UNITED WORKWEAR | Decision 2812058

WIDERSPRUCH Nr. B 2 812 058

PCH Technischer Handel GmbH,  Wetzlarer Str. 14, 14482 Potsdam, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Rösler · Rasch · Van Der Heide & Partner Patent- Und Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB,  Bodenseestr. 18, 81241 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

The United Collection Ltd, 80a Unit 5 Ashfield Street London, London, City of London  e1 2bj, Vereinigtes Königreich (Anmelderin)

Am 13.10.2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 812 058 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 826 019 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.

3.        Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 826 019 für die Marke http://prodfnaefi:8071/FileNetImageFacade/viewimage?imageId=130371013&key=e67c907e0a84080262c4268f1f5c9eee ein. Der Widerspruch beruht unter anderem auf der deutschen Markeneintragung Nr. 302 015 055 601 . Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe  b UMV.

Mit Wirkung vom 01.10.2017 wurden die Verordnung (EC) Nr. 207/2009 und Verordnung (EC) Nr. 2868/95 aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2017/1001 (kodifizierte Version, die UMV), die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2017/1430 (DVUM) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2017/1431 (UMDV), unbeschadet bestimmter Übergangsvorschriften. Alle Bezugnahmen zu UMV, DVUM und UMDV der vorliegenden Entscheidung sollen als Bezugnahmen zu den sich aktuell in Kraft befindlichen Verordnungen verstanden werden, außer wenn ausdrücklich anders angegeben.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die deutschen Markeneintragung Nr. 302 015 055 601 der Widersprechenden.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:

Klasse 9         Arbeitsschutzkleidung; Schutzhelme; Schutzmasken; Sicherheitskombigurte [ausgenommen für Fahrzeugsitze oder Sportausrüstung]; Atemschutzgeräte mit Luftfilter; Brillen [Optik]; Filter für Atemschutzgeräte; Masken für Schweißer; Spezialbekleidung für Labore; Unfall-, Strahlen-, Feuerschutzschuhe [Sicherheitsschuhe]; Unfallschutzhandschuhe 

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:

Klasse 25         Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen. 

Einleitend ist festzustellen, dass nach Artikel 33 Absatz 7 UMV Waren und Dienstleistungen nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Die angefochtenen Bekleidungsstücke sind der Arbeitsschutzkleidung der älteren Marke in der Klasse 9 gering ähnlich. Die Waren haben dieselbe Natur und können hinsichtlich Endverbraucher und Verwendungsmethode übereinstimmen.

Die angefochtenen Schuhwaren sind den Waren Unfall-, Strahlen-, Feuerschutzschuhe [Sicherheitsschuhe] der älteren Marke in der Klasse 9 gering ähnlich. Die Waren haben dieselbe Natur und stimmen hinsichtlich ihrer Verwendungsmethode überein.

Die angefochtenen Kopfbedeckungen sind den Waren Schutzhelme der älteren Marke in der Klasse 9  gering ähnlich. Die Waren haben dieselbe Natur und können hinsichtlich Endverbraucher und Verwendungsmethode übereinstimmen.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für gering ähnlich befundenen Waren an das breite Publikum sowie an Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen.

Der Aufmerksamkeitsgrad des Publikums wird je nach Preis, und Spezifizität der Waren variieren. Einfache Kleidung ist im Allgemeinen weder komplex noch besonders teuer. Besondere Arbeitsschutzkleidung hingegen kann sehr teuer sein und spezifische Eigenschaften aufweisen, auf die der Verkehr bei der Anschaffung besonders achtet. Der Grad der Aufmerksamkeit  wird dementsprechend durchschnittlich bis hoch sein.

  1. Die Zeichen

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Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist Deutschland.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Das Element UNITED in beiden Zeichen hat für das relevante Publikum keine Bedeutung und ist somit kennzeichnungskräftig..

Das Element WORKWEAR in beiden Zeichen ist das englische Wort für Arbeitskleidung. Es wird auch vom deutschsprachigen Publikum verstanden, da es aus einfachen englischen Wörtern gebildet ist und entsprechende englische Wörter Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden haben (so etwa Sportswear, Streetwear, Beachwear, vgl. www.duden.de). Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die entsprechenden Waren dem Bereich Arbeitskleidung unterfallen können, ist dieses Element nicht kennzeichnungskräftig für sämtliche fraglichen Waren in den Klassen 9 und 25.

Das ältere Zeichen besteht somit aus einem kennzeichnungskräftigen und einem nicht kennzeichnungskräftigen Wortelement, einem weniger kennzeichnungskräftigen Bildelement (Darstellung eines Reißverschlusses; in Zusammenhang mit den fraglichen  Waren eine Anspielung auf deren Verschlussart) und nicht kennzeichnungskräftigen Bildelementen rein dekorativer Natur (rechteckiger schwarzer Hintergrund, Farbgebung der Wortelemente).

Das angefochtene Zeichen besteht aus einem kennzeichnungskräftigen und einem nicht kennzeichnungskräftigen Wortelement und nicht kennzeichnungskräftigen Bildelementen rein dekorativer Natur (rechteckiger schwarzer Hintergrund, gelber Rahmen, Farbgebung der Wortelemente, Stilisierung der Buchstaben D, O und A).  

Das Wortelement UNITED ist das kennzeichnungskräftigste Element in beiden Zeichen.

Keines der Zeichen weist ein Element auf, das als dominanter (stärker ins Auge springend) als andere Elemente gelten könnte.

Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T-312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37).

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf das kennzeichnungskräftige Wortelement UNITED und das nicht kennzeichnungskräftige Wortelement WORKWEAR überein. Weiterhin sind in beiden Zeichen die Wortelemente auf schwarzem Grund abgebildet. Die Zeichen unterscheiden sich  in Bezug auf ihre sonstige (nicht oder wenig kennzeichnungskräftige) grafische Gestaltung, wie oben beschrieben.

Die Zeichen sind daher bildlich durchschnittlich ähnlich.

In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben UNITED WORKWEAR in den beiden Zeichen überein. Die grafische Gestaltung der Zeichen hat keine Auswirkung auf den klanglichen Vergleich.

Die Zeichen sind daher klanglich identisch.

Begrifflich sind die Zeichen nicht ähnlich. Obwohl das übereinstimmende Wort WORKWEAR mit einer Bedeutung in Verbindung gebracht wird, reicht es nicht aus, eine begriffliche Ähnlichkeit festzustellen, da dieses Element nicht kennzeichnungskräftig ist und nicht auf die betriebliche Herkunft hinweisen kann. Die Aufmerksamkeit des maßgeblichen Publikums wird von den zusätzlichen kennzeichnungskräftigen Wortelementen angezogen.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich trotz der Präsenz nicht oder wenig kennzeichnungskräftiger Elemente in der Marke, wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).

Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

In Bekleidungsgeschäften können die Kunden im Allgemeinen die Bekleidung, die sie kaufen wollen, selbst auswählen oder werden dabei vom Verkaufspersonal unterstützt. Mündliche Bezugnahmen auf das Produkt und die Marke sind zwar nicht ausgeschlossen, die Wahl des Kleidungsstücks erfolgt aber im Allgemeinen visuell. Daher erfolgt die visuelle Wahrnehmung der betroffenen Marken im Allgemeinen vor dem Kauf. Dementsprechend spielt der visuelle Aspekt bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine größere Rolle (06/10/2004, T-117/03 – T-119/03 & T-171/03, NL, EU:T:2004:293, § 50).

Zwar sind die Waren im vorliegenden Fall nur gering ähnlich. Jedoch stimmen die Zeichen, in den Wortelementen, welche der Verkehr im Regelfall vorrangig beachtet und erinnert, vollständig überein.

Die wenig bzw. nicht unterscheidungskräftigen Unterschiede in der jeweiligen grafischen Gestaltung der Zeichen ermöglichen keine sichere Abgrenzung hinsichtlich der betrieblichen Herkunft; denn der relevante Verkehr kann das angefochtene Zeichen ohne weiteres als eine lediglich optisch veränderte Variante der älteren Marke auffassen, mit der z.B. eine bestimmte Produktlinie desselben Anbieters gekennzeichnet wird. Dies gilt selbst für hoch aufmerksame Verbraucher.

Die Ausführungen der Anmelderin, dass sie das angemeldete Zeichen bereits seit geraumer Zeit im Vereinigten Königreich als Marke nutzt, ändern nichts an den zuvor festgestellten Tatsachen in Bezug auf die Ähnlichkeit der Marken.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr.

Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 302 015 055 601 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.

Da das vorgenannte ältere Recht für sämtliche Waren, gegen die sich der Widerspruch richtet, die Stattgabe des Widerspruchs und die Ablehnung der angefochtenen Marke begründet, erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen älteren Marke, die die Widersprechende geltend macht (vgl. 16/09/2004, T-342/02, Moser Grupo Media, S.L., EU:T:2004:268).

KOSTEN

Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Artikel 109 Absätze 1 und 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i UMDV (ehemals Regel 94 Absätze 3 und 6 und Regel 94 Absatz 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV, gültig bis 01/10/2017) bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Peter QUAY

Tobias KLEE

Sigrid DICKMANNS

Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Artikel 109 Absatz 8 UMV (ehemals Regel 94 Absatz 4 UMDV, gültig bis 01/10/2017) ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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