VacuTec | Decision 2839408

WIDERSPRUCHSABTEILUNG
WIDERSPRUCH Nr. B 2 839 408
va-Q-tec AG, Alfred-Nobel-Straße 33, 97080 Würzburg, Deutschland
(Widersprechende), vertreten durch Gleim Petri Patent- und
Rechtsanwaltspartnerschaft mbB, Ludwigstrasse 22, 97070 Würzburg,
Deutschland (zugelassener Vertreter)
g e g e n
Geolyth Mineral Technologie GmbH, Johann Roithner-Str. 131, 4050 Traun,
Österreich (Anmelderin), vertreten durch Prof. Hintermayr & Partner, Landstr. 12 /
Arkade, 4020 Linz, Österreich (zugelassener Vertreter).
Am 15.11.2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem Widerspruch Nr. B 2 839 408 wird für alle angefochtenen Waren
stattgegeben.
2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 922 214 wird in ihrer Gesamtheit
zurückgewiesen.
3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der
Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 922 214 „VacuTec“ (Wortmarke) ein, nämlich in
Klassen 1, 17 und 19. Der Widerspruch beruht unter anderem auf der deutschen
Markeneintragung Nr. 302 011 007 072 (Bildmarke).
Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.
VORBEMERKUNG
Mit Wirkung vom 01/10/2017 wurden die Verordnung (EC) Nr. 207/2009 und
Verordnung (ED) Nr. 2868/95 aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr.
2017/1001 (kodifizierte Version, die UMV), die Delegierte Verordnung (EU) Nr.
2017/1430 (DVUM) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2017/1431 (UMDV),
unbeschadet bestimmter Übergangsvorschriften. Alle Bezugnahmen zu UMV, DVUM
und UMDV der vorliegenden Entscheidung sollen als Bezugnahmen zu den sich
aktuell in Kraft befindlichen Verordnungen verstanden werden, außer wenn
ausdrücklich anders angegeben.

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VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der
Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten
Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder
gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine
Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der
Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren
gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen,
die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und
dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante
Publikum.
Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der
Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in
Bezug auf die deutsche Markeneintragung Nr. 302 011 007 072 der
Widersprechenden.
a) Die Waren
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:
Klasse 1: Organische und anorganische Phasenwechselmaterialien (Paraffine,
Salze, Salzlösungen).
Klasse 17: Isoliermaterialien, Vakuumisolierprodukte als Wärmedämmmaterial,
insbesondere in Form von Paneelen, vakuumgedämmte Behälter.
Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall).
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:
Klasse 1: Bauchemische Erzeugnisse.
Klasse 17: Dämmmaterialien aus Perlit.
Klasse 19: Baumaterialien aus Perlit.
Eine Auslegung des Wortlautes des Warenverzeichnisses ist erforderlich, um den
genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren zu bestimmen.
Aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ im Warenverzeichnis der
Widersprechenden ist ersichtlich, dass die genannten Waren und Dienstleistungen
lediglich beispielhaft für die in der Kategorie erfassten genannt werden und sich der
Schutz nicht auf sie beschränkt. Anders ausgedrückt, dieses Wort leitet eine nicht
erschöpfende Liste von Beispielen ein (09/04/2003, T-224/01, Nu-Tride,
EU:T:2003:107).
Angefochtene Waren in Klasse 1
Phasenwechselmaterialien sind Materialien, die den Zustand zwischen
Energieaufnahme und Energieabgabe ändern können. Sie werden in

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unterschiedlichen Baumaterialien (Gipsplatten und – putze, Porenbetonsteine,
Kühldeckenelemente, Holzwerkstoffe, Spachtelmassen) eingesetzt. Somit
überschneiden sich die angefochtenen bauchemischen Erzeugnisse mit den
organischen und anorganischen Phasenwechselmaterialien (Paraffine, Salze,
Salzlösungen) der Widersprechenden. Deshalb sind sie identisch.
Angefochtene Waren in Klasse 17
Die angefochtenen Dämmmaterialien aus Perlit sind in den Waren Isoliermaterialien,
Vakuumisolierprodukte als Wärmedämmmaterial, insbesondere in Form von
Paneelen, vakuumgedämmte Behälter der Widersprechenden enthalten oder
überschneiden sich mit ihnen. Mithin gelten sie als identisch zu den Waren der
Widersprechenden.
Angefochtene Waren in Klasse 19
Die angefochtenen Baumaterialien aus Perlit sind in der weiter gefassten Kategorie
Baumaterialien (nicht aus Metall) der Widersprechenden enthalten. Deshalb sind sie
identisch.
b) Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut
informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der
Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art
von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren an das
Fachpublikum im Bauwesen.
Da es sich teilweise um spezialisierte Waren handelt (beispielsweise in Klasse 1)
kann der Aufmerksamkeitsgrad durchschnittlich bis hoch sein.
c) Die Zeichen
VacuTec
Ältere Marke Angefochtene Marke
Das relevante Gebiet ist Deutschland.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden
Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck
abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie
unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“
(11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

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Die ältere Marke ist eine Bildmarke, die aus sieben Buchstaben und zwei
Bindestrichen besteht. Die Marke erscheint in einer leicht stilisierten Weise, in Farben
Grau, Rot und Blau.
Die angefochtene Marke ist eine Einzelwortmarke, die aus sieben Buchstaben
besteht. Die Wortmarke ist in allen Schreibweisen geschützt, somit ist die Groß- oder
Kleinschreibung der Marke ohne Belang.
Das Element „TEC“ der Zeichen wird mit „Technik“ assoziiert. Unter Berücksichtigung
der Tatsache, dass die entsprechenden Waren dem Bereich Bauwesen und
chemischen Bauelementen zuzuordnen sind, ist dieses Element schwach für diese
Waren.
Die Marken weisen kein Element auf, das als dominanter (stärker ins Auge
springend) als andere Elemente gelten könnte.
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Buchstabenfolge „va“ und „Tec“
überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf „cu“ der angefochtenen Marke
sowie auf „-Q-“, die farbliche Darstellung und die leicht stilisierten Schreibweise der
älteren Marke.
Die Zeichen sind daher durchschnittlich ähnlich.
In klanglicher Hinsicht wird „Q“ in der älteren Marke als „ku“ ausgesprochen, somit
werden die Zeichen identisch ausgesprochen.
Begrifflich hat keines der Zeichen in seiner Gesamtheit eine Bedeutung. Obwohl
das übereinstimmende Wortelement „Tec“ mit einer Bedeutung in Verbindung
gebracht wird, reicht es nicht aus, eine begriffliche Ähnlichkeit festzustellen, da
dieses Element schwach ist und nicht auf die betriebliche Herkunft hinweisen kann.
Die Aufmerksamkeit des relevanten Publikums wird von den zusätzlichen
fantasievollen Wortelementen angezogen, die keine Bedeutung haben. Da ein
begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die
Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.
Da beim Vergleich der Zeichen klangliche Identität und visuelle Ähnlichkeit
festgestellt wurden, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
d) Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der
umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende trägt vor, dass „unter Berücksichtigung des
Verbraucherverständnisses von einer hohen Kennzeichnungskraft der
Widerspruchsmarke auszugehen sei“. Sie reichte jedoch keine Belege zum Beweis
dieses Vorbringens ein.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf
ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke
als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine

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Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft
der älteren Marke ist folglich trotz der Präsenz eines schwachen Elementes in der
Marke, wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als durchschnittlich
anzusehen.
e) Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die Vergleichswaren wurden für identisch befunden.
Die ältere Marke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
Zwar handelt es sich bei der älteren Marke um eine Bildmarke, die Ausgestaltung
und die farbliche Darstellung der Marke sind jedoch nicht markant. Die Aussprache
der Zeichen ist identisch. Die Verbraucher können die Zeichen aufgrund der
Bedeutung nicht voneinander trennen.
„Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur
selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu
vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das
er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik,
EU:C:1999:323, § 26).
Selbst Verbraucher mit einem hohen Maß an Aufmerksamkeit müssen sich auf ihr
unvollkommenes Bild von Marken verlassen (21/11/2013, T-443/12, ancotel,
EU:T:2013:605, § 54).
Der Unterschied zwischen den Zeichen ist auf ein weniger auffälliges Element in der
Mitte der Zeichen sowie die grafische Ausgestaltung der Buchstaben der älteren
Marke beschränkt. Im vorliegenden Fall könnten die Verbraucher davon ausgehen,
dass es sich bei der älteren Marke um eine stilisierte Version der angefochtenen
Marke handelt.
Aufgrund der Warenidentität, der klanglichen Identität und der visuellen Ähnlichkeit
sowie des Fehlens jeglicher dominanter Elemente in den Zeichen, auch unter
Zugrundelegung eines erhöhten Aufmerksamkeitsgrades, besteht
Verwechslungsgefahr.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum
Verwechslungsgefahr.
Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung
Nr. 302 011 007 072 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die
angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.
Da die ältere deutsche Marke Nr. 302 011 007 072 für sämtliche Waren, gegen die
sich der Widerspruch richtet, die Stattgabe des Widerspruchs und die Ablehnung der
angefochtenen Marke begründet, erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen älteren
Rechte, die die Widersprechende geltend macht (16/09/2004, T- 342/02,
Moser Grupo Media, S.L., EU:T:2004:268).

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KOSTEN
Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende
Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr
sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Artikel 109 Absätze 1 und 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c
Ziffer i UMDV (ehemals Regel 94 Absätze 3 und 6 und Regel 94 Absatz 7
Buchstabe d Ziffer i UMDV, gültig bis 01/10/2017) bestehen die der
Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus
den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze
festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Natascha GALPERIN JUDIT NÉMETH Michal KRUK
Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung
beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68
UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser
Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der
Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der
Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser
Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst
als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch
eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Artikel 109
Absatz 8 UMV (ehemals Regel 94 Absatz 4 UMDV, gültig bis 01/10/2017) ist ein
solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung
einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der
Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet
worden ist.

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