetten, Audio-Video-Platten und DVDs mit Musik, Komödien, Schauspielen, Actionfilmen, Abenteuerfilmen und/oder Zeichentrickfilmen; kurze Kinofilmkassetten mit Komödien, Schauspielfilmen, Actionfilmen, Abenteuerfilmen und/ oder Zeichentrickfilmen zur Verwendung in tragbaren Betrachtungsgeräten oder Projektoren;

Klasse 16 – Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

Klasse 28 – Billardbanden; Billardkegel; Billardkreide, Billardkugeln, Billardqueues, Billardstöcke, Billardtische Billardtische mit Geldeinwurf; Golfschläger; Hüllen für Golfschlägerköpfe; Golftaschen und Golfbälle; Golfausrüstung; Golfhandschuhe; Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren; Federballspiele; Roulett-Drehscheiben, Schlittschuhe, Spielkarten; Spielkugeln; Spielkugeln [klein]; Spieltische für Tischfußball; Spielzeug; Spielzeug für Haustiere; Spielzeugfahrzeuge; Sportschläger; Springseile;

Klasse 29 – Milch; Milchprodukte; Käse; Butter; Sahne; Joghurt; Speisen aus Fleisch-, Schweinefleisch-, Fisch- und Geflügelprodukte; Fleischsandwiches; Fischsandwiches; Schweinefleischsandwiches; Hühnchensandwiches; konserviertes und gekochtes Obst und Gemüse; Eier; Käse; Milch; Milchzubereitungen; Pickles; Desserts;

Klasse 30 – Kaffee; Tee; Kakao-Ersatzmittel; Kaffee-Ersatzmittel; Reis; Tapioka und Sago; Mehle und Getreidepräparate; Brot; feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis; Zucker; Honig; Melassesirup; Hefe; Backpulver; Salz; Senf; Essig; Soßen; Würzmittel; Gewürze; Kühleis; Donuts, auch tiefgefrorene Donuts; Mehle und Getreidepräparate für die Herstellung von Donuts; Belegte Brote; Sandwiches; Sandwiches mit Fleisch; Sandwiches mit Schweinefleisch; Fischsandwiches; Geflügelsandwiches; Kleingebäck; Brot; Kuchen; Kekse; Schokolade; Kaffee; Kaffee-Ersatzmittel; Hafergrütze;

Klasse 41 – Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Organisationvon Wettbewerben (Unterhaltung) in Bezug auf Videospiele, Bildung und/oderUnterhaltung; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte) in den Bereichen,Erziehung und Unterricht;

Klasse 42 – Dienstleistungen der Unternehmensberatung in Bezug auf Betrieb und Franchising von Restaurants und anderen Einrichtungen, die Speisen und Getränke zum Verzehr und für Einrichtungen zur Abholung mit dem Auto bereitstellen; Projektmanagement im Architekturbereich für solche Restaurants und Einrichtungen für Dritte; Bauplanung und – beratung in Bezug auf Restaurants für Dritte;

Klasse 43 – Dienstleistungen zur Bereitstellung von Speisen und Getränken, Betrieb von Bars, Cafés, Cafeterias, Kantinen, Snackbars, Restaurants, Selbstbedienungsrestaurants; Speise- und Getränke-Catering; Zubereitung und Bereitstellung von Speisen zum Mitnehmen.

  1. Die Anmeldung wurde beanstandet, woraufhin der Anmelder seinen Eintragungsantrag aufrechterhielt.
  2. Durch Entscheidung vom 8. April 2016 („die angefochtene Entscheidung“) wies die Prüferin die Anmeldung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 2 UMV für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen zurück. Die Prüferin stützte sich insbesondere auf die folgenden Gründe:
  • Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV sind Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen, von der Eintragung ausgeschlossen. Artikel 7 Absatz 2 UMV bestimmt weiter, dass die Vorschriften des Absatz 1 auch dann Anwendung finden, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Europäischen Union vorliegen.
  • Maßgeblich sind die englischsprachigen Verkehrskreise in der Europäischen Union. Aus deren Sicht stellt die Wortfolge „touch my hole“ einen vulgären Ausdruck dar, der gegen die guten Sitten verstößt. Der Markeninhalt verletzt das sittliche oder moralische Empfinden der angesprochenen Verkehrskreise. Diese Bewertung gilt für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen.
  • Es reicht zudem aus, wenn das Zeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen gegen die guten Sitten verstößt.
  1. Der Anmelder erhob gegen die angefochtene Entscheidung am 9. Juni 2016 Beschwerde und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Am 8. August 2016 wurde die Beschwerdebegründung eingereicht.
  2. Am 21. November 2016 übermittelte die Beschwerdekammer dem Anmelder das Ergebnis einer Internetrecherche, nach der die Wortfolge „touch my hole“ primär in einem sexuellen Kontext verwendet wird. Dem Anmelder wurde die Gelegenheit gegeben, zu der Internetrecherche Stellung zu nehmen.
  3. Der Anmelder reichte am 14. Dezember 2016 eine weitere Stellungnahme ein.

Beschwerdegründe

  1. Die Argumente des Anmelders können wie folgt zusammengefasst werden:
  • Um beanstandbar zu sein, muss „touch my hole“ eine eindeutig anstößige Wirkung auf normal empfindliche Personen haben. Der Begriff der guten Sitten nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV bezieht sich dabei gerade nicht auf schlechten Geschmack oder den Schutz der Gefühle von Einzelpersonen. Vielmehr ist erforderlich, dass das Zeichen als unmittelbarer Verstoß gegen die grundlegenden sittlichen Normen und moralischen Vorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise wahrgenommen wird, was hier jedoch nicht der Fall ist.
  • Der Ausdruck „touch my hole“ soll sich nach Ansicht des Amtes in der englischen Sprache wohl auf die Auslegung „Berühr mein Loch / meine Öffnung“ mit Bezug auf Öffnungen des menschlichen Körpers, insbesondere im Genitalbereich, beziehen. Selbst bei dieser Auslegung ist „touch my hole“ jedoch keine eindeutig abwertende und damit von sich heraus moralisch verwerfliche Bezeichnung.
  • Die ersten Ergebnisse der Internetrecherche verwenden „touch my hole“ nicht in einem sexuellen Kontext. Sie zeigen vielmehr, dass „touch my hole“ generell für das Berühren von Gegenständen verwendet wird, und nicht für das Berühren von Körperöffnungen. Auch wenn es richtig ist, dass „Loch; Öffnung“ eine Bezeichnung für Körperöffnungen im Genitalbereich sein kann, existiert eine Vielzahl wesentlich geläufigerer Bezeichnungen.
  • Bei der Interpretation des Begriffs ist auf den kommerziellen Kontext der Markenanmeldung im Zusammenhang mit den konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen abzustellen. Dass die Wortfolge für die angemeldeten Produkte und Dienstleistungen sexualisierend verstanden wird, kann ausgeschlossen werden. Die meisten der angemeldeten Waren haben keinen sexuellen Bezug. Wahrscheinlich wird der Verkehr das Zeichen vielmehr so verstehen, dass es beispielsweise um unterhaltsame Anspielungen auf kreisförmige Aussparungen von Datenträgern (Schallplatten, DVDs), Öffnungen von Billardtischen oder Löchern von Donuts geht. Es geht also um witzige Wortspiele mit Bezug auf das Loch im Donut oder Löcher bei Sportarten wie Golf oder Billard.
  • Da kein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt, ist die Marke ohne weiteres eintragungsfähig.

Entscheidungsgründe

  1. Die Beschwerde erfüllt die Anforderungen der Artikel 58, 59 und 60 Absatz 1 UMV in Verbindung mit den Regeln 48 und 49 GMDV und ist daher zulässig.
  2. Allerdings ist die Beschwerde nicht begründet. Die Prüferin kam zu Recht zu dem Schluss, dass dem angemeldeten Zeichen das Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV entgegensteht.

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV

  1. Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, „die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen“. Nach Artikel 7 Absatz 2 UMV finden die Vorschriften des Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen.
  2. Die Prüfung, ob ein Zeichen gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstößt, muss im Hinblick auf die Wahrnehmung dieses Zeichens bei seiner Benutzung als Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise in der Union oder in einem Teil derselben vorgenommen werden. Dieser Teil kann gegebenenfalls aus einem einzigen Mitgliedstaat bestehen (20/09/2011, T232/10, Coat of arms of the Soviet Union, EU:T:2011:498, § 50; 09/03/2012, T417/10, ¡Que buenu ye! Hijoputa, EU:T:2012:120, § 12).
  3. Bei den beanstandeten Waren und Dienstleistungen handelt es sich um diätetische Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke, Babykost, Verbandmaterial, Produkte für zahnärztliche Zwecke; bespielte und unbespielte Datenträger und Filme; Lehr- und Unterrichtsmittel; Spiele, Spielzeug und Sportgeräte, Nahrungsmittel und Getränke, Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten sowie die Herausgabe von Texten; Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Restaurants, Bars und Cafeterias (einschließlich Unternehmensberatung, Projektmanagement und Bauplanung). Die angemeldeten Waren und Dienstleistungen richten sich überwiegend an allgemeine Verkehrskreise. Insoweit ist darauf abzustellen, wie ein im Bereich dieser Waren und Dienstleistungen erfahrenes, normal informiertes und angemessen aufmerksames und verständiges Publikum die angemeldete Wortfolge wahrscheinlich auffassen wird. Bestimmte Waren wie Zahnfüllmittel in Klasse 5 oder Dienstleistungen wie das Projektmanagement im Architekturbereich für Restaurants oder das Franchising von Restaurants sind primär an Fachverkehrskreise adressiert (z. B. im Bereich der Zahnheilkunde oder Gastronomie).
  4. Außerdem setzen sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus den englischsprachigen Verbrauchern in der Union zusammensetzen, da das angemeldete Zeichen aus englischen Wörtern besteht.
  5. Nach der Rechtsprechung kann bei der Beurteilung, ob das Eintragungshindernis des Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV vorliegt, weder auf die Wahrnehmung des Teils der maßgeblichen Verkehrskreise abgestellt werden, der unempfindlich ist, noch auf die Wahrnehmung des Teils dieser Kreise, der leicht Anstoß nimmt, sondern es müssen die Kriterien einer vernünftigen Person mit durchschnittlicher Empfindlichkeits und Toleranzschwelle zugrunde gelegt werden (05/10/2011, T526/09, Paki, EU:T:2011:564, § 12; 09/03/2012, T417/10, ¡Que buenu ye! Hijoputa, EU:T:2012:120, § 21).
  6. Im vorliegenden Fall lässt sich die angemeldete Wortmarke „touch my hole“ im Sinne von „berühre meine Öffnung“ oder „fass mein Loch an“ übersetzen. Auch wenn der Anmelder einräumt, dass die Wortfolge grundsätzlich als Aufforderung dahingehend verstanden werden könnte, eine Körperöffnung im Genital- bzw. Analbereich zu berühren, so macht er dennoch geltend, dass die Einstufung des Zeichens als vulgär noch nicht ausreiche, um einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV festzustellen. Nach Ansicht des Anmelders genügt ein schlüpfriger oder vulgärer Charakter nicht, um einen Verstoß gegen die guten Sitten zu begründen.
  7. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass ein Zeichen nicht diskriminierend, beleidigend oder herabsetzend zu sein braucht, damit ein Teil der maßgeblichen Verkehrskreise Anstoß daran nimmt. So kann ein Wort, das sich in einer derben Ausdrucksweise eindeutig auf die Sexualität bezieht und als vulgär eingestuft wird, von Verbrauchern als anstößig, obszön und abstoßend und somit als gegen die guten Sitten verstoßend wahrgenommen werden (14/11/2013, T52/13, Ficken, EU:T:2013:596, § 16; 01/09/2011, R 168/2011-1 – fucking freezing! by TÜRPITZ (fig.); 23/02/2015, R 793/2014-2 – FUCK CANCER; 01/12/2016, R 2205/2015-5, Fack Ju Göhte).
  8. Die Anmeldemarke „touch my hole“ ist ein Ausdruck, dessen erste Bedeutung sich auf den sexuellen Bereich bezieht. Dies belegt die Internetrecherche, die dem Anmelder am 21. November 2016 vorgelegt wurde. Die Recherche zeigt, dass der Ausdruck „touch my hole“ fast ausschließlich in einem sexuellen Kontext verwendet wird, und zwar im Sinne einer Aufforderung, eine Körperöffnung im Genital- bzw. Analbereich zu berühren. Es handelt sich also um einen derben und anstößigen Ausdruck.
  9. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten ist auf die Marke selbst abzustellen, d. h. auf das Zeichen in Verbindung mit den Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist (13/09/2005, T140/02, Intertops, EU:T:2005:312, § 27). Die Wahrnehmung der Anmeldemarke durch die maßgeblichen Verkehrskreise ist im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen.
  10. Die von der Anmeldung umfassten bespielten Datenträger und Filme in Klasse 9, die Lehr- und Unterrichtsmittel in Klasse 16, die Spiele, Spiel- und Sportgeräte in Klasse 28 sowie die Nahrungsmittel und Getränke in den Klassen 29 und 30 sind Waren des täglichen Bedarfs, die in den Supermärkten, Fachgeschäften und Kaufhäusern für jedermann sichtbar sind. Diätetische Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke, Babykost sowie Verbandmaterial in Klasse 5 werden in Apotheken, Drogerien oder Fachgeschäften, aber auch in Kaufhäusern und Supermärkten erworben. Personen jeden Alters, die den Ausdruck „touch my hole“ als anstößig empfinden, können diese Waren und die darauf abgebildete Marke wahrnehmen.
  11. Auch die Dienstleistungen Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten sowie die Herausgabe von Texten in Klasse 41 sowie der Betrieb von Restaurants, Bars, Kantinen oder Snackbars in Klasse 43 richten sich an den allgemeinen Verkehr. Diese Verbraucher können mit dem Zeichen „touch my hole“ in Berührung kommen, wenn sie die Dienstleistungen in Anspruch nehmen, Werbung für diese Dienstleistungen in den Medien sehen oder hören, Bücher oder Broschüren in den Bereichen Erziehung und Unterricht lesen oder ins Restaurant gehen.
  12. Wie bereits erwähnt, richten sich bestimmte Waren (z. B. Produkte für medizinische, zahnmedizinische und veterinärmedizinische Zwecke in Klasse 5) sowie Dienstleistungen (z. B. Unternehmensberatung, Bauplanung und –beratung oder Projektmanagement in Bezug auf Restaurants in Klasse 42) auch oder sogar in erster Linie an ein Fachpublikum, zum Beispiel Ärzte oder medizinisches Personal sowie Betreiber von Restaurants. Jedoch können auch diese Fachverkehrskreise an dem Zeichen „touch my hole“ Anstoß nehmen, wenn sie mit ihm im Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstleistungen konfrontiert werden. Außerdem können die maßgeblichen Verkehrskreise für die Prüfung des in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV vorgesehenen Eintragungshindernisses nicht auf solche Verbraucher begrenzt werden, an die sich die Waren und Dienstleistungen, auf die sich die Anmeldung bezieht, unmittelbar richten. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die von diesem Eintragungshindernis erfassten Zeichen nicht nur bei den Verkehrskreisen, an die sich die mit dem Zeichen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen richten, sondern auch bei anderen Personen Anstoß erregen, die dem Zeichen, ohne an den genannten Waren und Dienstleistungen interessiert zu sein, im Alltag zufällig begegnen (05/10/2011, T526/09, Paki, EU:T:2011:564, § 18). Im vorliegenden Fall könnten beispielsweise also auch Patienten, Gäste bzw. Personal von Restaurants, Reinigungskräfte, Büromitarbeiter oder Zulieferer mit dem Ausdruck „touch my hole“ in Berührung kommen und daran Anstoß nehmen (vgl. 26/09/2014, T266/13, Curve, EU:T:2014:836, § 21).
  13. Daher ist der Ausdruck „touch my hole“ aus sich heraus geeignet, bei jeder normalen Person, die ihn im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hört oder liest und seine Bedeutung versteht, Anstoß zu erregen. Ein Großteil der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen richtet sich auch an Kinder und Jugendliche, so z. B. Nahrungsmittel und Getränke, Schallplatten, CDs, DVDs, Filme, Lehr- und Unterrichtsmittel, Spielzeug, Spiele und Sportartikel, Erziehung, Ausbildung und Unterhaltung, kulturelle und sportliche Aktivitäten oder Restaurant-Dienstleistungen jeglicher Art. Es besteht auch ein öffentliches Interesse daran sicherzustellen, insbesondere Kinder und Jugendliche weitestgehend davon zu verschonen im allgemeinen Geschäftsverkehr mit Wörtern konfrontiert zu werden, die anstößig, obszön oder verstörend wirken (01/09/2011, R 168/2011-1 – fucking freezing! by TÜRPITZ (fig.), § 25; 23/02/2015, R 793/2014-2 – FUCK CANCER, § 13; 01/12/2016, R 2205/2015-5, Fack Ju Göhte, § 12, 18).
  14. Unter Berücksichtigung der objektiven Definition des Ausdrucks, der betreffenden Waren und Dienstleistungen sowie der Art und Weise ihrer Vermarktung wird ein Durchschnittsverbraucher mit normaler Empfindlichkeits- und Toleranzschwelle, der diesem derben Ausdruck mit offensichtlicher sexueller Konnotation begegnet, diesen als vulgär und unanständig auffassen, d. h. als ein Ausdruck, der Anstoß erregt und gegen die Regeln des Anstands und damit gegen die guten Sitten verstößt.
  15. Dass ein Teil der maßgeblichen Verkehrskreise den derben Ausdruck „touch my hole“ für akzeptabel halten mag, reicht nicht aus, um diese Wahrnehmung als die maßgebliche anzusehen. Bei der Beurteilung, ob das Eintragungshindernis des Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV vorliegt, ist nämlich nicht auf die Wahrnehmung des Teils der maßgeblichen Verkehrskreise abzustellen, der unempfindlich ist (14/11/2013, T52/13, Ficken, EU:T:2013:596, § 27). Derbe und vulgäre Ausdrücke aus dem sexuellen Bereich sind für die Durchschnittsverbraucher anstößig, obszön und abstoßend (14/11/2013, T52/13, Ficken, EU:T:2013:596, § 31).
  16. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff in Bezug auf die maßgeblichen Waren und Dienstleistungen anders als in seiner offensichtlichen Bedeutung verstanden werden könnte. Dass der Ausdruck im Zusammenhang mit bestimmten Waren und Dienstleistungen auch anders verstanden werden könnte (z. B. als Hinweis auf das Loch eines Donuts, Golflöcher, Zahnlöcher, Löcher von Schallplatten oder DVDs etc.), wie der Anmelder behauptet, ändert an diesem Ergebnis nichts. Es ist wenig wahrscheinlich, dass der Verbraucher das Zeichen als Einladung verstehen könnte, Löcher oder Öffnungen von Waren zu berühren. Die maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreise werden auch für diese Waren und Dienstleistungen den Begriff „touch my hole“ daher primär in seiner Bedeutung als vulgäre Aufforderung, eine Körperöffnung im Genitalbereich zu berühren, verstehen. Daher ist es unerheblich, dass sich dieser Ausdruck daneben auch auf Öffnungen oder Löcher der Produkte selbst beziehen könnte.
  17. Wie oben erwähnt (Randnr. 16), setzt ein Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV nicht voraus, dass der Begriff als Beleidigung oder Schimpfwort gebraucht wird oder einen kränkenden Inhalt hat. Vielmehr genügt der vulgäre und derbe Charakter dieses auf die Sexualität bezogenen Ausdrucks für die Schlussfolgerung, dass er unanständig und obszön ist und Anstoß erregen kann. Im Ergebnis verlässt das Zeichen „touch my hole“ für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen das Terrain geschmackloser, aber noch akzeptabler Ausdrücke. Vielmehr wird es von den maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreisen als ein derart derber und anstößiger Ausdruck verstanden, dass ein Schutz des Zeichens inakzeptabel ist. Damit steht dem angemeldeten Begriff das Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe f UMV entgegen.

Tenor der Entscheidung

Aus diesen Gründen entscheidet

DIE KAMMER

wie folgt:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Signed

G. Humphreys

Signed

A. Pohlmann

Signed

A. Szanyi Felkl

Registrar:

Signed

H.Dijkema

12/01/2017, R 1054/2016-5, touch my hole

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