Revimed | Decision 2772161

WIDERSPRUCH Nr. B 2 772 161

Ascopharm GmbH, Im Bruchanger 6, 38855 Wernigerode, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Dr. Herrguth, Burckhardtstr. 1, 30163 Hannover, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Catherine Ditzi, Am Wald 35a, 40667 Meerbusch, Deutschland (Anmelderin).

Am 21/07/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 772 161 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 503 113 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.

 

3.        Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren (der Klasse 5) der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 503 113 (Wortmarke: „Revimed”) ein. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 4 705 224 (Wortmarke: „Revomed“). Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert u.a. auf den folgenden Waren der Klasse 5:

Nicht verschreibungspflichtige Nahrungsergänzungsmittel, ausgenommen Nahrungsergänzungsmittel in Tablettenform oder in flüssiger Form, die Eisen als Hauptbestandteil enthalten.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren der Klasse 5:

Diätetische Präparate und Nahrungsergänzungsmittel; Nahrungsergänzungsmittel; Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Mineralstoffen; Nahrungsergänzungsstoffe in Form von Getränkepulvermischungen; Vitamine und Vitaminpräparate; Flüssige Kräuterpräparate.

Vorbemerkung

Die Formulierung im Warenverzeichnis der angefochtenen Marke Diätetische Präparate und Nahrungsergänzungsmittel wird so interpretiert, dass sich das erste Wort Diätetische sowohl auf das unmittelbar nachfolgende Präparate als auch auf Nahrungsergänzungsmittel bezieht; diese sind nämlich ohne Spezifizierung im Folgenden in Alleinstellung aufgeführt. Ansonsten würde es sich insoweit um eine Doppelaufzählung handeln.

Die angefochtenen Diätetische Präparate und Nahrungsergänzungsmittel; Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Mineralstoffen; Nahrungsergänzungsstoffe in Form von Getränkepulvermischungen; Vitamine und Vitaminpräparate; Flüssige Kräuterpräparate überschneiden sich mit den Nicht verschreibungspflichtige Nahrungsergänzungsmittel, ausgenommen Nahrungsergänzungsmittel in Tablettenform oder in flüssiger Form, die Eisen als Hauptbestandteil enthalten der Widersprechenden. Deshalb sind sie identisch.

Die angefochtenen Nahrungsergänzungsmittel enthalten als weiter gefasste Kategorie die Nicht verschreibungspflichtige Nahrungsergänzungsmittel, ausgenommen Nahrungsergänzungsmittel in Tablettenform oder in flüssiger Form, die Eisen als Hauptbestandteil enthalten der Widersprechenden. Da die Widerspruchsabteilung die weit gefasste Kategorie der angefochtenen Waren nicht von Amts wegen aufgliedern kann, gelten sie als identisch zu den Waren der Widersprechenden.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren an das breite Publikum mit durchschnittlichem Aufmerksamkeitsgrad.

  1. Die Zeichen

Revomed

Revimed

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, […] wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C 251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).“

Beide Zeichen sind in allen Schreibweisen geschützte Wortmarken.

Die übereinstimmenden Bestandteile der Marken „med“ werden als international verständliche Abkürzung mit „Medizin, medizinisch“ assoziiert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die entsprechenden Waren dazu beitragen, die Gesundheit (auf medizinischer Basis) zu erhalten und/oder wiederherzustellen, sind diese Bestandteile nicht kennzeichnungskräftig für alle Waren.

In schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht stimmen die Zeichen bis auf den jeweils vierten Buchstaben, nämlich „o“ der älteren Marke und „i“ der angefochtenen Marke, vollständig überein. So sind die Wortanfänge „Rev“ und die Endungen „med“ identisch, auch wenn letztere nicht kennzeichnungskräftig und somit als nicht wesentlich zu berücksichtigen sind. Damit bestehen wesentliche Übereinstimmungen in der Länge, der Struktur, den Anfängen, dem Klang, der Betonung und in dem Sprechrhythmus der Marken, die zu einer hochgradigen schriftbildlichen und klanglichen Zeichenähnlichkeit führen.

In begrifflicher Hinsicht haben lediglich die übereinstimmenden Endungen „med“ eine Bedeutung (s.o.). Da diese Bestandteile jedoch nicht kennzeichnungskräftig sind, ergeben sich keine Auswirkungen auf den begrifflichen Zeichenvergleich. Da die übrigen Wortbestandteile der Marken ebenfalls bedeutungslos sind, fällt der begriffliche Zeichenvergleich neutral aus.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich trotz der Präsenz eines nicht kennzeichnungskräftigen Elements in der Marke, wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (22/06/1999, C 342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).

Die angefochtenen Waren sind identisch. Die Marken sind schriftbildlich und klanglich hochgradig ähnlich.

Insgesamt besteht unter Berücksichtigung der hochgradigen schriftbildlichen und klanglichen Zeichenähnlichkeit, der nicht mehr als durchschnittlichen Aufmerksamkeit der Verbraucher, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marken sowie der Identität der Waren Verwechslungsgefahr.

Die Anmelderin hat zu dem Widerspruch nicht Stellung genommen, so dass ihre Argumente nicht geprüft werden können.

Der Widerspruch ist daher gem. Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV begründet.


KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die Kosten, die der Widersprechenden gezahlt werden müssen, aus der Widerspruchgebühr und aus den Vertretungskosten, die auf Grundlage der in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festgesetzt werden müssen.

Die Widerspruchsabteilung

Swetlana BRAUN

Peter QUAY

Claudia MARTINI

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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